Im Auge des Feuers
Ausschlaggebend war, dass sich Eiras Verdacht erhärtete. Magni Andersen war getötet worden.
Ein Beamter der Spurensicherung beugte sich über den Schnee und fotografierte. »Massenhaft Fußspuren. Schwierig, sie zu unterscheiden. Hier wurde ein Schneeschieber verwendet, danach noch ein Besen. Offenbar wollte man Fußspuren verwischen.«
»Ist sie bei der Wäschespinne getötet worden?«
Er nickte. »Jetzt, wo wir einen Schimmer Tageslicht haben, kannst du das hier besser erkennen.« Er zeigte auf die Wäschespinne. »Frische Blutstropfen, die die mittlere Holzstange getroffen haben.«
»Danach ist sie zur Treppe geschleift und dort hingelegt worden. Der Mörder hat hinter sich gefegt, als er das Grundstück verließ.« Eira sah sich um. »Hat keiner einen Besen hier herumliegen sehen?«
Der Beamte schüttelte den Kopf. »Nicht in unmittelbarer Nähe.«
»Wir werden uns drinnen umsehen.«
Magni Andersens starke Ausdünstung füllte das ganze Haus. Sie hatte nicht sonderlich viel für Hausarbeit übriggehabt. Die einzelnen Gegenstände waren zwar an ihrem Platz, aber verdreckt und eingestaubt. Eira fuhr mit einem Finger an der Holzvertäfelung über der Küchentür entlang und spürte dicke Fettablagerungen.
Benjaminsen öffnete die Speisekammer und zog einen Laib Weizenbrot hervor, der so stark von Schimmel überwachsen war, dass er einer blaugrünen Perücke ähnelte. »Ach, du Scheiße!« Er ließ ihn augenblicklich fallen, als habe er sich verbrannt.
»Solchen gut frisierten und strukturierten jungen Männern wie dir tut es gut, mal herauszukommen und andere Bevölkerungsschichten kennenzulernen«, murmelte Eira. Er schob einen Topf mit Erbsensuppe, der im Küchenschrank vor sich hin gor, wieder an seinen Platz. »Das ist das Volk, Benjaminsen.«
»Von wegen Volk«, erwiderte der schnaubend. »Das ist äußerste Schlamperei, Unsauberkeit und Faulheit.«
Sie setzten die Durchsuchung im Schlafzimmer fort. »Es ist mir zutiefst zuwider, die Sachen anderer Menschen zu durchwühlen«, klagte Benjaminsen. »Besonders ihre Unterwäsche.«
»Denk lieber daran, was die Unterwäsche über eine Person erzählt, Benjaminsen. Sauber? Verwaschen? Löchrig? Aufreizend oder praktisch?«
Sie fanden nichts von Interesse in Magnis Sachen und kletterten die Treppe zum Dachboden hinauf, wo Per gewohnt hatte.Schweigend gingen sie an den Regalen entlang, zogen die Schubladen des Schreibtischs auf. Schließlich sagte Benjaminsen langsam: »Weiß man, ob Per jemals Feuer gelegt hat?« Benjaminsen hatte Stöße alter Zeitungsausschnitte hervorgeholt. Alles handelte von Bränden.
»Wir wissen, dass er 1969 draußen vor Fjelds Bürogebäude war, als es brannte. Er war alleine, und aus den alten Berichten geht hervor, dass sie bei den Vernehmungen rein gar nichts aus ihm herausbekommen haben. Die Ermittler deuten ziemlich unmissverständlich an, dass sie ihn für geistig zurückgeblieben hielten, und auf jeden Fall entschieden sie sich dafür, ihn aus der ganzen Geschichte auszuklammern.« Eira zog die Latexhandschuhe aus und steckte die Hände in die Taschen. Er winkte Benjaminsen, mit ihm hinauszukommen. »Ich glaube, wir sollten das jetzt an die Spurensicherung übergeben. Der gesamte Raum muss auseinandergenommen werden.«
Berger kam herein, nachdem sie eine Tür-zu-Tür-Befragung in der Nachbarschaft durchgeführt hatte. »Schräg gegenüber, in der Wohnung im ersten Stock, wohnt ein älteres Ehepaar. Die Frau erzählt, dass sie immer so gegen vier, halb fünf aufwacht, weil sie auf die Toilette muss. Sie hat gesagt, dass sie jemanden aus Magni Andersens Haus kommen sehen hat.«
»Mann oder Frau?«
»Sie ist über achtzig und sieht etwas schlecht. Schwankt bei der Antwort hin und her. Zuerst hat sie gesagt, dass es eine Frau war, dann hat sie es sich anders überlegt und gemeint, es könne auch gut ein Mann gewesen sein. Auf jeden Fall habe jemand das Haus verlassen.«
»Die Zeit passt nicht. Zu diesem Zeitpunkt war Magni schon viele Stunden tot.«
»Das ist mir klar. Aber das ist das Einzige, was wir beim Herumfragen herausbekommen haben.«
»Auf jeden Fall muss man sich fragen, wer zu so einer Zeit hier war.« Eira sah nachdenklich vor sich hin. »Wie gut sieht die alte Dame wirklich? Könnte sie sich einfach getäuscht haben?«
»Sie findet ihr Bett und trifft die Toilettenschüssel, Eira. Ich glaube, sie sieht gut genug, um zu erkennen, dass auf der anderen Straßenseite ein Mensch ist.«
»Versuch es noch mal
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