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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sie werden es versuchen. Das glaube ich schon. Aber sie waren auch so... Sie wollten mich manipulieren.«
    »Manipulieren?«
    »Ich soll nicht darüber sprechen. Mit niemandem. Vierundzwanzig Stunden lang. Das würde die Ermittlung gefährden. Kindesentführungen machen der Öffentlichkeit angst und so. Verursachen Panik. Bei der Polizei stehen die Telefone nicht mehr still. Sie müssen die ganze Zeit Anrufer beruhigen. Können sich nicht mit allen Mann auf die Suche nach Jimmy konzentrieren. Scheißdreck. Ich bin nicht blöd. Ich geh hier kaputt. Kaputt... Aber ich bin nicht blöd.« Sie schien beinahe die Fassung zu verlieren, atmete aber tief durch und sprach dann mit ihrer beherrschten, eintönigen Stimme weiter: »Sie wollten nur, daß ich die Klappe halte. Vierundzwanzig Stunden lang nichts sage. Aber ich weiß nicht, warum.«
    Mir war klar, warum Manuel Wert auf Lillys Schweigen legte. Er mußte sich Zeit verschaffen, um herauszufinden, ob das ein normales Verbrechen war oder etwas mit den Ereignissen in Wyvern zu tun hatte. Denn in letzterem Fall mußte er es gewissenhaft vertuschen. Zur Zeit hoffte er bestimmt noch, daß der Kidnapper ein gewöhnlicher Soziopath war, ein Pädophiler oder der Angehörige eines Satanskults oder jemand, der einen Groll gegen Lilly hegt. Der Straftäter war aber andererseits vielleicht einer von denen, die im Werden waren, ein Mann, dessen DNS von der aggressiven Infektion des Retrovirus dermaßen gestört war, daß seine Psyche verkam, seine Menschlichkeit sich in einer Säure aus völlig fremdartigen Zwängen und Bedürfnissen auflöste, aus Instinkten, die dunkler und seltsamer waren als selbst die schrecklichsten, tierischsten Triebe. Oder es gab vielleicht eine andere Verbindung mit Wyvern, denn heutzutage konnte man ja nicht weniges, was in Moonlight Bay schiefging, auf jenes unheimliche Gelände hinter dem Maschenzaun und Stacheldraht zurückführen.
    Wenn Jimmys Entführer einer derjenigen war, die zur Zeit im Werden waren, würde er nie vor Gericht kommen. Wenn man ihn faßte, würde man ihn zu den streng verborgenen Genlabors in Fort Wyvern bringen, falls diese, wie wir vermuteten, tatsächlich noch in Betrieb waren, oder in eine ähnliche und genauso geheime Einrichtung irgendwo anders, um ihn dort in dem verzweifelten Bemühen, ein Heilmittel zu finden, Tests zu unterziehen. In diesem Fall würde man Lilly eine von offiziellen Stellen ausgeheckte Geschichte über das Verschwinden ihres Sohnes aufbinden. Falls man sie nicht überzeugen und auch nicht einschüchtern konnte, würde man sie umbringen oder im Namen der nationalen Sicherheit und des öffentlichen Wohlergehens unrechtmäßig in die psychiatrische Abteilung des Mercy Hospital einsperren, wenngleich man sie in Wirklichkeit nur opfern würde, um die politischen Eminenzen zu schützen, die uns an den Rand des Abgrunds gebracht hatten.
    Sasha brachte eine Tasse Tee und stellte sie vor Lilly auf den Tisch. Auf der Untertasse lag eine Zitronenscheibe. Neben die Tasse stellte sie ein kleines Porzellantablett mit einem Sahnekännchen und einer Zuckerdose, aus der ein Silberlöffelchen ragte. Diese häusliche Alltagsverrichtung verankerte uns keineswegs in der Realität, sondern verlieh allem eher eine traumähnliche Eigenschaft. Es hätte mich nicht überrascht, hätten Alice, das Weiße Kaninchen und der verrückte Hutmacher sich zu uns an den Tisch gesetzt.
    Offensichtlich hatte Lilly um Tee gebeten, doch nun schien sie kaum zur Kenntnis zu nehmen, daß die Tasse vor ihr stand. Die Macht ihrer unterdrückten Gefühle wurde so deutlich spürbar stärker, daß völlig klar war, sie würde ihre Fassung nicht mehr lange bewahren können. Und doch fuhr sie vorerst mit ihrem unmodulierten, einförmigen Tonfall fort: »Das Telefon ist tot. Na gut. Was, wenn ich zu meiner Schwiegermutter rüberfahre? Um ihr das mit Jimmy zu sagen? Wird man mich aufhalten? Unterwegs abfangen? Mir raten zu schweigen? Um Jimmys willen? Und wenn ich nicht aufhöre? Wenn ich nicht schweige?«
    »Wieviel hat Sasha dir erzählt?« fragte ich.
    Lilly sah mich an und wandte den Blick sofort wieder ab.
    »In Wyvern ist irgend etwas passiert. Etwas Seltsames. Schlimmes. Und irgendwie betrifft es auch uns. Alle in Moonlight Bay. Man will es vertuschen. Es könnte Jimmys Verschwinden erklären. Irgendwie.«
    Ich drehte mich zu Sasha um, die sich zur anderen Seite der Küche zurückgezogen hatte. »Das ist alles?«
    »Ist sie nicht in noch größerer

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