Im Bann der Sinne
dieses Können nützlich?
Das Läuten des Telefons unterbrach sie in ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab und hörte zu ihrem Erstaunen Calebs Stimme.
„Ich habe für dich einen Gesprächstermin mit jemandem ausgemacht", sagte er und klang abgehetzt. „Sie kommt gegen elf Uhr zu dir nach Hause."
„Wer denn?"
„Ihr Name ist Helen Smith. Ich muss jetzt Schluss machen, Liebling. Der minderjährige Sohn eines unserer wichtigsten Mandanten wurde betrunken aufgegriffen. Völlig idiotisch. Wenn er trinken will, hätte er einfach nur seinen Vater fragen müssen. Der Mann hat einen Weinkeller in der Größe von Texas."
„Ich wusste gar nicht, dass ihr solche Fälle bearbeitet."
„Das tun wir auch nicht, außer aus Höflichkeit unserem wichtigen Mandanten gegenüber. Alle anderen sind heute verhindert, deshalb muss ich in zwanzig Minuten wegen Juniors Fehlverhalten vor Gericht erscheinen."
Rasch beendeten sie das Gespräch. Überrascht und ziemlich verwundert sah sie auf die Uhr und stellte fest, dass ihr nur noch eine halbe Stunde Zeit blieb, bis ihr geheimnisvoller Gast eintraf. Vicki entschied, dass ihre Jeans und ihre hellrosa Bluse genügen würden. Sie brühte Kaffee auf und bereitete einen Teller mit Keksen vor.
Als es läutete, öffnete Vicki. Vor der Tür stand eine Frau in Calebs Alter. Sie trug Jeans und einen dunkelblauen Pullover. Ihr langes kas-tanienfarbenes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengenommen.
„Mrs. Smith?" Vicki streckte ihr die Hand entgegen, die die andere Frau schüttelte.
„Helen genügt. Sie müssen Victoria sein."
„Bitte kommen Sie herein."
Im Wohnzimmer servierte Vicki Kaffee und Kekse, bevor sie sagte: „Tut mir leid, aber mein Mann hat mir nicht sehr viel über Ihren Besuch gesagt."
Helen nickte. „Er schien sehr in Eile zu sein, als er anrief. Ich werde alles erklären. Ich habe Caleb vor einem Jahr kennengelernt, als ich wegen eines vertrackten Falles, in den einer meiner Klienten verwickelt war, Callaghan & Associates um kostenlosen Rechtsbeistand gebeten habe."
Vicki wusste, dass es zu den Praktiken von Calebs Anwaltskanzlei gehörte, Fälle für Wohltätigkeitsvereine anzunehmen. Er behauptete immer, auf diese Weise würde man mit den Füßen auf dem Teppich bleiben.
„Kent Jacobs hat den Fall bearbeitet, aber ich glaube, Ihr Ehemann hat die ganze Angelegenheit überwacht." Helen faltete die Hände locker auf den Knien.
„Ich fürchte, ich verstehe immer noch nicht, worauf Sie hinauswollen."
„Ich habe mit verschiedenen Wohltätigkeitseinrichtungen zu tun", erklärte Helen.
Vicki war enttäuscht. Wollte Caleb etwa, dass sie an irgendwelchen Wohltätigkeitsveranstaltungen teilnahm und sein Geld ausgab?
„Wir haben eine Position zu vergeben. Um ehrlich zu sein, man verdient nicht viel, aber es ist ein bezahlter Job."
Erneut war Vickis Interesse geweckt.
„Wir suchen nach einer einsatzfreudigen Person für alle Wohltätigkeitseinrichtungen unter der Schirmherrschaft von ,Heart'. Diese Mitarbeiterin soll sich einzig darauf konzentrieren, fortlaufend Gelder für uns aufzutreiben."
Vickis Herz schlug schneller, als sie an die Liste ihrer Fähigkeiten dachte, die sie erst vorhin im Geiste selbst erstellt hatte.
Gerade erwachte ein Hoffnungsschimmer in ihr, als sie den Ausdruck auf Helens Gesicht bemerkte. „Was ist denn?"
„Ich will ehrlich sein." Die Frau war eindeutig ein Profi. „Ich bin aus Höflichkeit hier, weil Callaghan & Associates uns geholfen hat. Dieser Job ist flexibel, aber es handelt sich um einen Vollzeitjob." Sie zögerte kurz, schien sich dann jedoch zu entscheiden, die volle Wahrheit
zu sagen. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Arbeit Ihnen liegt. Offen gesagt, die Position ist nicht geschaffen für eine gelangweilte Ehefrau, die sich ein paar Stunden lang beschäftigen will. Wir brauchen Sie nicht, damit Sie ein teures Essen für uns geben und sich dann zurücklehnen und den Beifall genießen. Wir brauchen jemanden, der einen ständigen Geldstrom für uns bewirkt und der Monat für Monat neue Ideen hat."
Vicki wurde klar, dass Caleb sie diesmal wirklich ins kalte Wasser geworfen hatte.
Diesmal war es ernst. Hier ging es nicht um eine Beschäftigungstherapie für sie. Und sie wollte den Job so sehr. Aber Helen hatte recht. Vicki besaß weder Erfahrung noch Qualifikationen. Konnte sie die Aufgabe wirklich bewältigen? Dann fiel ihr ein, wieso Helen überhaupt hier war. Caleb war der Grund, und der Gedanke, dass Caleb sie,
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