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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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leckte sie die letzten Reste aus ihrer Zuckerdose.
    »Habt ihr noch etwas? Etwas Zucker?«, fragte sie mit Blick auf Dibs.
    »Wir haben nichts«, lispelte er. »Aber unser Freund da hat Tintenzuckerkringel.«
    Loo warf Dibs einen vernichtenden Blick zu und kramte aus seinen Taschen einige völlig verklebte Zuckerkringel hervor. Mit zusammengebissenen Zähnen reichte er sie der Bibliothekarin.
    »Die Männer kamen immer seltener, und irgendwann waren sie ganz verschwunden«, sagte sie ohne ein Wort des Dankes und stopfte sich einen Kringel in den Mund. »Hab sie nicht vermisst. Nicht vermisst.«
    Avy zog die Hand zurück und wischte sie unauffällig an ihrer Hose ab.
    »Und Ihr wisst nicht, was er so lange gemacht hat?«
    »Na, die Drudel gesucht. Was sonst? Immer wieder die Drudel. Nur die Drudel. Drudel, Drudel, Drudel! Vom Morgenglühen bis zum Abendleuchten.«
    Timothy konnte seine Anspannung kaum noch verbergen. Nervös rutschte er auf seinem Bücherstapel herum. »Hat er sie gefunden?«
    »Nein«, sagte die Bellarin kopfschüttelnd. »Das hat ihn ja verrückt gemacht. Er sagte, es sei unmöglich, zu ihr zu gelangen, selbst wenn sie nur eine Armlänge von ihm entfernt läge. Dann begann er zu schnitzen, kümmerte sich nicht mehr um die Bibliothek. Ließ alles verkommen … Erst schnitzte er das Tor, dann die Regale, die Balken, sogar den Abort! Was machst du da, Hartlef, hab ich ihn immer wieder gefragt. Was machst du da nur? Ich schnitze, hat er nur gemeint. Die Drudel hat ihn um den Verstand gebracht.« Sie erhob sich, als ob alles gesagt gewesen wäre.
    »Ihr habt uns noch nicht erzählt, was es mit der Inschrift auf sich hat.« Timothy hoffte inständig, dass ihre Antwort diesmal kürzer ausfallen würde.
    »Die Inschrift …« Elfrun blickte Timothy missmutig an und ging zur mächtigen Truhe. »In Libro Veritas, In Libro Veritas, In Libro Veritas und noch mehr In Libro Veritas«, rief sie und schleuderte ein Holz nach dem anderen heraus. Einige waren klein und rund, andere große Stücke, irgendwo herausgebrochen. Auf allen standen die gleichen Wörter: In Libro Veritas.
    »Zum Schluss hat er nichts anderes mehr geschnitzt! Nichts anderes!« Ihre Stimme überschlug sich.
    »Was hat es zu bedeuten?«, fragte Timothy so ruhig wie möglich.
    »Das weiß nur der Schrein. Er hat nie darüber gesprochen. Nie darüber gesprochen.«
    »Der Schrein der Gedanken?«, fragten Avy und Loo wie aus einem Munde.
    »Geht jetzt – geht«, keifte Elfrun und sank erschöpft in ihren Sessel zurück.
    · ~ ·
    Ladomir hatte das Gefühl, dass noch mehr Lemuren zur Plaza drängten als am Tag zuvor. Die Wetten standen vierzehn zu eins, dass der Eimer heute kippen würde, und keiner wollte das Schauspiel verpassen. Schließlich hatte sich das monströse Behältnis schon ein wenig geneigt, und jeder weitere Tropfen brachte ihn mehr aus dem Gleichgewicht.
    Nachdem die Buchmacher keine Wetten mehr annahmen, setzten die Lemuren mitunter aberwitzige Summen auf die vielversprechendsten Anwärter des Verrückten-Bart-Tages. Es wurden sogar Wetten darüber abgeschlossen, wer dem Eimer beim Zeitpunkt des Kippens am nächsten stehen würde (und somit am meisten Wasser abbekäme) und mit wie viel Perlen der Drittplatzierte seinen Bart geschmückt hätte. Im Grunde gab es nichts, was nicht einer Wette würdig gewesen wäre.
    Ladomir war all das herzlich egal. Er war froh, dass ihm im dichten Gedränge kein Lemur Aufmerksamkeit schenkte, und als er am frühen Nachmittag wieder vor Linus‘ Eichentür stand, war der Gestank des toten Geiers kaum noch zu ertragen. Ladomir nahm ihn mit spitzen Fingern aus seiner Wächternische, warf ihn über den Käfig und hämmerte gegen die Tür. Nichts tat sich.
    Nach einiger Zeit klopfte Ladomir erneut und trat mit dem Fuß nach.
    »Wer da?«, kam es dumpf aus dem Inneren.
    »Linus, mein Freund, ich bin's, Ladomir!«
    »Ladomir …« Ein Moment der Stille verging, dann hörte der kleine Color ein Klirren. »Tritt ein! Tritt ein, bring Glück herein un auch saubre Füße!«
    Ladomir sah irritiert auf seine zweifarbigen Schnabelschuhe. Er hatte immer saubere Füße.
    »Nun komm schon rein!«, rief Linus, ohne die Tür zu öffnen.
    »Durch die Wand?«, fragte der kleine Händler vorsichtig zurück. Immerhin verstieß das Permatieren in fremdes Eigentum gegen die Gesetze.
    »Durche Wand, durche Tür, durchs Dach – is mir doch egal.«
    Ladomir zögerte. Linus schien nicht guter Dinge zu sein. Doch plötzlich

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