Im Bann der Liebe
Stimme fest. Mühsam beugte er sich vor und küsste sie auf die Schläfe. »Es ist nichts Unrechtes daran, dass wir zusammen sind, Susannah. Was man auch über Julia sagen konnte - ihr Kind hätte sie bestimmt geliebt. Meinst du nicht, sie wäre froh zu wissen, dass du dich um Victoria kümmerst?«
Susannah kämpfte mit den Tränen. Aubrey hatte Recht, Victoria brauchte sie, das würde sogar Julia zugeben. Sie muss-te sich dieses Glück jetzt erlauben, entschied Susannah, egal, von welch kurzer Dauer es war. Es war gut möglich, dass ihr Mann bald genug von ihr haben würde - Männer seiner Stellung hielten sich alle eine Geliebte - aber bis dahin wollte sie ihn genießen. Wenn es der Himmel zuließ, würde Victoria sogar ein oder zwei Geschwister bekommen und das riesige Haus würde sich mit Frohsinn und Lachen füllen.
»Susannah?«, drängte Aubrey.
»Ja«, stimmte sie ihm zu. »Ich bin sicher, Julia würde wollen, dass ich mich um Victoria kümmere.«
Er lag auf der Seite, hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und sah sie an. Bis auf den Verband um die Rippen war er herrlich nackt. »Im Frühjahr reisen wir nach Europa. Würde dir das gefallen?«
Verblüfft sah sie ihn an. Ihr ganzes Leben lang hatte sie davon geträumt, über das Meer zu fahren und Städte wie Venedig, Madrid, Paris und London kennen zu lernen, aber nie hätte sie gedacht, tatsächlich einmal dort hinzukommen. »Das ist nicht dein Ernst«, sagte sie.
Er lachte. »Oh, doch. Du wirst den Anblick genießen, und ich werde deine Freude genießen.«
Susannah war im Begriff gewesen aufzustehen, denn es war mittlerweile heller Tag und es gab sicher viel zu tun, aber die Aussicht auf so eine Reise vertrieb alles Verantwortungsbewusstsein. »Und was ist mit Victoria?« Sie hielt den Atem an, während sie auf seine Antwort wartete. Wenn Victoria hier bleiben sollte, würde auch sie in Seattle bleiben. Viele Leute reisten ohne Kinder, aber sie nicht.
»Wir nehmen sie mit«, erklärte Aubrey leichthin. »Und ein Kindermädchen, natürlich.«
Susannahs Augen wurden groß. Es war unvorstellbar - Europa. »Wie lange werden wir weg sein?«
»Fünf oder sechs Monate, nehme ich an«, erwiderte Aubrey. »Es macht keinen Sinn, so weit zu reisen, wenn man sich nicht die Zeit nimmt, alles genau anzusehen.«
Rom, dachte Susannah, Florenz, vielleicht Wien und Nizza. »Und der Laden ... ?«
»Den kann Hawkins sehr gut ohne mich führen. Vielleicht sogar besser.«
Obwohl Susannah sich vorgenommen hatte, nicht mehr an Julia zu denken, schon gar nicht, wenn sie mit ihrem Mann im Ehebett lag, fielen ihr unwillkürlich die Briefe ein, die Julia ihr geschrieben hatte, als es mit ihrer Ehe angefangen hatte, bergab zu gehen. Er denkt an nichts anderes als seinen grässlichen Laden ...er hat alles Geld, das er braucht... er hat sich eine Geliebte genommen, Susannah. Warum will er bei ihr sein und nicht bei mir?
»Susannah.« Er hob eine Braue.
»Du bist verändert«, erklärte sie.
Sein Gesicht wurde ernst. »Inwiefern?« Sie wollte den Blick abwenden, aber er hielt ihr Kinn fest. »Sag es mir«, verlangte er.
Sie schluckte. »Dir bedeutete der Laden einmal alles, mehr als Julia.«
Er seufzte, und es klang bedauernd. »Die Dinge ändern sich, Susannah. Die Menschen ändern sich.«
»Situationen ändern sich, aber Menschen? Nach meiner Erfahrung nicht allzu viel.«
Er lächelte. »Hast du schon viel Erfahrung?«, neckte er sie.
Doch sie blieb ernst. »Ich habe den Eindruck, dass der Mensch seinen Charakter schon früh im Leben entwickelt, früher als er Lesen und Schreiben lernt, entwickelt er Vorlieben und Abneigungen. Sieh dir Victoria an. So klein sie noch ist, sie zeigt dennoch schon geistige Unabhängigkeit, und dickköpfig scheint sie auch zu sein. Sie ist klug und wird einmal sehr schön, sich dessen aber auch sehr bewusst sein. Demut wird nicht ihre stärkste Seite sein.«
Aubrey musste lachen. »Woher willst du das wissen?« Er zog ihr das Laken weg, sodass ihre Brüste freilagen, an denen er sich in der vergangenen Nacht so erfreut hatte. Jetzt betrachtete er sie bewundernd. Er zog das Laken noch tiefer, und als sie nach seiner Hand greifen wollte, hielt er sie fest. »Oh, nein«, wehrte er ab. »Du bist meine Frau, ich darf dich ansehen.«
Ein heißer Schauer ergriff Susannah und ließ sie erröten. Jetzt erst erkannte sie, dass sie nicht mehr ausschließlich ihr eigener Herr war, in gewisser Weise gehörte sie jetzt Aubrey.
Mit einer
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