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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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halbwegs in Sicherheit waren, würden sie sich daran erinnern, dass sie keine Kriminellen waren, zumindest nicht im eigentlichen Sinn. Folglich würden sie die Polizei verständigen – aber nicht einfach irgendeinen Polizisten, sondern einen, den sie kannten, einen, der nachvollziehen konnte, in was für einer Lage sie sich befanden.
    Sie würden ihn anrufen.
    Halden drehte sich auf dem Absatz um und lief den Korridor hinunter. Es war ein gewagtes Spiel, da machte er sich nichts vor. Aber er konnte es schaffen – um am Ende nicht vor seinen Bossen zu Kreuze zu kriechen, sondern erhobenen Hauptes mit zwei Beteiligten, einer Tasche voller Geld und einer lückenlosen Erklärung für das Wie und Warum des Vorfalls ins Präsidium zu marschieren. Er würde das Beste aus der Sache herausholen. Statt als Sündenbock zu enden, würde er eine Beförderung und eine Gehaltserhöhung einheimsen und der Blockhütte im Westen von Minocqua ein ganzes Stück näherkommen. Und dafür musste er nichts tun als warten. Und beten.
     
    »Tja, das ist ja nicht gerade optimal gelaufen.« Marshall klang, als wollte er einen Witz reißen, doch er verfehlte den richtigen Tonfall. Seine Stimme klang gepresst, seine Schultern waren angespannt.
    »Immerhin sind wir da rausgekommen, oder?«, erwiderte Jack. Die klobige Sporttasche schlug immer wieder gegen seine Knie, und die Henkel zerrten an seinen Handflächen, während sie durch den strömenden Regen liefen, aber das Gewicht der Tasche fühlte sich gut an. Es passte. Und er hatte wahrlich hart gearbeitet für dieses Geld. Natürlich wusste er, dass es Bobby nicht wieder zum Leben erwecken würde – er war ja kein Idiot –, aber es war immerhin etwas.
    Sirenen rasten auf sie zu, aber Jack ging ruhig weiter. Blaulicht blitzte auf, Wasser spritzte hoch, als der Streifenwagen an ihnen vorbeirauschte, Richtung Osten, zur drei Blocks entfernten Mall. Nach den Schüssen auf den Cop hatten sie sich zu den Apartments gegenüber vom Parkplatz durchgeschlagen, schnell ein Fenster geknackt, und schon waren sie runter von der Straße. Marshall hatte ein schwarzes Shirt aus dem Schrank des Hausherrn stibitzt, das gefälschte Uniformhemd zusammengeknüllt und tief im Küchenabfall versenkt. Danach waren sie aus der Vordertür stolziert, als ob ihnen das Haus gehörte, unmittelbar an einem Streifenwagen vorbei, der heranbrauste, um die Rückseite der Mall abzuriegeln.
    »Ja, wir sind da rausgekommen«, sagte Marshall. »Und ja, wir haben das Geld. Aber ich habe das komische Gefühl, dass da irgendwas nicht ganz glatt gelaufen ist. Hmm, was könnte das nur gewesen sein?« Er legte eine Kunstpause ein, bevor er den Finger in die Höhe reckte, als hätte er eine Erleuchtung gehabt. »Ich hab’s! Du hast einen Cop erschossen.«
    »Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Nett fragen, ob wir gehen dürfen?« Die Tasche wurde immer schwerer, aber Jacks anderer Arm schmerzte nach wie vor von dem aufgerissenen Schnitt. Der Verband färbte sich langsam dunkelrot. »Ein Cop ist auch nur ein Typ mit ’nem lustigen Hut auf dem Kopf.«
    »Mann, du kennst doch das Chicago Police Department! Die sind erbarmungslos, wenn es einen von ihren Kameraden erwischt. Die werden uns nie in Ruhe lassen.«
    »Hätten sie sowieso nicht. Außerdem, getan ist getan.«
    Sie bogen in den Parkplatz vor dem Drugstore ein. Der Truck war eine echte Schrottmühle, ein alter Ford F150, den sie einem Händler an der Western Avenue für einen Riesen in bar abgekauft hatten. Den geklauten Honda hatten sie auf einer hübschen Straße im nächsten Wohngebiet zurückgelassen, wo er locker sechs Monate vor sich hingammeln würde, bevor er jemandem auffiel. So einen Job durchzuziehen, um dann von der Autobahnpolizei geschnappt zu werden, nur weil sie zufälligerweise ihr Nummernschild auf der Liste hatten, wäre wirklich zu ärgerlich gewesen. Die Fahrertür knarrte laut, als Jack am Türgriff zog. Er warf die Tasche auf die Rückbank und lehnte sich über den Beifahrersitz, um Marshall reinzulassen, startete den Motor und drehte die Temperatur auf volle Power. In den nassen Klamotten war ihm arschkalt. »Bleibt nur noch eins zu erledigen.«
    »Was soll das sein?«
    »Meinem Lieblingspärchen einen Besuch abstatten.« Die beiden waren ihm nicht nur pausenlos auf den Sack gegangen, nein, zweimal wäre Jack wegen ihnen fast abgekratzt. Und obwohl er sich durchaus eingestand, dass es streng logisch genommen wenig Sinn ergab, machte ein

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