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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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enthielt das, was ich Lilly ausrichten wollte, nicht die geringste Wahrheit. Ich bin keineswegs stolz auf die Tatsache, daß ich - im Gegensatz zu Sasha - manchmal lüge.
    »Wo bist du gerade?« fragte Sasha.
    »In der Totenstadt.«
    »Verdammt.«
    »Tja, du wolltest es ja wissen.«
    »Immer in Schwierigkeiten.«
    »Das ist mein Motto.« Ich wagte es nicht, ihr von Orsons Verschwinden zu berichten, nicht einmal indirekt in unserem Lyrickode. Vielleicht würde meine Stimme zu flattern anfangen und damit meine tiefe Besorgnis verraten, was ich aber unbedingt vermeiden wollte. Wenn Sasha annehmen mußte, Orson sei ernsthaft in Gefahr, würde sie darauf bestehen, nach Wyvern zu kommen, um bei der Suche nach ihm zu helfen.
    Sie wäre allerdings eine große Hilfe gewesen. Ich hatte vor kurzem überrascht feststellen dürfen, daß Sasha Selbstverteidigungstechniken und den Umgang mit Waffen in einem Ausmaß beherrschte, wie man sie auf der Diskjockeyschule nun wirklich nicht lernte. Obwohl sie nicht wie eine Amazone aussah, konnte sie wie eine kämpfen. Sie war jedoch eine noch bessere Freundin als Kämpferin, und Lilly Wing brauchte Sashas Mitgefühl und Trost dringender, als ich Verstärkung durch sie benötigte.
    »Chris, weißt du, was du für ein Problem hast?«
    »Ich sehe zu gut aus?«
    »Ja, genau«, sagte sie sarkastisch.
    »Bin zu clever?«
    »Dein Problem ist, daß du rücksichtslos fürsorglich bist.«
    »Dann bitte ich meinen Arzt lieber mal um ein paar Scheißegal-Pillen.«
    »Ich liebe dich dafür, Snowman, aber es wird dich noch mal umbringen.«
    »Es ist für eine Freundin«, sagte ich. »Mir wird schon nichts passieren. Bobby ist im Anmarsch.«
    »Aha. Dann fange ich schon mal mit euren Nachrufen an.«
    »Ich sage ihm, daß du das gesagt hast.«
    »Ihr seid die Two Stooges.«
    »Laß mich raten - wir sind Curly und Larry.« »Genau. Von euch beiden Flaschen ist keiner klug genug, um Moe zu sein.«
    »Ich liebe dich, Goodall.«
    »Ich dich auch, Snowman.«
    Ich schaltete das Telefon aus und wollte mich gerade vom Fenster abwenden, als ich auf der Straße wieder eine Bewegung sah. Diesmal war es nicht nur der Schatten einer Wolke, die über eine Ecke des Mondes glitt.
    Diesmal sah ich Affen.
    Ich befestigte das Handy wieder an meinem Gürtel, damit ich beide Hände frei hatte.
    Die Affen zogen weder in einem Rudel noch in einer Meute herum. Das richtige Wort für Affen, die sich zu einer Gruppe zusammengefunden haben, lautet weder Rudel noch Schwarm noch Herde. Es lautet Schar, aber im Zusammenhang mit diesen Affen spreche ich nur von dem Trupp oder der Truppe.
    In letzter Zeit habe ich viel über Affen gelernt, nicht nur was die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung einer Gruppe von ihnen betrifft. Würde ich allerdings in Florida wohnen, wäre ich aus ähnlichen Gründen ein Experte für Alligatoren geworden.
    Jedenfalls zog nun hier, tief in der Totenstadt, ein Trupp Affen vor dem Bungalow vorbei. Die Tiere bewegten sich in die Richtung, die ursprünglich auch ich eingeschlagen hatte. Im Mondlicht wirkten ihre Felle eher silbern als braun.
    Weil sie so hell schimmerten, konnte ich sie deutlicher ausmachen, als es sonst bei Nacht der Fall gewesen wäre. Trotzdem hatte ich Schwierigkeiten, sie zu zählen. Fünf, sechs, acht... Einige liefen auf allen vieren, einige hatten sich halb aufgerichtet, andere standen so aufrecht wie Menschen. Zehn, elf, zwölf...
    Sie bewegten sich nicht sehr schnell und hoben wiederholt die Köpfe, schauten nach vorn in die Nacht, nach rechts und nach links, manchmal auch argwöhnisch zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Obwohl ihr wachsames Verhalten auf Vorsicht oder sogar Furcht schließen ließ, vermutete ich, daß sie vor rein gar nichts Angst hatten, sondern etwas suchten, vielleicht etwas, das sie jagen konnten. Vielleicht suchten sie mich.
    Fünfzehn, sechzehn.
    In einer Zirkusmanege würde eine solche Schar Affen, bekleidet mit paillettenbesetzten Kostümen und roten Käppchen, wohl ein Lächeln, Gelächter und Freude hervorrufen.
    Die Exemplare hier tanzten jedoch nicht, machten keine Luftsprünge, schlugen keine Kapriolen, vollführten keine Freudentänze und spielten auch nicht auf kleinen Akkordeons.
    Keiner schien an einer Laufbahn im Showbusineß interessiert zu sein.
    Achtzehn.
    Es waren Rhesusaffen, die Spezies, die in der medizinischen Forschung am häufigsten eingesetzt wird, und alle befanden sich am oberen Ende der Größenskala ihrer Art:

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