Im Bann der Gefuehle
Leben“, erwiderte sie kopfschüttelnd. „Ich habe das nur gesagt, damit du mich in Ruhe lässt.“
Seine Augenbrauen rutschten zusammen und bildeten einen missmutigen Bogen in Richtung Nasenrücken. „Erzähl mir keine Märchen! Natürlich bist du mit jemandem zusammen.“
„Willst du etwa behaupten, ich lüge?“, fuhr sie auf und fühlte sich an einem wunden Punkt getroffen, der nie richtig verheilt war. Alessandro hatte ihr früher schon einmal nicht geglaubt. Warum sollten die Dinge sich auch geändert haben? Ihr bloßes Wort hatte schließlich noch nie ausgereicht.
Schmerz mischte sich in ihre Wut, und überhaupt hatte sie schon viel zu lange ihre quälenden Gefühle unterdrückt.
„Erspar mir dieses Kammerspiel um deine Unschuld!“, verlangte er in schneidendem Ton. „Schließlich bist du wohl kaum von ganz allein schwanger geworden. Oder willst du mir jetzt auch noch weismachen, es handelt sich bei dir um eine unbefleckte Empfängnis?“
„Mistkerl!“ Ehe sie sich versah, landete ihre flache Hand auf seiner Wange, und nur Sekunden später begann ihr ganzer Arm, unkontrolliert zu zittern. Carys konnte nicht fassen, dass sie Alessandro wirklich geschlagen hatte.
Dann erst erschloss sich ihr die Bedeutung seiner Kommentare. Er war gar nicht hier, um ihr Leo wegzunehmen! Natürlich nicht. Aus seinem Desinteresse und seiner Verachtung machte er schließlich schon seit gestern keinen Hehl. Offenbar waren weder Carys noch ihr Baby gut genug für die hochwohlgeborenen Kreise, in denen er sich bewegte.
Und ich habe für einen Moment geglaubt, er hätte sich geändert, dachte sie bestürzt, und hysterisches Gelächter stieg in ihr auf. Ich muss endlich begreifen, dass Alessandro nicht der Traummann ist, für den ich ihn früher einmal gehalten habe.
Diese schmerzhafte Erkenntnis zerriss ihr fast das Herz. Es war, als hätte er ihr auch noch das letzte, behütete Fragment ihrer naiven Fantasie aus den Händen gerissen und lachend darauf herumgetrampelt.
„Du bist wirklich einzigartig, Alessandro Mattani.“ Ihr Hals war rau und fühlte sich an, als hätte sie eine Handvoll Glasscherben hinuntergeschluckt. „Ich hätte wissen müssen, dass du dich nicht ändern kannst.“
„Ich? Mich ändern?“, wiederholte er überrascht, doch seine Miene blieb ruhig.
„Ja, du! Elender Feigling!“ Um ihrer plötzlichen Übelkeit Herr zu werden, presste sie eine Hand auf ihren Bauch. „Selbst nach all dieser Zeit weigerst du dich noch, deinen Sohn anzuerkennen.“
Diese Frau musste verrückt sein! Oder unheimlich durchtrieben. Er konnte noch immer nicht fassen, dass sie ihn tatsächlich ins Gesicht geschlagen hatte. Niemand, weder Mann noch Frau, wagte es, ihn derart zu beleidigen. Dennoch schien Carys in diesem Augenblick nichts wahrzunehmen, außer ihrer eigenen maßlosen Wut.
„Sei nicht albern!“, fuhr er sie an. „Ich habe kein Kind.“ Diesen Umstand würde er niemals vergessen, ganz gleich, wie schwer seine Verletzungen gewesen waren. Zudem war er aufgeklärt genug, um sich vor einer unerwünschten Vaterschaft zu schützen. Seine Beziehungen beschränkten sich auf kurze Affären, und er achtete dabei sehr auf den Erhalt seiner Gesundheit und seiner Familienehre.
„Jetzt erspare du mir bitte ein peinliches Kammerspiel, Alessandro!“, zischte sie. „Andere lassen sich vielleicht davon beeindrucken, aber ich sicherlich nicht. Das habe ich schon an dem Tag aufgegeben, als ich dich endgültig verließ.“
Seine Verwirrung wuchs, ebenso wie ihre Aggression. „Du bist sauer, weil unsere Beziehung zerbrach?“, fragte er.
Schließlich wusste er, wie wenig es den Frauen gefiel, nur einen vorübergehenden Teil seines Lebens mit ihm verbringen zu dürfen. Dabei spielte es keine Rolle, wer am Schluss wen verließ. Der Grund für die Trennung ging jedes Mal ausschließlich von Alessandro aus, weil seine Freundinnen einfach zu sehr auf die Aussicht schielten, eines Tages Contessa Mattani werden zu können.
Er dagegen machte sich überhaupt keine Illusionen bezüglich der Ehe. Für ihn war es eine reine Pflichterfüllung, um den Familiennamen fortzuführen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die er nur zu gern noch etwas länger vor sich herschob.
Carys rang sich ein trockenes Lachen ab. „Nicht einmal für Geld wäre ich länger bei dir geblieben“, gestand sie freimütig. „Nicht, nachdem ich dein wahres Gesicht kennenlernen durfte.“
Diese Vehemenz, dieser Hass waren völlig neu für Alessandro,
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