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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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seine Hand in meiner und beugte mich über das Geländer des Bettes, um seine letzten geflüsterten Worte zu hören - Fürchte nichts, Chris, fürchte nichts ., und dann erschlaffte seine Hand.
    Ich hatte ihn auf die Stirn geküßt, auf die rauhe Wange. Weil ich selbst ein wanderndes Wunder bin - trotz meines XP mit achtundzwanzig Jahren noch gesund und unversehrt ., glaube ich an Wunder, daran, daß es sie wirklich gibt und wir sie auch brauchen, und so hielt ich die Hand meines toten Vaters fest, küßte ihn auf die stoppelbärtige Wange, die noch fiebrig heiß war, und wartete auf ein Wunder, verlangte fast schon eines. Gott stehe mir bei, aber ich erwartete tatsächlich, Dad würde es ergehen wie einst Lazarus, denn der Schmerz, ihn zu verlieren, war zu stark, als daß ich ihn ertragen konnte. Die Welt war ohne ihn unvorstellbar kalt und hart, und man konnte nicht von mir erwarten, sie zu ertragen, man mußte mir Gnade gewähren. Obwohl ich schon mit zahlreichen Wundern in meinem Leben gesegnet wurde, war ich begierig auf ein weiteres, ein weiteres. Ich betete zu Gott, flehte ihn an, handelte mit ihm, aber es gibt eine Anmut in der natürlichen Ordnung der Dinge, die wichtiger als unsere Begierden ist, und schließlich mußte ich dies akzeptieren, so bitter es mir damals auch vorkam, und ließ widerwillig die leblose Hand meines Vaters los.
    Nun stand ich also nach Atem ringend in der Gasse, und die Furcht, daß man von mir verlangen würde, Orson zu überleben, meinen Bruder, diese ganz besondere und kostbare Seele, die in dieser Welt ein noch größerer Außenseiter war als ich, drang mir bis ins Mark. Falls er allein sterben sollte, ohne die Hand eines Freundes, die ihn tröstete, ohne eine beruhigende Stimme, die ihm sagte, daß man ihn liebte, würde ich für immer von dem Gedanken verfolgt - nein, niedergeschmettert werden, daß er ganz allein hatte leiden und verzweifeln müssen.
    »Bruder«, sagte Bobby, legte mir eine Hand auf die Schulter und drückte sanft zu. »Wird schon alles in Ordnung kommen.«
    Ich hatte kein Wort gesagt, aber Bobby schien zu wissen, welche Ängste mich auf dem Asphalt der Gasse Wurzeln schlagen ließen, während ich in die furchteinflößende Schwärze des Canyons jenseits der Eukalyptusbäume starrte.
    Der Atem kam mit einem heftigen Ansturm zu mir zurück und mit ihm eine gefährlich ungestüme Hoffnung, einer jener so intensiven Anfälle von Hoffnung, daß es einem das Herz brechen kann, wenn sie sich nicht erfüllt, eine Hoffnung, die gewissermaßen eine verrückte und unvernünftige Überzeugung war, der nachzugeben ich angesichts des Endes der Welt eigentlich keinen Anlaß hatte: Wir würden Jimmy Wing finden, und wir würden Orson finden, unberührt und lebend, und die, die ihnen Schaden hatten zufügen wollen, würden in der Hölle schmoren.

16
    Während ich durch das Holztor ging, den schmalen Ziegelweg entlang und weiter in den Garten, auf dem der Geruch nach Jasmin so schwer lag wie Weihrauch, fragte ich mich besorgt, wie ich Lilly Wing auch nur einen kleinen Bruchteil meines neu gewonnenen Vertrauens vermitteln sollte, daß man ihren Sohn lebend und unverletzt finden würde. Ich hatte ihr kaum etwas zu berichten, was eine so optimistische Schlußfolgerung zuließ. Und wenn ich auch nur ansatzweise erzählte, was Bobby und ich in Fort Wyvern gesehen hatten, würde Lilly endgültig die Hoffnung aufgeben.
    Vorn war der Bungalow hell erleuchtet. Offenbar in Erwartung meiner Rückkehr flackerte hinten aber nur schwaches Kerzenlicht hinter den Küchenfenstern.
    Sasha empfing uns an der Verandatreppe. Sie mußte in der Küche gewesen sein und den Jeep gehört haben.
    Das Bild von Sasha, das ich im Geiste mit mir trage, ist idealisiert - und doch ist sie jedesmal, wenn ich sie nach einer Abwesenheit sehe, schöner als die schmeichelhafteste Erinnerung. Obwohl meine Sehkraft sich der Dunkelheit angepaßt hat, war das Licht jetzt so schlecht, daß ich das fesselnd klare Grau ihrer Augen nicht erkennen konnte, nicht das Mahagonischwarz ihres Haars, nicht den Glanz ihrer Haut mit den schwachen Sommersprossen. Trotzdem strahlte sie.
    Wir umarmten uns. »Hallo, Snowman«, flüsterte sie dann.
    »Hallo.«
    »Jimmy?«
    »Noch nicht«, sagte ich genauso leise wie sie. »Und Orson ist auch verschwunden.«
    Ihre Umarmung wurde fester. »In Wyvern?« »Ja.« Sie küßte mich auf die Wange. »Er besteht nicht nur aus einem Herzen und einem wedelnden Schwanz. Er ist hart im Nehmen. Er

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