Im Bann der Sinne
ihr Kind. Wie sie Caleb schon gesagt hatte, sie würde nicht zulassen, dass ihr Kind sich vorkam wie eine Verpflichtung.
In dem Moment, als Caleb hereinkam, wurde ihr jedoch klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Sein Anzug war nass vom Regen, genau wie sein Haar, das ziemlich zerzaust aussah. Doch was Vicki am meisten erschreckte, war der trostlose Ausdruck in seinen Augen. So hatte sie ihn erst einmal gesehen, und zwar in der Nacht, nachdem sie ihn gebeten hatte, auszuziehen und er gemerkt hatte, dass er sie nicht umstimmen konnte.
„Was ist passiert?" Sie ging zu ihm, um ihm aus dem Mantel zu helfen.
Er überließ ihr den Mantel und sank auf das Sofa. Besorgt setzte Vicki sich neben ihn. „Caleb, Schatz?"
„Ich bin bloß müde." Er starrte auf die gegenüberliegende Wand, doch Vicki wusste, dass er nicht das Bild betrachtete, das dort hing.
„Nein", widersprach sie, legte eine Hand auf sein Kinn und zwang ihn, sie anzusehen.
„Du wirst nicht wieder damit anfangen."
„Womit?" Er legte seine Hand auf ihre, zog sie aber nicht weg.
„Geheimnisse für dich zu behalten, weil sie wehtun." Missbilligend schüttelte sie den Kopf.
„Gerade jetzt sollst du dir nicht auch noch Sorgen machen. Ich will nicht, dass dir wehgetan wird."
Seine Fürsorge berührte sie tief. Er war der liebenswerteste Mensch, den sie je kennengelernt hatte. „Weißt du, was mir am meisten wehtut? Wenn ich aus deinem Leben ausgeschlossen werde. Tue mir das nicht an, Caleb. Nicht wieder", bat sie ihn eindringlich.
Traurig sah er sie an. Vicki schmiegte sich an ihn und hielt ihn fest. Würde er mit ihr reden? Würde er den nächsten Schritt in ihrer neuen Beziehung machen? Eine Beziehung, in der sie gleichberechtigte Partner waren und in der sie beide für das Wohl des anderen Verantwortung trugen?
„Vor zwei Tagen ...", fing er an zu erzählen, „... begann ein großer Deal, den wir schon seit einem Jahr vorbereiten, zu platzen."
„Was ist passiert?"
„Maxwell ist unser Mandant, Horrocks der Käufer. Der Vertrag war kurz vor der Unterzeichnung, als Horrocks eine große Diskrepanz in den Finanzberichten entdeckte, die Maxwell geliefert hatte."
Vicki verstand genug vom Geschäft, um das Ausmaß des Problems zu erkennen.
„Horrocks weigert sich zu unterzeichnen?"
„Nicht nur das. Horrocks beschuldigt Maxwell der absichtlichen Täuschung."
Vicki wusste, dass Caleb ein absoluter Perfektionist in seiner Arbeit war. Niemals würde er bei einem Betrug mitmachen. „Hat jemand von Maxwell dich in Schwierigkeiten gebracht?"
„Nicht absichtlich. Letztendlich ist der Leiter der Finanzabteilung mit seinen Mitarbeitern für die falschen Zahlen verantwortlich." Seufzend legte Caleb das Kinn auf ihr Haar. „Hast du heute schon die Zeitung gelesen?"
„Nein, ich hatte keine Zeit." Alarmiert von seinem Ton, ging sie zu dem kleinen Sideboard, auf das sie immer die Zeitung legte, sobald sie geliefert wurde, und brachte sie Caleb.
Caleb nahm sie* wartete aber, bis Vicki sich wieder neben ihn gesetzt hatte, bevor er die erste Seite des Wirtschaftsteils aufschlug. Die Schlagzeile dort wühlte ihn immer noch auf. „Angesehene Anwaltskanzlei verpfuscht Firmenaufkauf", las er laut vor. Er hatte das Gefühl, seine Träume würden gerade wie eine Seifenblase platzen.
Vicki berührte ihn sanft an der Schulter. „Du weißt, dass du dir nichts vorzuwerfen hast. Steht der Deal noch zur Debatte? Hast du etwas, womit du arbeiten kannst?"
Er warf die Zeitung auf ein Kissen. „Kaum. Wenn wir Horrocks nicht dazu überreden können, Maxwell Zeit zu geben, den strittigen Punkt zu klären, wird der Deal scheitern."
„Die Schuld liegt bei Maxwell, nicht bei dir."
„Nein. Es ist unsere Schuld. Maxwell ist unser Mandant, und wir hätten uns dieses Problems annehmen müssen." Er würde sich nicht so einfach aus der Affäre ziehen.
Vicki gab ihm einen Klaps auf die Schulter. „Du bist Anwalt, kein Buchhalter. Hier geht es um Finanzprobleme."
„Callaghan & Associates wurden von Maxwell mit der Abwicklung des Verkaufs beauftragt. Wir wurden dafür bezahlt, sicherzustellen, dass alles korrekt abgewickelt wird." Er nahm ihre Hand von seiner Schulter und küsste ihre Fingerspitzen. „Wenn wir diesen Deal nicht retten, wird die Kanzlei Mandanten verlieren, und das wird der Anfang vom Ende sein."
Vickis Augen blitzten. „Wenn es dazu kommt, fangen wir wieder von vorne an, selbst wenn das bedeutet, dass ich als deine Sekretärin arbeiten muss." Sie
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