Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
Scotch in der Hand gegen das Geländer des abgeschirmten Balkons, von dem aus man den ganzen Ballsaal der Townsend-Residenz überblicken konnte. Sein Vater stand an seiner Seite. Es gab so vieles, das er sagen wollte, aber er schaffte es nicht, die richtigen Worte dafür zu finden. Das war etwas Neues für Nate. Er sprach immer aus, was er dachte, aber sein Vater ließ ihn sich wieder wie ein kleines Kind fühlen. Wie sollte er mit dem Mann umgehen? Wie waren sein Vater und sein Bruder hierher gekommen?
Vor dem Parlamentsgebäude hatte sein Vater ihn umarmt und ihm gesagt, wie stolz er auf ihn war und wie sehr er Nate vermisst hatte, aber aufgrund der herrschenden Hektik hatten sie bis jetzt keine Zeit gehabt, sich zu unterhalten.
Er schwenkte die bernsteinfarbene Flüssigkeit in seinem Glas und sah auf die Tanzfläche hinunter. Zahlreiche Paare bewegten sich auf ihr, aber er konnte Aiden trotzdem leicht ausmachen.
Er tanzte gerade mit Jared und sein Anblick ließ in Nate dieses warme Gefühl aufsteigen, das er immer empfand, wenn er Aiden ansah. Sein Junge sah glücklich aus, er lächelte und unterhielt sich. Es machte ihn noch schöner, wenn das überhaupt möglich war.
Und Jared? Nate konnte kaum glauben, dass sein kleiner Bruder tatsächlich hier war, geschweige denn, dass er mit Aiden tanzte. Jared sah Nate inzwischen noch ähnlicher als früher. Wenn er den Bart nicht gehabt hätte, hätte man sie gut und gerne für Zwillinge halten können, ungeachtet der vier Jahre Altersunterschied.
Nate nahm die Pracht des riesigen Raumes in sich auf. Er war schön, dekoriert in Rot, Schwarz und Weiß. Eine sehr formelle Gestaltung für einen sehr formellen Anlass und doch war er hier oben und beobachtete seine eigene Feier aus dem Hintergrund, weil er sich unsicher fühlte. Das war ein Gefühl, das ihm nicht gefiel. Eines, mit dem er sich lange nicht hatte auseinandersetzen müssen, und das machte ihn gereizt. Er hatte sich danach gesehnt, seine Familie wiederzusehen, aber er hätte nie damit gerechnet, dass das tatsächlich passieren würde.
Nate drehte sich um und sah seinen Vater an. »Warum?« Das klang schroffer, als er beabsichtigt hatte, aber er nahm es nicht zurück.
»Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um dich zu finden. Aber ich wusste in den letzten zehn Jahren immer, wo du dich aufgehalten hast. Nach dem, was ich getan habe, habe ich nicht angenommen, dass du mich noch einmal sehen willst.«
Nate schluckte hart und seine Wut klang ein wenig ab. All diese Jahre lang hätte er nie gedacht...
Sein Vater wandte sich ihm zu und schenkte ihm seine volle Aufmerksamkeit. »Ich habe meine Äußerungen in dem Moment bereut, als du gegangen bist. Ich hätte nie geglaubt, dass du tatsächlich von zu Hause fortgehen würdest. Am nächsten Morgen bin ich in dein Zimmer gegangen, um dich aufzusuchen, aber du warst weg.« Er kniff die Augen zusammen und atmete zittrig aus. Als er die Lider wieder hob, standen ihm Tränen in den Augen.
»Du hast gesagt, dass ich verschwinden soll. Du hast mich enterbt.« Nate erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen. Sein Magen verkrampfte sich, genau wie vor achtzehn Jahren. Der Schmerz und das Gefühl, im Stich gelassen zu werden, waren noch genauso stark wie damals. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Nate kippte den Rest des Scotchs auf einmal hinunter und genoss das Brennen, das er hinterließ.
»Ich war so wütend. Tief in mir drin wusste ich, dass du es nicht mit Absicht getan hattest, aber ich konnte nicht klar denken. Daniel war ein hitzköpfiger Idiot, aber er war trotzdem Kits Sohn. Ich hatte Angst, dass Kit... Es tut mir so leid, Nathaniel. Du bist mein Sohn und ich liebe dich. Bitte vergib mir.« Auch er trank mit zitternden Händen den Rest seines Drinks auf einmal aus.
Nate ließ sich Zeit, seinen Vater zu studieren. Er war in den letzten achtzehn Jahren gealtert. Natürlich war er immer noch der vornehme, attraktive Duke of Hawthorne, aber in sein dunkles Haar hatten sich mehr graue Strähnen geschlichen und er hatte Falten um die Augen bekommen.
Leland Hawkins war immer für sein freundliches, einladendes Lächeln bekannt gewesen, aber gerade lächelte er nicht. Seine Lippen waren fest zusammengepresst. Als Vater war er immer eher liebevoll als streng gewesen. Das war vielleicht auch der Grund, warum es Nate so schwerfiel, bei Trouble streng zu sein.
Trouble... Wie würde Nate sich fühlen, wenn es hier um ihn und Trouble ginge? Der letzte Rest von Nates
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