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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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hob eine Pfote und sah vom Eingang der Spalte zu ihr zurück.
    Plötzlich sehnte sich Charis danach, auf diesen Moosteppich hinauszugehen. Der Drang, über die Klippe zum Meeresufer zurückzukehren, schob sie mit schmerzlicher Eindringlichkeit vorwärts.
    »Zur See zurück«, sagte sie laut, als könne das Tierchen sie verstehen. Sie kam aus der Spalte heraus und sah sich nach einem Pfad um, auf dem sie weiterklettern konnte.
    »Meerree!« Charis hatte damit gerechnet, das Tierchen würde nun im Moos verschwinden, aber es lief vorsichtig weiter, sah sich immer wieder um und strebte dem Grat der Klippe entgegen. Charis folgte, freudig berührt von dem Wissen, daß zwischen ihr und dem Tierchen ein Band des Verstehens geknüpft war.
    Sie erreichten den Kamm der Klippe. Von hier aus hatte Charis einen weiten Oberblick über die See und den schmalen Streifen einer silbrigen Küste. Fast körperlich spürte sie den Frieden, der hier herrschte. Friede? Sie erinnerte sich des Gefühls aus ihrem ersten Traum – Friede und Zufriedenheit. Das Tierchen trottete weiter den Grat entlang, und Charis folgte.
    Ihr kleiner Gefährte fand einen gefahrlosen Weg zum Silberstrand, und Charis wollte in südlicher Richtung weitergehen.
    Da drängte sich das Tierchen an ihre Beine und schrie befehlend, als verlange es hier zu bleiben. Schließlich ließ sie sich in den weichen Sand fallen und sah sich um. Und nun war sie ernstlich verblüfft, denn diese Stelle glich genau der ihres Traumes.
    »Meerree?« Eine Zustimmung, eine Frage, ob es ihr gefalle, ein warmer Körper, der sich an den ihren drängte, ein Gefühl unendlicher Zufriedenheit … Kamen diese Gefühle von ihrem kleinen Gefährten zu ihr, oder stammten sie aus ihren eigenen Tiefen? Charis wußte es nicht.
    Sie kamen aus der See heraus, obwohl Charis nicht gesehen hatte, ob sie herangeschwommen waren. Aber diese hier waren keine Bedrohung wie das Gabelschwanzwesen. Charis holte tief Atem. Ein Gefühl des Staunens und Entzückens überflutete sie, gemischt mit dem einer unendlichen Zufriedenheit und eines herzlichen Willkommens. Und sie kamen näher, schritten durch die sanften Wellen, blieben dann stehen und sahen sie an.
    Es waren zwei; sie glitzerten in der Sonne. Sie waren etwas kleiner als Charis, aber sie besaßen eine Grazie, deren ein Menschenwesen nie fähig gewesen wäre. Jede ihrer bewußten oder unbewußten Bewegungen schien Teil eines alten, wunderschönen Tanzes zu sein. Juwelenfarben bildeten zauberhafte Muster an den Hälsen, um die reichgeschmückte Kragen lagen, und liefen dann in Spiralen über Brust, Leib und Gliedmaßen. Riesige Augen mit grünen Pupillenschlitzen waren auf sie gerichtet. Die Saurierform ihrer Köpfe fand sie nicht abstoßend, ganz und gar nicht; sie waren auf ihre Art sogar von unnachahmlicher Schönheit. Über ihren gewölbten, juwelengeschmückten Stirnen stand das scharfe V hornähnlicher Auswüchse von sanftem Grün, das wenig heller war als die Farbe der See, der sie entstiegen waren. Davon gingen zwei haarig erscheinende Streifen aus, die bis über die Schultern reichten und kleinen, ausgebreiteten Flügeln ähnelten.
    Außer einem Gürtel, an dem verschiedene kleine Dinge und ein paar Taschen hingen, trugen sie keine Kleidung, doch vermittelte ihre gemusterte, geschuppte Haut den Eindruck reicher Gewänder.
    »Meeerrreee!« Das Tierchen rieb sich an ihren Beinen und schien sich vor Freude nicht mehr fassen zu können; aber auch sie selbst kannte keine Angst vor diesen Wesen aus der See. Sicher waren es die Wyvern, die Herren – oder besser ausgedrückt: die Herrinnen – von Warlock.
    Sie kamen näher. Charis stand auf, nahm das Tierchen in den Arm und warteten. »Ihr seid …«, begann sie in Basic, aber eine vierfingrige Hand berührte ihre Stirn zwischen den Augen. Und in dieser Berührung war nicht die feuchte Kühle eines Reptils, sondern eine Wärme, die der ihren glich.
    Keine Worte, nur ein Strom des Denkens und Fühlens, den Charis, die Außenweltlerin, in Worte faßte: »Willkommen, Schwester.« Es war für sie ganz natürlich, daß die Wesen sie als »Schwester« ansprachen, so sehr sich ihre Körper auch voneinander unterschieden. Es war gut so. Das, genau das hatte sie von jeher gewollt.
    »Willkommen.« Es fiel ihr schwer, nur zu denken, nicht zu sprechen. »Ich bin gekommen …«
    »Du bist gekommen. Es ist gut. Die Reise war beschwerlich, aber jetzt wird es leichter werden.«
    Die andere Hand der Wyvern bewegte sich

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