Im Bann der Gefuehle
brauchen wir“, widersprach er gelassen, „weil wir beide heiraten werden.“ Dann berührte er mit einer Hand ihre Wange. „Es ist der einzig vernünftige Weg. Dir muss doch klar gewesen sein, dass ich dich heiraten werde, sobald meine Vaterschaft bewiesen ist.“
Lange Zeit hingen diese Worte unkommentiert zwischen ihnen in der Luft, dann fiel die Schockstarre von Carys ab, und ihr Temperament gewann die Oberhand.
„Vaterschaft! Dein Kind hat einen Namen, verflucht noch mal! Er heißt Leo!“
Madonna mia! Mit ihren blitzenden sturmgrauen Augen und der Farbe auf ihren Wangen wirkte sie noch anziehender auf ihn als sonst. Stolz und wunderschön. Und sie würde ihm gehören, eine Alternative kam für Alessandro gar nicht infrage. Und dann würde er Carys und seinen wunderbaren Sohn immer um sich haben.
„Natürlich hat er einen Namen“, sagte er beschwichtigend. „Leonardo. Leo Mattani.“
„Nein!“, fuhr sie ihn an. „Sein Name ist Leo Wells, und das wird auch so bleiben. Vergiss diesen Blödsinn mit der Hochzeit!“
Er nahm ihre Widerrede nicht besonders ernst, sondern fragte sich plötzlich, ob sie im Bett ebenso leidenschaftlich und unnachgiebig war. Ein reizvoller Gedanke …
Nichtsdestoweniger musste er zuerst die Zukunft seines Sohnes sichern. Schließlich wusste Alessandro aus erster Hand, wie vergänglich mütterliche Liebe sein konnte. Diesbezüglich war keiner Frau über den Weg zu trauen, und der Ehevertrag würde über eine stabile Zukunft Leos bestimmen. Sein Juristenteam hatte Tag und Nacht daran gearbeitet, um ihn in so kurzer Zeit wasserdicht fertigstellen zu können. Und für Carys sprang eine großzügige Summe heraus, die sie sicherlich bei der Stange halten würde …
„Mein Sohn wird als Leo Mattani aufwachsen. Eine andere Möglichkeit steht überhaupt nicht zur Debatte.“
Doch so leicht ließ Carys sich nicht einschüchtern. „Seit seiner Geburt heißt er Leonardo Wells, und das ist bisher nie ein Problem für ihn gewesen.“
„Nennst du etwa eine uneheliche Geburt kein Problem ?“
„Es gibt weitaus Schlimmeres“, erwiderte sie etwas ruhiger und verschränkte die Arme vor ihrem Oberkörper.
„Und du willst meinen Sohn also weiterhin zwischen Zuhältern, Dieben und Drogensüchtigen großziehen?“, wetterte Alessandro und kam einen Schritt näher auf sie zu.
„Du übertreibst.“ Carys blieb äußerlich gelassen, obwohl er einen wunden Punkt bei ihr getroffen hatte. „So schlimm ist es dort gar nicht. Außerdem habe ich ohnehin vor, in absehbarer Zeit umzuziehen.“
„Wirklich? Und wie willst du mit deinem mickrigen Gehalt eine bessere Wohnung finanzieren?“
Dieser Angriff traf sie empfindlich, aber damit hatte sie rechnen müssen. Immerhin bekam sie die Gelegenheit, sich in ihrem jetzigen Job zügig hochzuarbeiten. „Ich habe bisher gut für Leo sorgen können und werde dies auch in Zukunft tun“, antwortete sie steif.
Für wenige Sekunden schien sein Blick sanfter zu werden. „Das ist bestimmt nicht immer leicht gewesen, so allein zurechtkommen zu müssen.“
Sie zuckte die Achseln. Es machte doch ohnehin keinen Sinn, darüber nachzudenken. Ihr Vater und ihre Geschwister, die über den ganzen Globus verteilt lebten, hatten seit Leos Geburt nicht einmal die Zeit gefunden, Carys und ihren Sohn zu besuchen. Stattdessen hatten sie Geschenke geschickt und nahmen auf ihre etwas trockene, distanzierte Art sicherlich Anteil an Carys’ Leben, trotzdem fühlte sie sich schrecklich einsam.
„Ich komme ganz gut zurecht.“ Sie war das Nesthäkchen in einer Familie von karrierestarken Einzelgängern, was nicht immer einfach war. „Leo und mir geht es bestens.“
„Ich finde dennoch, er hat mehr verdient.“
Hastig presste sie die Lippen aufeinander, um ihm nicht versehentlich spontan zuzustimmen. Die hingebungsvolle Mutter in ihr wollte Leo selbstverständlich alle Chancen im Leben einräumen. „Was er braucht, sind Liebe und ein gesichertes Umfeld. Das kann ich ihm ermöglichen.“
„Natürlich. Und wir können es ihm beide geben. Zusammen.“
War er etwa noch weiter auf sie zugekommen? Carys konnte plötzlich die Wärme seiner Haut spüren – oder war es ihre eigene?
„Es gibt kein Wir und auch kein Zusammen . Was wir einmal hatten, ist längst vorbei.“
Es starb vor zwei Jahren, als du mich mit einer anderen Frau betrogen und gleichzeitig mir Untreue vorgeworfen hast!
Aber sie sagte es nicht laut, denn es machte keinen Sinn, die Vergangenheit
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