Im Bann der Liebe
lachte grimmig und zog seine Jacke aus. »Nicht direkt.« Er sah zu, wie sein Bruder die Sachen weghängte. »Mein lieber Bruder hier hat die Polizei zusammen mit John Hollister davon überzeugt, dass ich bei Hinterlegung einer Kaution nicht weglaufen würde.«
»Ha, ha«, höhnte Aubrey und ging in Richtung Arbeitszimmer. »Sie haben dich nur rausgelassen, weil ich alles, was ich besitze, dafür in die Waagschale geworfen habe, dass du am Verhandlungstag noch hier sein wirst.«
Ethan hielt inne und sah völlig verblüfft aus. »Was hast du gemacht?«
Aubrey war jetzt an der Tür und drehte sich um. »Du hast mich doch gehört.«
Der jüngere Bruder trat einen Schritt auf den älteren zu und blieb dann wieder stehen. »Und wenn ich mich nachts davonschleiche, meinen Namen ändere und ins Nichts verschwinde ... ?«
»Das wirst du nicht«, erwi derte Aubrey ruhig. »Dann müss test du Ruby zurücklassen, wenn du keine Fliehende aus ihr machen willst.«
Ethan sagte nichts. Dann hob er die Arme in einer Geste, die alles umfasste, was Aubrey betraf. »Alles?«, staunte er.
Aubrey grinste. »Alles.«
»Warum?«
»Dumme Frage, weil du mein Bruder bist, natürlich.« Er zwinkerte Susannah zu, drehte sich um und trat in sein Zimmer, Ethan folgte ihm. Beide Männer blieben lange darin und redeten, und Susannah fütterte Victoria, erzählte ihr eine lange, ausgedachte Geschichte und legte sie dann schlafen.
Maisie fand es albern, dass Susannah der Kleinen so viel erzählte, aber Susannah war fest davon überzeugt, dass man sich um Babys viel zu wenig kümmerte. Sie wusste selber noch, wie es war, als Kind übersehen, nicht angesprochen zu werden, als ob man erst ab einem bestimmten Alter zählen würde.
Victoria sollte mit einem gesunden Selbstbewusstsein groß werden, von Anfang an eine Persönlichkeit sein, die ernst genommen wurde.
Susannah stieg gerade die Treppe hinunter, als es an der Tür klingelte. Davor stand Hollister, Ethans Anwalt, mit seiner Schwester Ruby. Beide sahen so erschöpft aus, dass Susannah sofort Mitgefühl empfand.
»Kommen Sie doch herein«, hieß sie sie willkommen und trat zurück, damit sie in den warmen Flur kommen konnten.
»Mr. Fairgrieve hat Ihnen nicht gesagt, dass wir kommen«, stellte Ruby fest. Sie war sehr jung und hübsch und trat mit einer Selbstsicherheit auf, die Susannah bewunderte.
John lächelte. »Sie meint Ihren Mann mit Mr. Fairgrieve«, erklärte er. »Er hat uns zum Abendessen eingeladen. Ich hoffe, dass das für Sie nicht ungelegen kommt.«
Susannah lachte und schloss die Tür. »Um ehrlich zu sein, habe ich über das Essen noch gar nicht nachgedacht, aber Maisie hat bestimmt für alles gesorgt. Schön, dass Sie da sind.«
Jetzt kam Ethan aus dem Arbeitszimmer, und als Susannah den Blick sah, den er Ruby schenkte, schlug ihr Herz höher.
Aubrey mochte nicht an die Liebe glauben, aber es war ganz eindeutig, dass Ethan es tat.
Ruby trat auf ihn zu und sah zu Ethan auf, und ihr Gesicht war genauso beredt wie seines. Susannah empfand fast so etwas wie Neid, und als sie Aubreys Blick auffing, bemerkte sie, dass er sie nachdenklich betrachtete.
Trotz der düsteren Wolke, die über ihnen hing, verlief das Abendessen nett und fröhlich mit Gesprächen über Politik und Stadtereignisse. Maisie hatte mit Ellies Hilfe ein regelrechtes Festessen auf die Beine gestellt, von dem nichts übrig blieb.
»Das war köstlich«, lobte Susannah die beiden Frauen, als sie mit hochgekrempelten Ärmeln in die Küche kam. Sie wollte abwaschen und hatte die Gäste in Aubreys Obhut gelassen. »Vielen Dank Ihnen beiden.«
Maisie nahm das Lob zur Kenntnis, verhielt sich aber unnachgiebig. »Gehen Sie nur und reden Sie mit Ihren Gästen«, verlangte sie, »Ellie und ich machen das schon.«
Susannah fühlte sich ausgeschlossen, obwohl sie wusste, dass die Frauen es nur gut meinten. Aber Protest wäre sinnlos gewesen, also ging sie hinaus.
Ruby und John verabschiedeten sich recht bald, und danach wirkte Ethan ganz verloren. Unruhig lief er auf und ab, bis Aubrey sich erhob und feststellte, dass es Zeit sei, ins Bett zu gehen.
Susannah wünschte Ethan, der bei ihnen bleiben würde, eine gute Nacht und ergriff Aubreys Arm, als sie die Treppe hochstiegen. Wie erwartet, stellte sich heraus, dass Aubrey längst nicht so müde war, wie er vorgegeben hatte.
Am nächsten Morgen kam Zacharias mit Geld in der Hand und bat um eine spontane Unterrichtsstunde. Susannah entging nicht, dass er
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