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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Dieser Stützpunkt blieb, auch wenn er geschlossen worden war, eine Brutstätte der Paranoia.
    Als ich nun zu den Büros am anderen Ende des Hauptraums eilte, blieb Orson dicht neben mir.
    Das erste erwies sich als das, was ich erwartet hatte. Ein leerer Raum. Vier weiße Wände. Dort, wo einst die Neonröhre angebracht war, sah man nur ein Loch in der Decke.
    Im zweiten lag der berüchtigte Darth Vader auf dem Boden: eine Plastikfigur mit beweglichen Gliedern, etwa zehn Zentimeter groß, schwarz und silbern. Ich mußte an die Sammlung ähnlicher Star-Wars-Spielzeuge denken, die ich auf Jimmys Bücherregal gesehen hatte.
    Orson schnüffelte an Vader.
    »Komm auf die dunkle Seite der Macht, Luke«, murmelte ich.
    In der hinteren Wand klaffte eine große rechteckige Öffnung, aus der wohl ein Räumtrupp der Army eine Fahrstuhltür gebrochen hatte. Als halbherzige Sicherheitsmaßnahme hatte man auf Hüfthöhe ein Brett vor die Öffnung genagelt.
    Mehrere komplizierte Stahlverankerungen, die noch von den Wänden hingen, ließen darauf schließen, daß dieser Fahrstuhl in jenen Tagen, als Fort Wyvern der nationalen Verteidigung gedient hatte, hinter irgend etwas verborgen gewesen war - vielleicht hinter einem Regal oder Schrank, den man zur Seite schieben oder schwingen konnte.
    Auch die Fahrstuhlkabine und der Liftmechanismus waren entfernt worden, und als ich die Taschenlampe aufblitzen ließ, sah ich, daß es im Fahrstuhlschacht drei Stockwerke hinabging. Den einzigen Zutritt bot eine Wartungsleiter, die an der Wand des Schachts angebracht war.
    Der von uns Verfolgte war wahrscheinlich an einem anderen Ort zu beschäftigt, um das geisterhafte Leuchten im Fahrstuhlschacht zu bemerken. Der Lichtstrahl sickerte in den grauen Beton, bis er kaum heller als eine bei einer Seance herbeibeschworene Wolke Geistermaterie war, die über einem Klopftisch schwebt.
    Trotzdem schaltete ich die Lampe aus und steckte sie wieder unter den Gürtel. Widerwillig schob ich auch die Glock in das Schulterhalfter unter meiner Jacke zurück.
    Ich ließ mich auf ein Knie hinab und griff zögernd in die Pechschwärze, die mich umgab. Sie hätte die Ausmaße des Lagerhausbüros haben, aber auch Milliarden von Lichtjahren umfassen können, ein Schwarzes Loch, das unser komisches Universum mit einem noch seltsameren verband. Einen Augenblick lang hämmerte mir das Herz gegen die Rippen. Als ich mit der Hand aber den tapferen Orson fand und ihm über das Fell fuhr, beruhigte ich mich wieder.
    Er legte den eckigen Kopf auf mein angewinkeltes Knie, ermutigte mich, ihn zu streicheln und hinter den Ohren zu kraulen, von denen eines aufgerichtet war und das andere schlaff hinabhing.
    Wir haben gemeinsam eine Menge durchgemacht. Wir haben zu viele Menschen verloren, die wir liebten. In einer Hinsicht empfinden wir gleich: Wir verabscheuen es, zurückgelassen zu werden und uns allein dem Leben stellen zu müssen. Wir haben einige Freunde - Bobby Halloway, Sasha Goodall und ein paar andere ., die wir lieben. Wir beide teilen aber etwas miteinander, das über die tiefste Freundschaft hinausgeht, eine einzigartige Beziehung, ohne die keiner von uns beiden ganz vollständig sein würde. »Bruder«, flüsterte ich.
    Er leckte mir die Hand.
    »Mir bleibt nichts anderes übrig«, flüsterte ich, und ich brauchte ihm nicht zu sagen, daß ich nach unten gehen mußte.
    Es versteht sich von selbst, daß zu Orsons unzähligen Fähigkeiten nicht gerade der außerordentliche Gleichgewichtssinn gehört, den man benötigt, um Pfote über Pfote eine völlig senkrechte Leiter hinabzusteigen. Er hat eine Begabung fürs Fährtensuchen, ein großes, gutes Herz, grenzenlosen Mut, eine Treue, die so zuverlässig ist wie der Sonnenuntergang bei Einbruch der Abenddämmerung, eine kalte Nase, einen Schwanz, mit dem er so schnell wedeln kann, daß er damit mehr Energie als ein kleines Kernkraftwerk produziert aber wie jeder andere hat auch er seine Grenzen.
    Ich rutschte in der Dunkelheit zu dem Loch hinüber, griff blindlings nach einer der Stahlverankerungen, die zuvor das mutmaßliche Bücherregal an der Wandschiene gehalten hatten, und zog mich hoch, bis ich mit beiden Füßen auf dem stämmigen Brett hockte, das über die Öffnung genagelt worden war. Ich griff in den Schacht, tastete nach einer Stahlsprosse, bekam eine zu fassen und schwang mich dann von dem Brett auf die Leiter.
    Ich bewege mich zugegebenermaßen zwar nicht ganz so leise wie eine Katze, aber doch fast; den

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