Im Bann der Leidenschaft
unter dem Abendjackett zurecht. »Ich gehe in den Nobles Club. Wartet nicht auf mich.«
Zur Schlafenszeit saß Alisa vor ihrem Toilettentisch mit der weißen Moire-Decke und bürstete ihr Haar. Nikki berührte die schönen rotgoldenen Locken, und ihre Blicke trafen sich im Spiegel.
»Was sollen wir nur tun, Nikki?« klagte sie. »Zwei ungebärdige Jungs auf einmal in der Stadt! Stell dir die Skandale vor, die Sasha und Wolf heraufbeschwören werden! Dabei ist eben erst Gras über den Zwischenfall mit Krasskov gewachsen. Glücklicherweise ist er am Leben geblieben.«
»Mach dir keine Sorgen, mein Schatz. Haben wir’s nicht immer wieder geschafft, Katastrophen abzuwenden?«
»Aber Sasha mußte dieses Mädchen aus dem Kaukasus heiraten. Nicht einmal du konntest es verhindern. War es denn wirklich nötig?«
»Allerdings. Wie ich dir schon oft genug erklärt habe – das war er seiner Ehre schuldig.«
»Und jetzt Wolf! Und Katelina! Seine amourösen Attacken haben sie zutiefst verstört. Wo sie ihrem Stefan doch immer treu war!«
Nikkis Augen verengten sich, als er an die zahlreichen Seitensprünge seines Schwiegersohns dachte. Diesem Kerl hätte Katelina längst eine Lektion erteilen müssen.
»Offenbar ist Wolf nicht an solche Abfuhren gewöhnt«, fügte Alisa hinzu. »Ich hoffe nur, jene gräßliche Szene wird sich nicht wiederholen, wenn er zurückkommt. Eigentlich sollte er verstehen, daß Katelina eine verheiratete Frau und nicht an seinen Avancen interessiert ist. Wirklich, diese Leute aus den Bergen strapazieren meine Nerven. Man kann einfach nicht vernünftig mit ihnen reden wie mit normalen Menschen. Versteh mich nicht falsch – ich finde Wolf sehr nett. Aber er ist so …«
»Unkontrollierbar?«
»Ja, genau. Ich habe ein ungutes Gefühl. Wirst du Wolfs und Sashas Eskapaden in den Griff kriegen?«
»Natürlich. Früher war ich ebenso unkontrollierbar, und ich habe von meinem Vater gelernt, wie man damit umgeht. Mit Geld und Einfluß lassen sich alle Probleme lösen. Das funktioniert schon seit Jahrhunderten. Wenn es jemand wagt, dich auf diesen langweiligen Teeparties mit Klatschgeschichten über meine verworfenen Söhne zu beleidigen, sag einfach, das Laster liege nun mal im Kuzan-Blut. Beruhige dich. Weder den beiden Jungs noch Katelina wird ein Leid geschehen. Und jetzt gehen wir ins Bett.« Zärtlich strich er über den Satin, der Alisas Schultern bedeckte. »Warum hast du dich in den letzten fünfundzwanzig Jahren kein bißchen verändert?«
Sie stand auf, wandte sich lächelnd zu ihm und legte die Arme um seinen Hals. »Weil ich jede Woche fünf Tage lang hungere, um für dich schlank zu bleiben, du Lüstling.«
»Ah, das gefällt mir! Eine pflichtbewußte Ehefrau!«
8
Einen Tag nach Alex Ankunft in Petersburg häuften sich pastellfarbene, parfümierte billets-doux auf dem Kaminsims seines Schlafzimmers und erinnerten ihn an seine Junggesellenzeiten. Das Verhalten des Prinzen am ersten Abend seines Aufenthalts in der eleganten Stadt bewies allen interessierten Damen, daß wieder mit ihm zu rechnen war. In diesen letzten Monaten hatten sie ihn schmerzlich vermißt.
Eine Matrone in grauem Bombasin thronte in einem vergoldeten Sessel, beobachtete die Gäste auf dem Ball der Natazins und flüsterte ihrer Freundin zu: »Oh, Nikkis Junge wendet seine alten Tricks an. Ganz der Vater – trinkt zuviel, spielt zu oft. Offenbar hat er seine schwangere junge Frau auf dem Land zurückgelassen.«
»Ja, die Ärmste kann einem wirklich leid tun. Andererseits durfte man von Sasha nicht erwarten, er würde sich plötzlich in einen Tugendbold verwandeln.«
»Ich glaube, er wird die gesellschaftlichen Veranstaltungen angenehm beleben. Trotz seines wilden Temperaments muß man ihn einfach mögen.«
Nach diesem ersten Abend nahm Alex die Einladungen von sechs ehemaligen Liebhaberinnen an, um alte Freundschaften zu erneuern.
All die hübschen Damen umschwirrten ihn wie Harem-Huris , kämpften um die Position der Favoritin, und er genoß ihre Bewunderung in vollen Zügen. Warum auch nicht, nachdem seine Ehefrau davongelaufen war?
In den Clubs wurden Wetten darüber abgeschlossen, wie lange er seine hektischen amourösen Aktivitäten durchhalten würde. »Sogar der berüchtigte Bogenschütze mußte irgendwann ermüden«, meinte ein Mitglied des Nobles Clubs.
»Zweifellos wird er die Wünsche aller Damen erfüllen«, meinte sein Freund. »Wenn er sich vorher nicht zu Tode säuft …«
Niemand wagte zu
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