Im Bann der Dunkelheit
Jäger aus der Hölle in einer Welt, die ihren Jüngsten Tag längst hinter sich hatte. Sie hatten die Köpfe vorgeschoben und die Ohren gespitzt, die gelben Augen leuchteten im Dunkel, die Kiefer waren zu einem humorlosen Sägemessergrinsen geöffnet. Sie kamen näher, sammelten sich und drehten sich in traumähnlichem Schweigen zu uns um, als wären sie der von Peyote ausgelösten Vision eines Navajo-Mystikers entsprungen.
Normalerweise ziehen Kojoten im Gänsemarsch umher, aber die hier schwärmten aus, und als sie sich schließlich alle in der Gasse befanden, standen sie Flanke an Flanke da, näher beieinander, als ich es bei einem Rudel Hunde je gesehen habe. Sie drängten sich zusammen wie eine Schar Ratten. Ihr Atem war heißer als der unsere, denn er kondensierte in der kühlen Luft. Ich versuchte gar nicht erst, sie zu zählen, aber es waren bestimmt über dreißig, alles ausgewachsene Tiere, keine Welpen.
Wir hätten versuchen können, in Sashas Wagen zu springen und die Türen zuzuziehen, aber wir alle spürten, daß jede plötzliche Bewegung von uns, jegliches Anzeichen von Furcht sie vielleicht zu einem wütenden Angriff herausgefordert hätte. Wir wagten es lediglich, langsam zwei, drei Schritte rückwärts zu treten, bis unsere Rücken wenigstens ein bißchen durch die beiden Fahrzeuge geschützt waren.
Daß Kojoten erwachsene Menschen angreifen, kommt zwar nur selten vor, ist aber nicht gänzlich unbekannt. Selbst wenn sie paarweise oder im Rudel jagen, pirschen sie sich nur an einen ausgewachsenen Mann oder eine Frau heran, wenn verzweifelter Hunger sie dazu treibt, nachdem eine Dürre die Populationen von Mäusen, Kaninchen und anderen kleinen Tierarten stark reduziert hat. Kleine Kinder, die in einem Park oder in einem Garten, der an ein offenes Feld grenzt, unbeaufsichtigt gelassen werden, können schon eher gebissen oder weggeschleppt werden, aber auch solche Zwischenfälle sind selten, vor allem, wenn man bedenkt, welche riesigen Flächen Land sich Menschen und Kojoten im Westen Nordamerikas miteinander teilen. Die größten Sorgen bereitete mir also nicht das übliche Verhalten von Kojoten, sondern die Erkenntnis, daß es sich nicht um normale Tiere handelte. Wir konnten nicht davon ausgehen, daß sie sich wie normale Exemplare ihrer Spezies verhielten; die Gefahr lag in ihrer Andersartigkeit.
Obwohl alle Tiere in unsere Richtung sahen, hatte ich nicht den Eindruck, daß ihre Aufmerksamkeit sich in erster Linie auf uns konzentrierte. Sie schienen gespannt an uns vorbeizuschauen, zu irgendeinem Punkt in der Ferne, obwohl in der acht oder zehn Häuserreihen langen Gasse alles ruhig war.
Plötzlich kam Bewegung in das Rudel.
Obwohl Kojoten in Familien leben, sind sie leidenschaftliche Individualisten geblieben, die von persönlichen Bedürfnissen, Einblicken und Stimmungen getrieben werden. Ihre Unabhängigkeit wird sogar offensichtlich, wenn sie gemeinsam jagen. Aber dieses Rudel bewegte sich mit einer unheimlichen Koordination, mit der instinktiven Abstimmung eines Schwarms Piranhas, als hätten sie einen Verstand, eine Absicht gemeinsam.
Die Ohren flach an die Schädel zurückgelegt, die Kiefer weit aufgerissen, als wollten sie zubeißen, die Köpfe gesenkt, das Fell gesträubt, die Schultern hochgezogen, die Schwänze eingezogen und gesenkt, liefen die Kojoten in unsere Richtung, wenn auch nicht direkt auf uns zu. Sie blieben auf der linken Straßenhälfte, die meisten liefen auf dem Asphalt, einige aber auch auf dem unbefestigten Randstreifen, sahen an uns vorbei und strikt geradeaus, als hätten sie sich auf eine Beute konzentriert, die für menschliche Augen unsichtbar war.
Weder Bobby noch ich zogen auch nur in Betracht, auf das Rudel zu schießen, weil wir sofort an das Verhalten des Nachtfalkenschwarms in Wyvern erinnert wurden. Zuerst schienen die Vögel sich in bösartiger Absicht versammelt zu haben, dann um zu feiern, und schließlich galt ihr einziger, gewaltsamer Drang der Selbstzerstörung. Bei diesen Kojoten nahm ich nicht die triste Aura des Leids und der Verzweiflung wahr, die die Nachtfalken ausgestrahlt hatten; ich hatte nicht das Gefühl, daß sie nach dem letzten Heilmittel für das Fieber suchten, das sie ergriffen hatte. Sie schienen für irgend jemanden oder irgend etwas eine Gefahr zu sein, aber nicht für uns.
Sasha hielt ihren Revolver mit beiden Händen, als das Rudel auf uns zuströmte. Aber als sie an uns vorbeiliefen, ohne uns mit einem einzigen Blick
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