Im Bann der Sinne
Stolz.
Vorsichtig hob Tariq Jasmine auf das Kamel. Er wusste, dass sie einen Brechreiz bekämpfen musste, aber sein Beschützerinstinkt ließ es nicht zu, dass sie diese beschwerliche Reise mit leerem Magen antrat. Sie würde ihre Kräfte brauchen.
Geschickt stieg er hinter ihr auf, ohne sie anzurempeln. Seit seinem Bericht über das Attentat schwieg sie. Es missfiel ihm, dass sie so still war. Seine Jasmine war sprühende Lebendigkeit und Fröhlichkeit. Er wusste, dass er sie mit seinem unwirschen Verhalten abgestoßen hatte. Er hatte im Zorn mit seiner Frau gesprochen. Und nun, da dieser verraucht war, wusste er nicht, wie er zu ihr zurückfinden sollte.
„Halt dich fest", sagte er, dabei hatte er den Arm so fest um ihre Taille gelegt, dass gar nichts passieren konnte. Niemals würde er sie fallen lassen, niemals zulassen, dass ihr etwas geschah.
Sie hielt sich an ihm fest, doch nur so lange, bis das Kamel aufgestanden war. Ihr weißer Kopfschutz gab ihr die Möglichkeit, sich vor ihm zu verbergen, das missfiel ihm. Sie sollte wieder mit ihm sprechen, er brauchte das. Diese Tatsache machte ihn wütend. Ein Scheich brauchte niemanden. Der Mann war ein Narr, der eine Frau brauchte, die ihre Unfähigkeit, treu zu sein, unter Beweis gestellt hatte. Er hatte sich einfach an ihre Anwesenheit und an ihre Stimme gewöhnt. Das war alles.
„Wirst du den ganzen Tag ein langes Gesicht machen?" Er wusste, er war nicht fair, aber er konnte nicht anders und hoffte, dass sie sich zur Wehr setzten würde. Sie sollte auch etwas empfinden, selbst wenn es nur Wut war.
„Ich mache kein langes Gesicht." Ein wenig von ihrem Temperament war Jasmines Stimme anzuhören.
Ein Teil von ihm, der Teil, den er verleugnete, fühlte sich erleichtert. Sie war also nicht völlig am Boden zerstört. „Es ist besser, wenn du die Wahrheit weißt."
„Du meinst, dass du mir niemals wieder dein Herz öffnen wirst?"
Fast hätte ihre direkte Frage ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. „Ja. Ich werde nicht noch einmal so ein leichtes Ziel sein."
„Ziel?" Es war nur ein Flüstern. „Aber wir sind doch nicht im Krieg."
„Schlimmer." Nach ihrer Zurückweisung vor vier Jahren war er kaum noch zu einem klaren Gedanken fähig gewesen. Er hatte sie mehr geliebt als die endlose Wüste seines Heimatlandes, doch es war diese endlose Wüste gewesen, die ihm geholfen hatte, über den Schmerz hinwegzukommen, den sie ihm zugefügt hatte.
„Ich will nicht mit dir streiten."
Ihre Antwort besänftigte ihn. „Du gehörst jetzt zu mir, meine Jasmine, für immer. Es gibt keinen Grund zu streiten." Sein Herz würde er ihr nicht mehr anvertrauen, doch er würde sie auch nie wieder gehen lassen.
Für immer. Jasmine legte den Kopf an Tariqs Brust und kämpfte gegen die Tränen an. Früher wäre sie mit nackten Füßen über Glasscherben gegangen, um dieses Versprechen von ihm zu bekommen.
Doch jetzt war es nicht genug. Für immer mit einem Tariq, der sie nicht liebte und niemals lieben würde, das war nicht genug.
Die Hindernisse, die sie überwinden musste, waren ins Unermessliche gewachsen.
Tariq davon zu überzeugen, dass sie ihn und nur ihn liebte und ihm immer treu ergeben sein würde, war schon schwierig genug. Vielleicht würde er ihr sogar eines Tages verzeihen, dass sie nicht stark genug gewesen war, gegen ihre Familie für ihre Liebe zu kämpfen. Aber würde der stolze Krieger in ihm ihr jemals verzeihen, welch schwere Beleidigung er ihretwegen hatte hinnehmen müssen?
Und was, wenn sie ihm einen weiteren Hieb versetzte mit der Enthüllung des Geheimnisses, das ihr als Kind das Herz gebrochen hatte?
Panik stieg in ihr auf. Nein! Niemand würde jemals davon erfahren, dass sie ein uneheliches Kind war! Niemand sollte Schande über ihren Mann bringen. Nur ihre Familie wusste davon, und die würde lieber schweigen, als ihre gesellschaftliche Stellung zu riskieren.
„ Glaubst du wirklich, ein Prinz würde ein Mädchen heiraten, das nicht einmal den Namen seines Vaters kennt? Und was träumst du nachts, Schätzchen?"
Damals, vor vier Jahren, hatte Sarah ihren wunden Punkt getroffen, mit aller Härte.
Jasmine hatte sich nie wirklich von diesem Schlag erholt, denn sie wusste, ihre Schwester hatte recht. Wie könnte Tariq sie akzeptieren, geschweige denn lieben, wenn nicht einmal ihre Adoptiveltern es konnten?
Er würde ihr niemals glauben, dass sie von der Hochzeitszeremonie so überwältigt gewesen war, dass sie diese wichtige Tatsache
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