Im Bann der Leidenschaften
voller Begierde. Zwar kann ich es wegen meines Kleides nicht fühlen, doch ich bin mir sicher, dass sich unter dem Stoff seiner Hose eine ordentliche Erregung abzeichnet.
„Bitte.“ Flehend sehe ich ihn an. Da stellt er einen gebührenden Abstand zwischen uns her und lenkt mich züchtig, wie es sich gehört, über das Parkett. Im gleichen Moment tut mir meine Reaktion leid, doch das geht nicht. Nicht hier, nicht jetzt. Überhaupt nicht. Niemals wieder.
Ich bin so froh, als das Lied verstummt. Gleichzeitig bin ich aufgewühlt und verzehre mich vor Sehnsucht nach Jerômes Umarmung. Ich bin wahnsinnig.
Um mich abzulenken trinke ich noch ein Glas Wein und statte meinen Verwandten, die so weit angereist sind, um zu meiner Hochzeit zu kommen, einen Besuch ab. Die meisten ziehen es vor, an Tischen zu sitzen und sich miteinander zu unterhalten. Philippes Verwandte dagegen befinden sich fast ausnahmslos auf der Tanzfläche. Sein Vater tanzt mit meiner Mutter, meine Mutter treibt Dad über das Parkett. Armer Dad. Bestimmt schwitzt er vor Unbehagen.
Während mir irgendwelche Tanten erzählen, wie niedlich ich doch als Kind war, und wie schön das Hotel und überhaupt die ganze Hochzeitsfeier ist, huscht mein Blick immer wieder zur Tanzfläche. Philippe beglückt nacheinander alle seine Tanten und Großtanten, Cousinen und Bekannten mit einem Tänzchen. Auch meine Freundinnen befinden sich auf der Tanzfläche. Philippes Freunde haben sich ihrer angenommen. Vermutlich hat Philippe sie dazu angestiftet. Auf meiner Hochzeit scheint jeder seinen Spaß zu haben. Jeder, außer mir.
Nach außen hin lächele ich, innerlich weine ich bitterlich. Wenn das so weitergeht, brauche ich einen Psychiater.
Ich entschuldige ich mich den Geschwistern meiner Mutter aus Oklahoma und verlasse den Saal. Ich brauche ein paar Minuten für mich allein, sonst drehe ich durch. Langsam gehe ich den langen Gang entlang, der hinter dem Ballsaal liegt, schaue durch die deckenhohen Fenster auf die romantisch erleuchtete Terrasse des Hotels. Solche Großereignisse sind nichts für mich. Zu viele Menschen machen mich krank. Seit dem Aufstehen hatte ich keine ruhige Minute.
Leise dringt die Musik aus dem Ballsaal zu mir. Auf dem Gang bin ich allein. Kurz entschlossen trete ich auf die Terrasse, sehe mich kurz um und laufe in den Garten, der den symmetrischen Gärten des Schlosses von Versailles nachempfunden ist.
Natürlich ist der Hotelgarten sehr viel kleiner, doch er ist genauso wunderschön. Vor allem ist niemand außer mir hier draußen. Gierig atme ich die frische, schon etwas kühle Herbstluft ein und betrachte die Beete, die aussehen wie riesige Tattoos. Es graut mir davor, dass ich gleich wieder zurück in den Saal muss. Irgendwann wird die Hochzeitstorte angeschnitten. Dabei kann ich wohl kaum fehlen. Aber ein paar Minuten habe ich sicher.
Ich laufe zwischen zwei Beeten durch, an deren Rändern unzählige zu Kugeln und Kegeln zurechtgestutzte Buxbäume in Kübeln stehen. Am Endes des Ganges liegt ein grünes Labyrinth, ein Irrgarten aus Hecken.
Als ich den Irrgarten betrete, legt sich mir eine Hand auf meine rechte Schulter.
Ich zucke zusammen, wirbele auf dem Absatz herum.
„Nicht erschrecken“, vernehme ich eine vertraute Stimme. Im selben Moment umschließen mich zwei starke Arme und ich sehe in ein Paar schwarze, glänzende Augen.
„Was soll das, Jerôme?“
Ich versuche mich loszureißen, doch Jerôme hält mich fest.
„Ich bin dir gefolgt.“
„Lass mich los, Jerôme, ich bin eine verheiratete Frau.“
In dem Moment landen seine Lippen auf meinen.
„Nein“, stoße ich hervor, während Jerômes Zunge meine Lippen streichelt. Ich lege meinen Kopf in den Nacken, will nach hinten ausweichen, doch Jerôme folgt mir.
„Ich bin verrückt nach dir“, stöhnt er. Seine Lippen wandern meinen Hals entlang. Seine kräftigen Hände umschlingen meinen Oberkörper.
Oh. Mann. Ich darf das nicht. Das darf nicht sein. Warum nur macht Jerôme mich so an? Ich bin verheiratet. Ich sollte jetzt da drinnen, in diesem Ballsaal sein, und mit meinem Mann tanzen. Stattdessen fegt ein Schauder der Wonne nach dem anderen durch meinen Körper. Dieser große Kerl, der mich an einen Boxer erinnert, und der so teuflisch gut aussieht, erregt mich bereits, wenn ich ihn nur ansehe. Da muss ich mir nichts vormachen. Das ist ganz einfach so. Ob es mir nun passt oder nicht.
„ Jerôme, das darf nicht sein“, keuche ich. Wie vorhin beim Tanzen führt er
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