Im Bann der Leidenschaften
unterstützt das Streichquartett die beiden Akkordeonspieler. Ein Schlagzeuger und ein Pianist sind außerdem dazugekommen. Mein Dad und meine Mom tanzen ebenfalls, Philippe tanzt mit seiner Mutter. Ich will nur noch nach Hause.
„Ab mit euch auf die Tanzfläche“, ruft Philippe in die Menge, woraufhin sich die Tanzfläche sofort füllt.
Beim nächsten Lied ist es soweit. Philippes Dad übergibt mich an Jerôme.
„Muss das wirklich sein?“, stöhne ich. Ich habe geahnt, dass das auf mich zukommt, würde aber spätestens jetzt am liebsten mit wehenden Fahnen aus dem Saal rennen.
„Als Trauzeuge ist das mein Privileg.“
„Mir brennen die Füße“, bäume ich mich auf, während Jerôme meine rechte Hand ergreift und einen Arm unterhalb meiner Schulterblätter positioniert. Seine große Hand drückt sich warm und fest durch mein Kleid und mein Körper reagiert sofort mit einem erhöhten Puls darauf. Oh nein! So war das nicht abgemacht!
„Ich bezweifele, dass es ein Privileg ist, mit mir zu tanzen“, versuche ich einen letzten verzweifelten Versuch, mich aus der Affäre zu ziehen.
„ Schscht“, macht Jerôme. Das Lied erklingt. Es ist Annie’s Song. Wie passend. Jerômes Griff ist fester als mein Mieder, als er sich an mich drückt und mich im Takt der Musik über das Parkett führt. Ich fühle mich klein und zart, muss überhaupt nichts tun und vergesse sogar zu zählen. Trotzdem bleibe ich im Takt. Ich kann Jerômes Parfüm riechen. Ein Hauch von Moschus macht sich in meiner Nase breit und am liebsten würde ich meinen Kopf an seine Brust legen.
„Schließ die Augen, Annie“, raunt Jerôme in mein Ohr.
„Einen Teufel werde ich tun“, gebe ich zurück, doch bei der nächsten Drehung befolge ich seine Anweisung. Überrascht stelle ich fest, dass ich immer noch im Takt bin. In Jerômes Armen habe ich keinerlei Mühe, mich zur Musik zu bewegen. Es kommt mir vor, als würde ich bewegt. Rechts herum, links herum, ich folge jeder seiner Bewegungen.
„Du machst das wunderbar“, lobt Jerôme und wirbelt mich noch eine Spur schneller im Kreis herum. Inzwischen ist Annie’s Song übergegangen zu Adeles Someone like you. Niemand ist da, um Jerôme abzulösen. Er zieht mich noch eine Spur näher an sich heran und führt mich mit sicheren, langsamen Schritten. Wir tanzen keinen Walzer mehr, ich weiß nicht, was wir tanzen, dennoch setze ich meine Füße sicher auf das Parkett. Nach wenigen Takten, habe ich das Gefühl zu schweben.
Ich zucke zusammen, als Jerôme seine Wange gegen meine Stirn lehnt. Warum zum Teufel spielen sie dieses verdammt langsame Lied? Wer hat sich das nun wieder ausgedacht?
„ Schscht“, macht er wieder. „So tanzen hier alle.“
Misstrauisch sehe ich mich um. Jerôme hat recht. Niemand hält großartig Abstand. Die Leute haben Spaß. Philippe hält irgendeine Cousine eng umschlungen. Ich entspanne mich und lasse es zu, dass Jerôme seine Wange wieder an meine Stirn lehnt und mich langsam über die Tanzfläche führt, mitten in die Menge hinein. Es fühlt sich so gut an, in diesen starken Armen zu liegen und sich der Musik hinzugeben. Ich gebe mich doch der Musik hin, oder?
Die Härchen auf meinen Armen stellen sich auf, als Jerôme ganz leicht seine Finger auf meinen Rücken bewegt. Ich spüre seinen warmen Atem an meiner Schläfe. Ganz automatisch drücken sich meine Brüste gegen seinen breiten Brustkorb. Ein verräterisches Ziehen macht sich in meinen Brüsten bemerkbar und meine Nippel pressen sich von innen gegen das Mieder. Aus den Augenwinkeln heraus sehe ich, wie sich die weiche Haut meines Dekolletés unter meinen heftigen Atemzügen hebt und senkt. Ich will meinen Unterleib gegen Jerôme pressen, was die dicken Stoffschichten des Brautkleides glücklicherweise verhindern.
Mein Gott, wenn mich jemand beobachtet … Wenn Philippe sieht, was mit mir los ist. Hilfe! Verdammt, ich will ihn, ich will Jerôme. Jetzt! Das Ziehen in meinen Brüsten hat sich auf meinen Unterleib ausgedehnt. Ich bin sowas von erregt. Ich fasse es nicht. Was für eine Wirkung dieser Mann auf mich hat! Wie kann das sein? Ich liebe ihn nicht! Ich liebe Philippe! Und ich will Philippe nicht verlieren. Himmel, Herrgott! Dies ist meine Hochzeit! Abrupt bleibe ich stehen. Ich muss total besoffen sein! Zumindest wäre das eine Erklärung für meine aus dem Ruder laufenden Gefühle.
Jerôme sieht zu mir herab. Seine Augen sind groß und dunkel. Er weiß ganz genau, was in mir vorgeht. Auch er ist
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