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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hörte auch das Zittern allmählich auf.
    »Wir sollten aufbrechen«, sagte Sasha.
    Auch sie, Doggie und Roosevelt trugen Nachtsichtbrillen, die sie allerdings noch nach oben auf die Stirn geschoben hatten.
    Bobby hatte die Augen geschlossen.
    »He!« sagte ich verängstigt.
    »He«, antwortete er und blickte mich wieder an.
    »Hör zu«, sagte ich, »wenn du mir einfach so wegstirbst, ernenne ich dich zum König der Arschlöcher.«
    Er lächelte. »Keine Sorge. Diesen Titel würde ich dir niemals streitig machen, Bruder.«
    »Wir bleiben nicht lange fort.«
    »Ich geh nicht weg«, sagte er. Seine Stimme kam nur noch als Flüstern. »Du hast mir ein Bier versprochen.«
    Sein Blick war unglaublich friedvoll.
    Es gab noch soviel zu sagen. Aber kein Wort davon konnte ausgesprochen werden. Selbst wenn wir jede Menge Zeit gehabt hätten, hätte ich nichts von dem aussprechen können, was mir auf dem Herzen lag.
    Ich schaltete die Taschenlampe aus, ließ sie aber neben ihm liegen.
    Normalerweise war die Dunkelheit mein Freund, aber diese hungrige, kalte, fordernde Schwärze haßte ich.
    Die ungewöhnlich gestylte Brille besaß einen Riemen mit Klettverschluß. Meine Hände waren so zittrig, daß ich eine Weile brauchte, um mir das Ding über den Kopf zu streifen. Schließlich schob ich die Linsen vor die Augen.
    Doogie, Roosevelt und Sasha hatten bereits ihre Infrarotlampen eingeschaltet. Ohne die Brille hätte ich auf dieser Lichtwellenlänge nichts sehen können, aber nun erstrahlte der Vorraum in verschiedenen Grünschattierungen. Ich drückte auf den Knopf meiner Infrarotlampe und ließ den Strahl über Bobby Halloway wandern.
    Wie er dort am Boden lag, die Arme an den Seiten, und im grünen Schein leuchtete, wirkte er bereits wie ein Geist.
    »Dein Hemd sieht in diesem komischen Licht echt scharf aus«, sagte ich.
    »Ehrlich?«
    »Total schrill.«
    Das Güterzugrumoren setzte wieder ein und diesmal lauter als zuvor. Das Stahl- und Betonskelett des Gebäudes rieb seine Knochen aneinander.
    Die Katze, die keine Nachtsichtbrille nötig hatte, führte uns aus dem Vorraum heraus. Ich folgte Roosevelt, Doogie und Sasha, die aussahen wie drei grüne Gespenster, die durch eine Katakombe spukten.
    Es war hart für mich gewesen, an der Beerdigung meiner Mutter teilzunehmen und am Totenbett meines Vaters zu sitzen, aber Bobby in der Dunkelheit zurückzulassen war das Härteste, was ich in meinem Leben je hatte tun müssen.

25
      Vom Vorraum führte ein leicht geneigter Tunnel von drei Metern Durchmesser etwa fünfzehn Meter weit nach unten.
    Nachdem wir den Grund erreicht hatten, folgten wir einem völlig horizontalen, aber extrem gewundenen Gang, und mit jeder Biegung steigerten sich die Architektur und die technische Einrichtung von ungewöhnlich zu seltsam bis ausgesprochen fremdartig.
    Der erste Teil war von Betonwänden eingefaßt, doch danach schienen alle Tunnel zusätzlich zum verstärkten Beton mit Metall beschichtet zu sein. Selbst im unzureichenden Infrarotlicht erkannte ich genügend Unterschiede in der Beschaffenheit dieser gekrümmten Oberflächen, um mir sicher zu sein, daß die Metallsorten von Zeit zu Zeit wechselten.
    Hätte ich die Nachtsichtbrille abgenommen und eine gewöhnliche UV-Lampe eingeschaltet, hätte ich wohl Stahl, Kupfer, Messing und diverse andere Legierungen gesehen, die ich ohne akademischen Abschluß in Metallurgie niemals hätte bestimmen können.
    Der größte dieser metallverkleideten Tunnel hatte einen Durchmesser von etwa zweieinhalb Metern, aber wir kamen durch etliche, die nur die Hälfte dieses Ausmaßes hatten und durch die wir kriechen mußten. In den Wänden dieser zylindrischen Durchgänge befanden sich zahllose kleinere Öffnungen, einige davon nur fünf bis zehn Zentimeter im Durchmesser, andere wieder über einen halben Meter. Wenn man mit der Infrarotlampe hineinleuchtete, konnte man nicht viel mehr erkennen, als wollte man in ein Abwasserrohr oder einen Gewehrlauf blicken. Ich kam mir vor wie im Innern eines gigantischen und unbegreiflich komplexen Systems von Kühlschlangen oder in den sanitären Anlagen sämtlicher Paläste aller mythologischen Götter. Zweifellos war irgendwann einmal etwas durch dieses kolossale Labyrinth geströmt: Gase oder Flüssigkeiten. Wir kamen an zahlreichen Abzweigungen vorbei, in denen Turbinen montiert waren, deren Antriebskraft offenbar das war, was immer auch durch dieses System gepumpt worden war. An vielen Kreuzungen hielten sich

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