Im Bann der Ringe (German Edition)
Umständlich stand er auf, humpelte zum Schrank und holte zwei Brandygläser heraus, dann die dazugehörige Flasche und schenkte ihnen beiden ein, bevor er mit den gefüllten Gläsern wieder zurück zum Sofa kam.
„Setz dich“, bat er Ric. Er ahnte sicher, warum ihn sein Sohn um ein Gespräch bat. Nachdem er ihn bereits über das Familiengeheimnis aufgeklärte hatte, gab es nur noch ein Thema, was so wichtig war, dass es nicht bis zum nächsten Morgen warten konnte.
Vater und Sohn saßen eine lange Weile schweigend nur da, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, darauf wartend, dass der andere den ersten Schritt machte. Die Zeit verstrich und während Noah das Glas zum zweiten Mal füllte, nippte Ric immer noch an seinem Ersten. Er rang mit sich, ob er seinen Vater danach fragen konnte. Wie sollte er anfangen? In seiner geschlossenen Faust drückte der Ring hart und kühl in sein Fleisch. Er musste. Es gab keine andere Möglichkeit, Gewissheit zu erlangen.
„Dad?“
„Ja, mein Sohn?“ Noah sah ihn offen und so voller Liebe an, dass Ric ganz warm ums Herz wurde. In eben diesem Moment verstand er, dass sein Vater das einzig Richtige getan hatte. Er hatte den Tod seiner Frau in Kauf genommen, so wie sie es getan hatte, und ihr dafür aber seine ganze Liebe geschenkt. Und sie ihm seinen Sohn.
Ric war dankbar, dass er seine Mutter gehabt hatte – wenn auch nur für eine relativ kurze Zeit. Das war der Moment, in dem er seinem Vater alles verzieh. Voller Liebe im Herzen sah er ihn an.
„Dad, ich muss dich was fragen.“
„Ja, frag ruhig. Du weißt, ich werde dir immer Rede und Antwort stehen. Wenn ich kann.“
„Das weiß ich, Dad. Deshalb bitte ich dich, mir etwas über diesen Ring zu erzählen.“
Ric öffnete die Faust und gab Noah den Blick auf den Ring frei.
„Was kann ich dir darüber erzählen, was du nicht schon weißt?“, fragte er besorgt.
„Keine Ahnung. Du hast mir gesagt, er wäre ein Familienerbstück, der bereits über Generationen in unserer Familie weilt. Ich … Mir ist da nur was aufgefallen …“ Ric wusste nicht, wie er weitermachen sollte.
„Und das wäre?“
War sein Vater wirklich so ahnungslos? Ric versuchte in seinem Gesicht zu lesen, aber das war unmöglich. Nichts deutete darauf hin, dass er etwas über das Brennen wusste. Aber auch nichts darauf, dass er es nicht wusste. Er war, genau wie er selbst, kein offenes Buch, was seine Emotionen anging. Ric kam also nicht umhin, ihn direkt danach zu fragen.
„Es gibt da ein Mädchen an meiner Schule. Sie heißt Catherine. Eigentlich Cat, aber sie besteht darauf, dass ich sie Catherine nenne. Obwohl sie jeder andere Cat nennen darf. Na ja … Sie mag mich nicht sonderlich, weißt du.“ Verlegen sah Ric seinen Dad an, der ihm aufmunternd zulächelte. Also sprach er weiter. „Seitdem ich ihr das erste Mal begegnet bin, … seitdem … Mein Ring wird heiß, wenn sie in meiner Nähe ist. Es ist, als würde mir der Finger abfallen. Wie ein Brandmal. Und außerdem rast mein Herz und … ich fühle mich irgendwie …“ Er brach ab, denn er konnte dieses Gefühl, dass ihn dabei begleitete, nicht in Worte fassen.
„Berauscht?“, half ihm sein Vater aus.
„Ja … ja, ich glaube, das ist die richtige Beschreibung. Ich fühle mich berauscht. Das alles ist ja schön und gut, damit komme ich auch zurecht, auch, wenn sie mich nicht sonderlich mag. Und ich weiß ja auch, dass … sie mir nichts bedeutet, aber womit ich nicht zurechtkomme, ist die Sache mit dem Ring. Weißt du, warum er so heiß wird?“ Neugierig und voller Hoffnung, endlich die lang ersehnte Antwort zu erhalten, sah er seinen Vater an. Noah schwieg lange, wie er es immer tat, wenn er ernsthaft über etwas nachdachte. Das kannte Ric, und deshalb bemühte er sich, geduldig zu sein, auch wenn es ihm sehr schwerfiel.
„Ich habe mal gehört, dass es nicht nur einen Ring dieser Sorte geben soll. Es existiert mindestens noch einer, oder vielleicht sogar noch zwei, wenn die Legende stimmt.“
„Eine Legende?“, unterbrach Ric ihn. „Das heißt, es gibt nicht nur den Fluch, der auf unserer Familie lastet, sondern auch noch eine Legende um den Ring?“
Noah lächelte ihn milde an.
„Ja, die gibt es. Ich habe dir bisher nichts davon erzählt, weil ich nicht dachte, dass es schon wichtig sei. Aber wie ich sehe, ist es jetzt wichtig geworden. Die Legende besagt, dass die Ringe miteinander verbunden sind. Nicht physisch, sondern eher mental. Sie gehörten lange Zeit
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