Im Bann der Liebe
Fingerspitze zog Aubrey einen federleichten Kreis auf ihren Bauch um den Nabel. Trotz ihrer Entschlossenheit, nicht zu reagieren, wand sich Susannah unter seiner Liebkosung.
Er lachte und küsste sie, und dann war alles verloren.
»Die Leiche von Delphinia Parker ist in der Nähe des Hafens angetrieben worden«, verkündete John Hollister. Er war gekommen, um den Fairgrieves die Nachricht persönlich zu überbringen. Susannah sah aus den Augenwinkeln, wie ihr Mann sich für Weiteres wappnete. »Sie haben Ihren Bruder als Mörder verhaftet.«
Aubrey schloss die Augen, und Susannah legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Warum Ethan?«, fragte sie.
Hollister seufzte. »Die beiden hatten Streit, ehe sie verschwunden ist, daran gibt es keinen Zweifel.« Er sah Aubrey an. »Wenn Sie nicht verletzt gewesen wären, hätten auch Sie als Verdachtsperson gegolten.«
»Was ist mit ihr passiert? Wie wurde sie getötet?« Mit aschfahlem Gesicht wartete Aubrey auf Hollisters Antwort. Der ließ sich Zeit. Als er sprach, war der Grund dafür klar.
»Der Täter hat ein Messer benutzt. Sie war fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt, aber der Manager des Pacific Hotels hat sie identifizieren können. Sie hatte eine Suite bei ihm gemietet, seit...« Er warf einen Blick auf Susannah und räusperte sich. »Seit Sie mit ihr bekannt waren.«
Aubrey stieß den Atem aus. Was immer er für Delphinia empfunden hatte, er hätte ihr nie den Tod gewünscht, schon gar nicht auf so grausame Weise, und Susannah natürlich auch nicht. »So etwas könnte Ethan nicht tun. Er kann ja nicht mal eine Forelle ausnehmen.«
»Sie hat auf ihn geschossen«, gab Hollister zu bedenken, »und seinen Bruder fast totschlagen lassen. Hat ihn beschuldigt, dass er sie hätte vergewaltigen wollen ...« Wieder sah er Susannah an und verstummte.
»Ich habe das Wort Vergewaltigung schon einmal gehört«, warf sie spitz ein. »Mein Mann hat Recht, Ethan ist eines Mordes nicht fähig, und ich glaube nicht, dass es ihm je in den Sinn käme, sich einer Frau aufzuzwingen.«
»Schon gar nicht dieser«, gab Aubrey zu bedenken. Dann sah er Hollister an. »Ist eine Kaution festgesetzt worden?«
Der ehemalige Pinkerton-Mann schüttelte den Kopf. Hut und Stock lagen neben einem sehr umfangreichen Buch von einem Autor namens Adam Smith auf einem Tischchen neben ihm, und fast mit Erleichterung griff er jetzt danach. »Man hat ihn als gefährlich eingestuft«, erklärte er, räusperte sich und erhob sich. »Tatsache ist, dass einige sagen, er sei nicht mehr ganz richtig im Kopf, seit diese chinesische Frau das Land verlassen hat - die, die er heiraten wollte.«
Aubrey seufzte erschöpft auf. »Sie brauchen mir nicht zu erklären, wer Su Lin ist, Hollister. Ich erinnere mich nur zu gut an sie. Ethan hat die Frau geliebt, und es hat ihm das Herz zerrissen, als sie gegangen ist. Er ist durch die Hölle gegangen, und sie sicher auch. Aber er hätte Delphinia oder sonst jemanden niemals getötet, dessen bin ich mir sicher.«
Hollister warf einen besorgten Blick zur Tür. »Irgendjemand hat die Frau getötet«, erklärte er müde, »und im Moment ist Ihr Bruder der wahrscheinlichste Verdächtige.«
Auch Aubrey erhob sich. »Nein«, widersprach er.
Susannah unterdrückte den Drang, ihren Arm um ihn zu legen. Sie wusste, dass ihm im Moment eine tröstende Geste höchst unwillkommen wäre. »Dürfen wir Ethan besuchen?«, fragte sie.
Aubrey warf ihr einen überraschten Blick zu. »Du gehst nicht in die Nähe eines Polizeireviers«, wies er sie an. »Das ist kein Aufenthaltsort für eine Frau.«
Susannah war bereit, das Letzte ausnahmsweise zu überhören, weil Aubrey immer noch schwach war und im Moment unter großem Druck stand. Sie ließ ihn zurück und begleitete Mr. Hollister zur Tür. Sie öffnete, und ein kalter Windstoß kam ihnen entgegen. Aubrey, der noch nicht so schnell gehen konnte, wartete an der Tür seines Arbeitszimmers und sah ihnen zu.
»Ist es Ihnen nie in den Sinn gekommen«, flüsterte Susannah Mr. Hollister zu, »dass genau die Leute, die meinen Mann fast umgebracht hätten - mit Delphinia als Auftraggeberin, wenn ich das betonen darf-, sich vielleicht gegen sie gewendet haben? Außerdem hätte ich den Mord genauso leicht begehen können wie Ethan.«
»Wohl kaum«, meinte Hollister, klang aber müde und entmutigt. Susannah empfand Mitleid. »Wer immer diese Frau umgebracht hat, war stark, Mrs. Fairgrieve. Stärker als Sie.« Er seufzte und setzte
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