Im Bann der Liebe
Sie hofften geradezu auf Gewalt.
»Alle bleiben, wo sie sind«, bestimmte Ethan laut. »Das geht nur Su Wong und mich etwas an.«
Der Chinese zischte etwas über Aubrey und einen Bankkredit.
Susannah war verstört über die Anspielung, konnte das Thema aber nicht weiterverfolgen. Der Chinese fuhr fort, Ethan zu beschimpfen. Irgendwann verstand sie ihn nicht mehr, sah nur seine Wut.
Ethan schloss die Augen und hob die Hände. »Genug«, sagte er ruhig.
Da wurde Susannah klar, dass der Mann wahrscheinlich Su Lins Vater, Bruder oder Onkel war. Sein Alter war schlecht zu schätzen. Er trug die Standardkleidung von schwarzem Hemd und Hose, und ein dünner, langer Zopf hing ihm den Rücken herab.
Als Susannah hinter den Fässern hervorkam, hinter denen sie sich versteckt hatte, schrie der Chinese etwas Unverständliches, bedeckte sein Gesicht dann mit den Händen und wandte sich in tiefer Trauer von Ethan ab. Susannah blieb betroffen stehen. Ethan sprang von dem Kistenstapel, legte dem Mann tröstend die Hand auf die Schulter, zog sie dann aber vorsichtig zurück. In dem Moment entdeckte er Susannah.
»Himmel!«, stieß er hervor und trat auf sie zu. »Was machen Sie hier?«
Susannah ordnete ihr Haar, um Zeit zu gewinnen. Dann sah sie ihren Schwager an. »Ich weiß es nicht«, sagte sie ehrlich.
Su Wong war in der Menge verschwunden, und die Gaffer zerstreuten sich, aber Ethan merkte es nicht. Seine Aufmerksamkeit war auf Susannah konzentriert. Fest, fast schmerzhaft, ergriff er sie am Arm.
»Lassen Sie uns hier verschwinden«, sagte er und zog sie zwischen Fässern, Kisten und Säcken hindurch zur Straße. In der einen Richtung verlief die berüchtigte Skid Road, ein schlammiger Weg, auf dem man einst Baumstämme zum Hafen geschleppt hatte. Jetzt war er von Bordellen, Spielsalons und Wirtshäusern gesäumt und genoss einen schlechten Ruf.
»Dieser Mann ...«, begann sie.
»Su Lins Vater«, erklärte Ethan und zog sie mit sich, ohne sich umzusehen. »Er wirft mir vor, die Familie in Schande gebracht zu haben. Ist Ihnen klar, dass Aubrey, wenn er Sie sieht, mich die Pferdepeitsche fühlen lässt und Sie ein, zwei Jahre auf dem Dachboden einsperrt?«
Sie überquerten jetzt eine andere, ebenfalls nicht sehr seriöse Straße. »Ethan«, keuchte Susannah, die kaum mitkam, »bleiben Sie bitte stehen, ich kriege kaum noch Luft!«
Er blieb abrupt stehen und sah sie scharf an. Dann wies er mit dem Daumen auf die Bucht. »Das ist nicht Nantucket, Mrs. Fairgrieve!«, fauchte er. »Die Hälfte der Männer dort sind Halsabschneider, und die andere Hälfte denkt, sie könnten jede Frau für zwei Penny und ein Glas Whisky haben.«
Jetzt war auch Susannahs Geduld am Ende. Sie stützte die Hände in die Hüften und funkelte ihren Schwager wütend an. »Ich weiß sehr wohl, dass das nicht Nantucket ist, danke. Was diesen Mann angeht...«
»Welchen Mann?«
»Mr. Su.«
Ethan sah müde aus. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass Su Lin seine Tochter war. Ich wollte sie heiraten, aber er wollte, dass sie einen Chinesen heiratet. Vor kurzem hat er von dem Mann gehört, den er ausgewählt hat..., dass Su Lin schwanger war ... sie hat etwas dagegen tun wollen ... auf dem Schiff... und dabei ist sie gestorben.« Er stützte sich an der Hauswand ab. »Sind Sie jetzt zufrieden, oder wollen Sie noch eine Schlangengrube suchen, in die Sie Ihre Hand stecken können?«
Susannah schwieg erschüttert. Su Lin, die Frau, die er geliebt hatte, war bei dem Versuch gestorben, ein Kind abzutreiben, das höchstwahrscheinlich seines war. Das war zu persönlich, um hier auf der Straße besprochen zu werden.
In dem Moment sah Susannah Aubrey auf sich zukommen, und so wütend er auch aussah, sie empfand fast Dankbarkeit. »Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Das mit der Schlangengrube, meine ich.«
Ethan folgte ihrem Blick. Er hatte wider etwas Farbe im Gesicht, lehnte aber immer noch an der Wand. Es würde lange dauern, bis er würde verarbeiten können, was er gerade gehört hatte. Susannah erschauerte, als eine kalte Windbö sie erfasste.
»Ich frage dich nicht, was du hier suchst«, begann Aubrey mit einem Blick auf Susannah, »denn das ist offensichtlich. Du suchst wie üblich nach Abenteuern und hast sie bestimmt auch gefunden.«
Susannah sah Ethan Hilfe suchend an, aber er schwieg störrisch, die Lippen zusammengepresst. Dann fuhr er sich wütend mit der Hand durch die Haare.
Aubrey schaute jetzt zu seinem Bruder herüber. »Du
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