Im Bann Der Herzen
fördern, ehe wir ihm alternative Möglichkeiten anbieten?«
»Zumal im Licht von Vaters unleugbarem Interesse an der Contessa«, sagte Constance. »Wir müssen die Tochter möglichst rasch von der Bildfläche verschwinden lassen, wenn wir seine Werbung fördern wollen.«
»Ganz zu schweigen davon, dass wir uns eine Stiefschwester wie sie vom Leibe halten wollen«, graulte Prudence sich. »Chas kann doch unmöglich unter einem Dach mit ihr leben.«
Chastity schauderte. »Grässliche Aussicht. Vor allem deswegen lud ich Douglas über Weihnachten ein. Und jetzt glaubt er sicher, die Einladung würde nicht mehr gelten.«
»Also, was unternimmt Chas jetzt?«, fragte Prudence und trank einen Schluck Kaffee.
»Warten, bis er den nächsten Schritt tut«, schlug Constance vor. »Mit dieser Entschuldigung kann er es nicht bewenden lassen.«
»Es sei denn, er wartet, dass ich darauf reagiere«, dachte Chastity laut nach. »Beharrliches Schweigen könnte er als Abfuhr auffassen.«
»Du kannst ihm ja ein Dankschreiben für die Blumen schicken«, meinte Prudence. »Das wäre angemessen.«
Chastity nickte. »Ja, das ist die Antwort. Ein kühler, aber höflicher Dank öffnet ihm wieder die Tür und gibt ihm Gelegenheit, sich zu zeigen.« Sie griff in ihre Handtasche und holte die Briefe hervor, die sie bei Mrs. Beedle geholt hatte. »Damit wäre dieses Problem für den Moment erledigt, denke ich, also sehen wir uns die restliche Post an.«
Sie trennten sich auf dem Bürgersteig vor Fortnum, Chastity, um nach Hause zu gehen und ihr Dankschreiben an Douglas zu verfassen und es nachmittags aufzugeben, Prudence um auf der Bank Geldbeträge, die bei The Mayfair Lady eingegangen waren, einzuzahlen, und Constance, um eine Versammlung der Frauenrechtsbewegung in Chelsea zu besuchen, über die sie in der nächsten Ausgabe der Zeitung berichten wollte.
»Probier zu Hause den Hut mit dem Kleid«, mahnte Prudence ihre Schwester. »Wir nahmen ihn nur zur Ansicht mit und müssen ihn morgen zurückbringen, falls er nicht passen sollte.«
»Sicher wird er passen«, sagte Chastity. »Wenn ihr es sagt.« Die Hutschachtel an der Schnur schwingend, küsste sie ihre Schwestern und trennte sich mit einem Abschiedswinken. Zu Hause angekommen, erfuhr sie von Jenkins, dass Lord Duncan seinem Weinlieferanten, Harpers in der Gracechurch Street, einen Besuch abstatte und zum Lunch nicht mit ihm zu rechnen sei.
»Wie gut, dass er wieder ausgeht«, bemerkte Chastity.
»Ja, allerdings, Miss Chas«, pflichtete Jenkins ihr bei.
»Seit kurzem zeigt Seine Lordschaft sich an allem viel interessierter.« Er schaute Chastity mit einer Frage im Blick an. »Ganz plötzlich, wie es mir scheint.«
»Ja«, sagte Chastity und fuhr leise und mit schalkhaftem Lächeln fort: »Unter uns gesagt, ich glaube, dass eine Frau im Spiel ist.«
Sichtlich bemüht, sich ein Verschwörerlächeln zu verkneifen, fragte Jenkins würdig: »Wirklich, Miss Chas? Wünschen Sie den Lunch einzunehmen?«
»Ja, bitte. Ich bin oben im Salon. Etwas Brot und Käse am Schreibtisch genügen, da ich arbeiten muss.« Sie lief die Treppe hinauf und dachte bei sich, dass Jenkins weniger erfreut sein würde, wenn er geahnt hätte, dass Lord Duncans momentanes Interesse sich von seinen üblichen flüchtigen Beziehungen mit meist etwas leichtlebigen Damen unterschied. Die Aussicht, eine neue Lady Duncan mit fremden Gepflogenheiten akzeptieren zu müssen, würde weder Jenkins noch Mrs. Hudson zusagen.
Und was soll aus mir werden ?, dachte Chastity, als sie den Salon betrat. Es war eine Frage, der sie ausgewichen war. Aber wenn nun eine Stiefmutter im Haushalt das Regiment übernahm? Sie ertappte sich bei einer Grimasse. Auch wenn man die Stiefmutter mochte, war es doch eine unangenehme Aussicht. Und wenn das Pech es wollte und es ihnen nicht gelang, Laura zuvor zu verheiraten, würde sie zusätzlich mit ihr unter einem Dach zusammenleben müssen! Keine Aussicht, die man ernsthaft in Betracht ziehen durfte. Sie würde ausziehen und bei einer ihrer verheirateten Schwestern wie eine heimatlose arme Verwandte wohnen müssen.
Chastity merkte, dass sie minutenlang stocksteif mitten im Raum gestanden und sich diese trübe Aussicht ausgemalt hatte. Energisch schüttelte sie den Kopf, als könne sie die ganze Idee damit abtun, und ging an den Sekretär. Je eher sie sich mit Douglas Farrell versöhnte, desto besser konnte sie ihn mit Laura bei jeder nur möglichen Gelegenheit zusammenhingen.
Eben hatte
Weitere Kostenlose Bücher