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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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erblickte er Loo und den Menschen am Beginn der Via Aurum, hinter ihnen eine blauhaarige Niptradin. Sie kamen direkt auf ihn zu. Schnell nahm er den Käfig samt dem toten Geier und schritt durch das Eichentor.
    Linus saß in einer Ecke voller Kissen, neben sich drei geleerte Flaschen. Eine vierte schwenkte er zur Begrüßung durch die Luft.
    »n Schlückschen Wurselwein?«, fragte er mit schwerer Zunge.
    Ladomir hatte all seine zurechtgelegten Sätze auf einen Schlag vergessen. Linus bot einen fürchterlichen Anblick: Sein Gewand hing in Fetzen an ihm herunter, der Arm lag in einer schlampig geknüpften Schlinge. Das Gesicht war geschwollen und blutunterlaufen.
    Ladomir stellte den Käfig ab und kniete sich vor den fetten Händler.
    »Ihr seht aus, als hättet Ihr einem Validen das Weib ausgespannt«, versuchte er zu scherzen.
    »Mit eim Validen haddas nischts zu tun … mit eim Crusio!« Linus warf glucksend seinen Kopf in den Nacken.
    »Was ist passiert?«
    Statt einer Antwort hob Linus die Flasche. »Gejn den Schmerz – Prost mein Freund!«
    »Linus, solltet Ihr nicht besser einen Liberen rufen lassen? Ich kann sofort …«
    Linus winkte ab, nahm einen kräftigen Schluck und stierte Ladomir an. »Allohol, du böser Jeist«, lallte er, »hast schon den Großdaa umjereißt, jetzt versuchstes auch mit mich – wech mit dich!« Beim letzten Wort ließ der fette Händler die Flasche fallen und sank zur Seite.
    Ladomir sprang erschrocken auf und rannte zur Tür. Er würde auf dem überfüllten Plaza sicherlich einen Liberen auftun, der Linus in kürzester Zeit heilen konnte.
    Doch als er schon einen Fuß auf der Via Aurum hatte, zuckte er zurück. Der Basilisk – es war eine einmalige Gelegenheit!
    Auf Zehenspitzen schlich er zurück zu Linus und beobachtete das gleichmäßige Heben und Senken seiner Brust. Dann nahm er den toten Wächter von dem Käfig und packte den Basilisken an einem seiner Hälse. Er drehte den Schnabel so, dass der unweigerlich Linus geschundenes Gesicht sehen musste. Mit der freien Hand brach er das Siegel, löste die Augenbinde und drehte sein eigenes Gesicht zur Seite. Nur zur Sicherheit. Der Hühnerkopf gackerte aufgeregt, als er das erste Mal in seinem Leben etwas anderes sah als tiefe Schwärze. Der kleine Schnabel versuchte nach Linus zerzaustem Haar zu picken, und Ladomir verlor schon fast die Nerven, als er endlich das entscheidende Wort hörte.
    »Herr!«, lärmte der Wächter unvermutet laut.
    Das genügte! Ladomir warf den toten Geier in den Käfig, packte den Basilisken am Hals und verließ das Haus. Der Lastkarren stand immer noch auf der anderen Seite der Via Aurum, und Ladomir duckte sich dahinter, bevor er die Augenbinde des anderen Kopfes löste. Er wollte den Teil des Basilisken auf sich prägen, wie er zuvor den anderen Teil auf Linus geprägt hatte. Das sehende Huhn starrte zur Eichentür. Als Ladomir dem anderen die Augenbinde vom Kopf nahm, stieß es hervor: »Herr! Herr! Herr! Herr!«, wobei es Ladomir seinen Schnabel entgegenstreckte.
    »Tatsächlich – sie waren auf niemanden geprägt«, stellte Ladomir erleichtert fest. Niemals wieder würden sie sich auf ein anderes Gesicht prägen lassen. Der erste Teil seines Plans war wirklich leichter umzusetzen gewesen, als Ladomir gedacht hätte. Endlich einmal hatte er Glück.
    Der kleine Color drängte sich zurück zur Eichentür, den Basilisken unter der Weste. Erst als er sich sicher war, dass keiner ihm Aufmerksamkeit schenkte, setzte er den Wächter in seine Nische. Den Geier hatte er samt Käfig hinter dem Karren stehen lassen.
    »Du bekommst später zu fressen«, sagte er und tätschelte den Kopf, der sich dankbar an ihn schmiegte. Der andere sah stur geradeaus, bereit, jederzeit Besuch zu melden. Es schien, als würden sie sich gegenseitig nicht wahrnehmen.
    Ladomir schlenderte langsam in Richtung Plaza. Er hatte es nicht mehr eilig, einen Liberen zu finden.
    · ~ ·
    Timothy, Loo und Avy beschlossen vorerst, zur Plaza zu gehen, um bei Butterfingers alle Ereignisse in Ruhe durchzusprechen. Dibs wurde zwar nicht gefragt, hatte aber auch nichts einzuwenden.
    Auf dem Weg zur Plaza ging Timothy schweigend neben seinen Freunden her und versuchte, die Puzzleteile in seinem Kopf zurechtzurücken.
    Was hatten sie bisher in Erfahrung gebracht? Die Drudel musste einen Holzrücken haben, wenn es stimmte, was Avy behauptet hatte. Wurzelholz, genauer gesagt, Holunderwurzel sogar – Hatte der Märchenerzähler erwähnt, aus welchem

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