Im Bann Der Herzen
sie zu ihrer Schreibfeder gegriffen, als Jenkins anklopfte. Vermutlich mit Brot und Käse, dachte sie und drehte sich auf ihrem Stuhl .um, als sie ihn hereinbat. Aber Jenkins brachte kein Tablett, sondern eine silberne Platte, auf der eine Visitenkarte lag.
»Dr. Farrell hat seine Karte abgegeben, Miss Chas. Ich wusste nicht, ob Sie für Besucher zu sprechen sind.« Er präsentierte ihr die Karte.
»Ist er wieder gegangen?« Sie nahm die Karte entgegen und drehte und wendete sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Ich schlug vor, er solle im Salon warten, während ich mich vergewisserte, ob Sie anwesend sind oder nicht.«
Chastity überlegte kurz. »Ich glaube, ich bin da, Jenkins. Würden Sie Dr. Farrell ausrichten, dass ich gleich komme?«
Jenkins entfernte sich mit einer Verbeugung, und Chastity spielte mit den Fingerspitzen auf den Lippen eine Melodie. Douglas hatte also nicht gewartet, bis sie auf seine Ouvertüre antwortete. Ihre instinktive Reaktion waren warme Sympathie und Verständnis. Er musste wahre Höllenqualen an Reue und Verlegenheit wegen seines Benehmens ausgestanden haben und konnte es nicht erwarten, die dumme Angelegenheit hinter sich zu bringen. Also wollte sie sein Elend nicht unnötig in die Länge ziehen. Dann aber schwand ihre mitfühlende Reaktion ein wenig, als sie sich in Erinnerung rief, dass dies der Mann war, dessen Wesen zwei Seiten hatte und der sich eine klare Strategie zur Erlangung seiner Ziele zurechtgelegt hatte. Er wollte sie auf seiner Seite ... nein, er brauchte sie auf seiner Seite. Sie war diejenige, die ihm Zugang zur Gesellschaft eröffnete, diejenige auch, die willkommene Weihnachtseinladungen aussprach und es ihm damit ermöglichte, eines dieser Ziele zu verfolgen.
Nun, sie hatte eigene Ziele, die es zu verfolgen galt, und eines davon war es, diesen Mann schleunigst mit Laura della Luca zu verheiraten, so dass in diesem Punkt sein und ihr Ziel übereinstimmten. Ob seine Entschuldigung aufrichtig war oder nicht, war unwichtig, solange sie beide ihrem Ziel näher kamen.
Chastity stand auf und begutachtete ihr Spiegelbild. Ihr Haar war heute widerspenstiger Laune. Die kalte, trockene Luft ließ es knistern, ihre Löckchen wirkten ohne äußeres Zutun zerrauft. Sie versuchte einige der dichten Locken, die ihr Gesicht umrahmten, zu zähmen und mit den Fingern zu glätten, doch ringelten sie sich noch hartnäckiger. Eine echte Medusa, dachte sie seufzend.
Sie blickte an sich hinunter, wie um sich in Erinnerung zu rufen, was sie anhatte. Es war eines ihrer Lieblingskostüme, aus dunkelgrüner Wolle mit passendem Bortenbesatz. Der flotte Faltenrock wurde von einer langen, im Rücken gefältelten und die Hüften betonenden Jacke ergänzt. Sie musterte sich noch einmal im Spiegel und zog den hohen Kragen der hellgrünen Seidenbluse unter der Jacke unmerklich zurecht. Dann entschied sie mit innerem und tatsächlichem Achselzucken, dass es die perfekte Aufmachung war, um Entschuldigungen entgegenzunehmen, und ging zur Tür.
Ganz langsam schritt sie die Treppe hinunter und versuchte sich zurechtzulegen, wie sie ihren Besucher begrüßen würde. Mit kühler Liebenswürdigkeit, dachte sie und öffnete die Tür zum Salon.
Douglas stand am Fenster und blickte hinaus in den Garten, die Hände im Rücken unter seinem schwarzen Gehrock verschränkt. Beim Geräusch der Tür drehte er sich um, ein Lächeln erhellte seine Miene, als er sie entdeckte. Seine ausdrucksvollen schwarzen Augen leuchteten im kantigen Gesicht auf. Er ging mit ausgestreckten Händen auf sie zu. »Chastity, wie gütig von Ihnen, mich zu empfangen. Ich hatte es kaum zu hoffen gewagt.«
Dies war der Mann, den sie an jenem ersten gemeinsam verbrachten Abend in ihm entdeckt hatte. An ihm war nun keine Spur mehr von der verächtlichen Arroganz von gestern. Wie konnte er jetzt so anders sein? Auf geheimnisvolle Weise lösten sich Abneigung und Zweifel unter der aufrichtigen Wärme seines Lächelns in nichts auf. Ihre Hände verloren sich in seinem festen, umfassenden Griff, und sie unternahm nicht den Versuch, sie ihm zu entziehen. Er führte beide Hände an seine Lippen und küsste sie in einer Geste, die so zwanglos und natürlich war, dass Chastity sie nicht in Frage stellte, auch nicht, als sie im Hintergrund ihres Bewusstseins dachte, dass er sich fast wie ein Liebhaber benahm.
»Ihre Blumen sind herrlich«, sagte sie. »Ich war eben im Begriff, Ihnen schriftlich zu danken.«
Er hielt noch immer ihre Hände
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