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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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bei ihr, wenn sie etwas Zeit zum Nachdenken gehabt hat.«

Kapitel 34
    »Sehen Sie sich ihren Schädel an, Eira«, murmelte Vennestad. »Man kann deutlich den Abdruck des Mordwerkzeugs erkennen.«
    »Abdruck?« Eira sah nichts besonders deutlich, bloß die durch die Schlagwaffe hervorgerufene Verletzung und dass Magni Andersens Kopf jetzt im fraglichen Bereich kahlrasiert war.
    Vennestad stellte Vergrößerungsglas und Lampe ein. »Nun, Eira? Sie können hier erkennen, dass das Werkzeug, mit dem sie erschlagen wurde, viereckig gewesen sein muss. Wie ein Klotz also. Es war ordentlich Kraft dahinter, die Röntgenaufnahmen zeigen einen markanten Bruch. Wahrscheinlich war sie auf der Stelle tot.«
    Eira blickte lange auf die Stelle, an der die Schlagwaffe aufgetroffen war. Er versuchte, Zusammenhänge herzustellen. Eine fünfundsiebzig Jahre alte Frau war ermordet worden. Der einzige Grund, den er sich dafür vorstellen konnte, war, dass sie irgendetwas Entscheidendes gewusst hatte. Vermutlich hatte sie Informationen besessen, die nicht weitergegeben werden durften. Für irgendjemanden hatte Magnis Wissen ein Risiko dargestellt.
    Sie hatten sich wegen des Mordes an ihrem Sohn Per mit Magni in Verbindung gesetzt. Eira war überzeugt gewesen, dass Magni sie auf die richtige Spur bringen konnte. Aber das Gespräch mit ihr war unerfreulich verlaufen. Sie schien überhaupt nicht daran glauben zu wollen, dass jemand Per getötet haben könnte. Eira erinnerte sich mit Unbehagen daran, wie sie die Mordtheorie zurückgewiesen und ihren Sohn als eine Person bezeichnet hatte, die für nichts und niemanden Bedeutung gehabt hätte. Im Grunde war wohl genau das eine der zentralen Fragen. Hatte Per tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt?
    Der Mord an Magni konnte darauf hindeuten, dass Per AndersensBeobachtungen doch von Gewicht gewesen waren. Sie mussten eine gewisse Sprengkraft enthalten haben, auch noch nach über vierzig Jahren.
    Lange Zeit war Per eine Art Stadtstreicher gewesen, arbeitslos, immer unruhig und täglich unterwegs. Er beobachtete seine Umgebung. Die Leute übersahen ihn jedoch geflissentlich und kümmerten sich nicht darum, ob er ihre Gespräche mitbekam. Sie hielten ihn für dumm und ungefährlich. Das Gegenteil mochte eher zugetroffen haben.
    »Sie hören gar nicht zu, nicht wahr?« Vennestads Stimme unterbrach Eiras Gedankenfluss. Der Ton war jetzt schärfer. »Sie sind ja ganz woanders. Nun gut. Ich habe nicht viel hinzuzufügen. Die Frau sieht ansonsten gesund aus, hatte wahrscheinlich eine eiserne Konstitution.« Er kehrte Eira leicht gekränkt den Rücken zu.
    Eira nickte zerstreut. Er hatte bloß seine Gedanken wandern lassen, das war alles. Zurzeit passierte das häufig. Er war manchmal unkonzentriert, aber nicht gleichgültig. Gott bewahre, denn wenn es so weit käme, könnte er den Dienst quittieren.
    Er winkte Berger zu sich, während er die grässliche grüne Schutzkleidung ablegte. »Bleib doch bitte bis zum Ende der Obduktion hier«, sagte er nur. Ohne weitere Erklärung verließ er den Raum, um Sverre Wikan aufzusuchen.

Kapitel 35
    »Ich muss das Problem von allen Seiten betrachten.«
    »Und wie?« Sverre Wikan war mit seinem Hund, einem eleganten, gut gepflegten Dobermann, Gassi gegangen und hatte ihn ins Auto gebracht. Jetzt hängte er die Jacke über die Rückenlehne seines Bürostuhls und betrachtete Eira aufmerksam.
    Sverre hatte scharfe, graue Augen. Das linke war umrahmt von brandverletzter, vernarbter Haut, das rechte zierte ein dichtes Netzwerk kleiner Falten, als ob er häufig lächelte. Das war aber nicht der Fall. Sverre Wikan war kein fröhlicher Mensch. Die breiten Schultern waren leicht nach vorn geneigt, wie unter einer schweren Last. Das borstige, kurze Haar war an den Schläfen grau. Sverre hatte so schmale Lippen, dass man sie nicht sah, es sei denn, er öffnete den Mund. Aber das Kinn war breit und sein Kiefer kräftig. Er hatte die Angewohnheit, sich darüberzustreichen, wenn er nachdachte. So wie jetzt. Eira hatte ihn draußen abgepasst und um ein möglichst baldiges Treffen gebeten. Wikan hatte nur genickt und auf sein Büro gedeutet.
    Sverre Wikan gehörte ganz offensichtlich nicht zu den Leuten, die ihr Büro mit einer persönlichen Note versahen. Es gab keine Diplome, Meisterschaftspokale oder Familienbilder. Eira fiel ein, dass Wikan Junggeselle war. Vielleicht war er zu pedantisch, als dass es eine Frau mit ihm ausgehalten hätte. In einer Ecke des Raumes

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