Im Auge des Feuers
anrichten. Victoria deckte währenddessen den Tisch. Eira versuchte, sein Unbehagen zu verbergen, als sie die Kerze aus dem Wohnzimmer auf dem Küchentisch platzierte. Viel zu energisch lud er Würstchen und Kartoffeln auf die Teller, riss den Deckel des Sauerrahmbechers ab und ließ sich auf den Stuhl ihr gegenüber fallen.
Seine Strategie war, das Essen in Windeseile in sich hineinzuschlingen. Das Ganze gestaltete sich jedoch stressiger als gedacht. Gerade für einen Genussesser wie Eira. Außerdem war da ihr Blick. Er ruhte auf seinem Gesicht und verdarb ihm vollständig den Appetit.
»Ich hab an dich gedacht.«
»Tu das nicht.«
»Ich hab nach einer Gelegenheit gesucht, dir zu sagen, dass mir mein Benehmen an dem Abend leidtut.« Sie schlug den Blick nieder. »Ich war außer mir. Hatte Schmerzen, überhaupt … Es war so unglaublich gut, dass du da warst.«
»Das ist schon in Ordnung. Sprechen wir nicht mehr davon.« Er spießte noch ein Würstchen auf, obwohl er schon satt war. Die Kerze flackerte zwischen ihnen. Victoria hatte recht lustlos ihren Teller leergegessen und eben Messer und Gabel abgelegt.
»Aslak.« Plötzlich spürte Eira ihre Finger auf seiner Hand. »Ich hab dich schon mal gefragt. Warum kämpfst du so dagegen an?«
Er riss seine Hand zurück. »Wovon in aller Welt sprichst du?«
»Ich weiß viel über Gefühle. Die Kräfte zwischen dir und mir hab ich schon bei unserer ersten Begegnung gespürt. Du kämpfst aus Loyalität gegenüber deinem Sohn dagegen an.« Sie versuchte erneut, seine Hand zu berühren. Ihr Blick war eindringlich und jagte Eira beinahe Angst ein. »Wir können es gut ausleben, Aslak. Niillas wird es verstehen, zumindest darüber hinwegkommen.«
Er starrte sie sprachlos an. »Hör zu, Victoria, lass es mich dir ein für alle Mal erklären. Du irrst dich. Ich empfinde nichts für dich. Ich bin mit einer anderen Frau zusammen. Ist das jetzt klar?«
Er hörte seine Worte und sie versetzten ihm einen Schock. Klartext war wahrscheinlich das Einzige, was eine Reaktion bei ihr auslöste, aber am stärksten reagierte er selbst.
»Sprichst du von dieser kleinen grauen Maus?« In Victorias Stimme lag eine unangenehme Kälte.
»Ich habe keine Ahnung, auf wen du anspielst.«
Sie stand so abrupt auf, dass der Stuhl hinter ihr umkippte. »Da bist du verdammt auf dem Holzweg. Es geht um uns beide, Aslak. Um dich und mich. Du hast das bloß noch nicht kapiert. Aber das wirst du schon noch.«
Die Tür knallte hinter ihr zu.Er suchte Zuflucht im Büro.
Doch auch hier schien etwas in die falsche Richtung zu laufen. Wieso um alles in der Welt hatte er noch immer nicht herausfinden können, was mit Jens Eides Bruder Frank geschehen war? Möglicherweise trieb der Mörder weiterhin sein Unwesen. Wen hatte er als Nächstes auf seiner Liste?
Eira zog einen Papierstapel zu sich heran, während die aufwühlende Szene mit Victoria immer wieder vor sein inneres Auge trat. So konnte er sich nicht konzentrieren.
Erneut ging er in sich und versuchte herauszufinden, ob er vielleicht doch – unwissentlich – ihr eigenartiges Verhalten provoziert hatte. Nach langen, qualvollen Grübeleien klingelte Eiras Handy. Es war Mona.
»Entschuldige, dass ich dich störe, Aslak, mir ist schon klar, dass du viel zu tun hast.«
Er hörte ihrer Stimme an, dass sie aufgeregt war. »Ist etwas passiert?«
Ihr Lachen klang gezwungen. »Tja, ich weiß nicht. Zumindest brauche ich Rat. Wie gehe ich mit der Tatsache um, dass mein Auto vier aufgeschlitzte Reifen hat?«
Kurze Zeit später untersuchte Eira Monas Fahrzeug.
»Wie lange hat das Auto hier gestanden?«
»Seit ich heute Morgen um acht gekommen bin. Ich parke immer hier. Das sind feste Plätze für die Universitätsangestellten.«
Er hatte einen Beamten der Verkehrspolizei gebeten mitzukommen. Eira hielt es für ratsam, sofort Anzeige zu erstatten. Eiras Kollege schoss Fotos und sicherte ein paar Spuren, bevor das Auto abgeschleppt wurde. Freilich waren solcherlei Sachbeschädigungen an sich nichts Ungewöhnliches. Es kam immer wieder vor, dass Jugendliche auf dem Heimweg von einer Party mutwillig auf parkende Fahrzeuge einschlugen. Vor allem samstagnachts. Aberdie vier zerstochenen Reifen an Monas Wagen passten irgendwie nicht in das Bild. Außerdem war jetzt nicht Samstagnacht, sondern Donnerstagabend.
Eira sah sich um und registrierte, dass der Parkplatz weit abseits des Gebäudes lag. Gerade bei Dunkelheit ein idealer Ort für kriminelle
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