Im Bann der Gefuehle
Elternteilen in einem stabilen Umfeld aufwachsen. Was hast du dagegen einzuwenden?“
„Aber wir beide mögen uns doch noch nicht einmal. Wie könnten wir dann als Ehepaar zusammenleben?“
„Wir haben den besten aller Gründe, um zu heiraten: die Erziehung eines gemeinsamen Kindes. Das hat ewig Bestand. Weshalb sollte man sich denn sonst zusammentun?“
Weil man sich liebt, antwortete sie stumm. Es gelang ihr nicht, die Beziehung zu Alessandro so sachlich einzuordnen, wie er es tat. Vermutlich waren Aristokraten an die Vorstellung einer Zweckehe gewöhnt, aber bei Carys lagen die Dinge definitiv anders.
„Es sei denn, du hast hier doch ein Auge auf jemand anderen geworfen?“, wandte er fragend ein, doch Carys schüttelte nur langsam den Kopf. „Gut, dann steht unserem Plan doch nichts im Wege.“
Unserem Plan! Erschrocken stellte Carys fest, wie nah Alessandro inzwischen an sie herangetreten war. Sein Atem streifte ihr Gesicht, und es fehlte nicht viel, bis seine Lippen ihre Haut berührten.
„Was geschieht denn, wenn du eines Tages einer Frau begegnest, die dir gefällt? Die du vielleicht sogar gern heiraten möchtest?“
„Das wird nicht passieren“, entgegnete er mit fester Stimme und klang dabei höchst überzeugend.
„Das kannst du nicht wissen.“
Sein schöner geschwungener Mund verzog sich zu einem souveränen Lächeln, das Carys schon oft an ihm gesehen, bewundert und auch gefürchtet hatte.
Wie gebannt starrte sie in Alessandros Gesicht – ganz dicht vor ihrem eigenen. Er war der Typ Liebhaber, dem Frauen reihenweise verfielen, weil er sie mühelos dazu bringen konnte, an eine gemeinsame Zukunft voller Glück zu glauben. Man kam sich in seiner Gegenwart vor wie der wichtigste und begehrenswerteste Mensch auf Erden, aber nur, wenn Alessandro es darauf anlegte. Sich zum Feind machen sollte man ihn allerdings nicht, denn er war nicht nur stolzer Herzensbrecher, sondern auch eiskalter Geschäftsmann.
Sie hatte immer gewusst, dass er einen Teil seiner selbst vor der Außenwelt versteckt hielt. Eine Art Einsamkeit und Trauer, die sich nach dem Tod seines Vaters noch vertieften. Carys bedrückte diese Leere, die sie in seiner Seele spürte, vor allem, weil es so wunderbar erfüllend war, mit ihm intim zu sein. Leider ließ Alessandro aber keinen Menschen wirklich nah an sich heran.
War er immer so gewesen, oder hatten Traumata diesen Persönlichkeitszug in ihm angelegt? Unweigerlich bekam sie Mitleid mit diesem schönen Mann, der so viel zu besitzen schien und nur so wenig fühlen konnte. Sie wollte die Hand nach ihm ausstrecken und … Was eigentlich? Ihm Liebe schenken? Mitgefühl und Trost spenden? Absurd.
„Ehe verpflichtet“, sagte er gerade und schien nicht zu bemerken, was sich hinter Carys’ Stirn abspielte. „Eine Liebesheirat stand niemals zur Debatte.“
Sie konnte sich denken, dass er sie auf das vorbereiten wollte, was sie nach der Hochzeit von ihm zu erwarten hatte. Er würde sich nach Belieben andere Frauen in sein Bett holen, so wie er auch Carys zu seiner Nebenaffäre gemacht hatte.
„Für mein Verständnis ist eine Scheidung unter allen Umständen ausgeschlossen.“
„Strafmaß lebenslänglich, was?“, sagte sie trocken.
„So hart wirst du es gar nicht finden, Carys, glaub mir!“
Sein Tonfall war weicher geworden, und Carys wehrte sich vehement gegen die verheißungsvollen Bilder, die Alessandro in ihrer Fantasie wachrief. Schließlich sprach er lediglich von Geld und Luxus, nicht von den Emotionen, die ihr so wichtig waren.
„Machst du dir gar keine Sorgen, dass ich einmal jemanden kennenlernen könnte, mich in ihn verliebe und nach einer Scheidung verlange?“, erkundigte sie sich spitz.
„Es wird keine Scheidung geben“, antwortete er knapp. „Und was das Verlieben angeht …“
Mit einer Hand umfasste er ihr Kinn, doch Carys machte sich entschlossen von ihm los. Sie würde sich nicht wieder von ihm vorführen lassen. „Keine Sorge! Ich glaube selbst kaum, dass ich mich in irgendjemanden verlieben könnte.“
Gebranntes Kind scheute eben das Feuer. Für wenige Sekunden blitzte so etwas wie Neugier in seinen Augen auf – oder hatte sie sich das nur eingebildet?
„Gut. Dann verstehen wir uns.“
„Moment mal!“, protestierte Carys. „Ich habe damit noch keiner Hochzeit zugestimmt!“
„Ich lasse dich allein, damit du in Ruhe den Vertrag lesen kannst“, verkündete er und wandte sich zum Gehen. „Es gibt eine Menge Vorbereitungen, die
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