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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Gysmay war sehr zornig, wenngleich sie den Zorn nicht offen zeigte; um so tödlicher war er aber. »Sie haben denen, die nicht träumen können, eine Macht gegeben, die jedes Symbol zerstört. Sie müssen verjagt werden! Sie würden alles, was ist, ins Gegenteil verkehren, es verzerren und verfälschen, und alles müßte in einem Blutbad enden; es hat bereits begonnen. Wir wollen keinen mehr von euch. Und so wird es bleiben.« Sie klatschte in die Hände, und die Nadeln sprangen auf, um sich zu einem Haufen zu formen.
    »Vielleicht …«, sagte die schattenmustrige Wyvern.
    »Ja? Vielleicht? Sprich klar mit mir, Hüterin alter Weisheit«, bat Charis. »Ich sah einen toten Mann meiner Rasse bei einem zerstörten Haus liegen, und neben ihm lag eine Waffe, die nicht die seine war. Und doch habe ich bei euch keine Waffe gesehen, nur diese Scheiben. Welches Übel geht durch diese Welt? Ich habe dieses Übel nicht geschaffen, auch Lantee tat es nicht.« Sie wußte nicht, weshalb sie Lantee erwähnte; vielleicht deshalb, weil Lantee in freundlichem Kontakt mit den Hexen gestanden hatte.
    »Du bist von einer Rasse mit den Urhebern dieses Zwistes!« Gysmays Gedanke war eine Beschimpfung.
    »Der Speer«, beharrte Charis, »ist von euch, nicht von mir. Einer meiner Rasse starb daran.«
    »Jene, die nicht träumen, sie jagen, und sie töten damit. Und jetzt haben sie uralte Gesetze gebrochen und sind in den Dienst der Fremden getreten. Diese Fremden haben ihnen einen Schutz gegen unsere Kraft verliehen, so daß sie nicht wieder in die alte Ordnung eingegliedert werden können. Du selbst warst es nicht, denn du hast wahr geträumt und kennst unsere Kraft, wie sie wirklich ist. Auch der Mann Lantee hat mit einem, der bei ihm war, geträumt, wenn das auch ganz ungewöhnlich war. Nun sind die gekommen, die nicht träumen, um das Übel des Nichtträumens zu erhalten. Unsere Welt wird zerbrechen, wenn wir nichts tun, dies zu ändern.«
    Und dann kamen die Gedanken der Wyvern auf den Wogen eines anderen Gefühls. »Aber es gibt etwas, das wir nicht lesen können, und wir können es nicht wegschieben, weil es vielleicht die Antwort auf unsere Not ist. Wir wissen nicht, was es ist, und auch du weißt es nicht. Du mußt es für dich selbst verstehen lernen und es bringen, damit es dem größeren Muster zugeführt wird.«
    Darin lag zweifellos eine eindringliche Warnung. Charis konnte nur vermuten, was der Sinn dieser umständlichen Ausdrucksweise war. Eine Gruppe von Außenweltlern – vielleicht die Bande, die für die Zerstörung der Niederlassung verantwortlich war – hatte etliche Wyvernmänner der Kontrolle des Matriarchats entzogen, und sie kämpften nun zusammen mit den Fremden. Die Wyvern schienen einen Gegenschlag vorzubereiten, der sich wohl gegen alle Fremden richtete.
    »Dieses große Muster«, fragte Charis, »soll gegen alle meines Blutes eingesetzt werden?«
    »Es muß sorgfältig gezeichnet, gezielt und geträumt werden.« Auch das war nur eine halbe Antwort. »Aber es wird dein Muster zerbrechen, wie du unseres zerstört hast.«
    »Habe ich Anteil daran?«
    »Du hast eine Antwort bekommen, die wir nicht lesen können. Entdecke selbst deren Sinn. Vielleicht gilt er auch für uns.«
    »Sie zerbricht auch hier unser Muster«, fiel Gysmay ein.
    »Schicke sie doch zum Platz ohne Träume, damit sie das nicht stören kann, was wir hier tun.«
    »Nein!« wurde ihr geantwortet. »Sie hat ein Recht darauf, den Sinn dieser Antwort zu erfahren. Schicke sie weg von hier, das wird genügen; nicht in die Dunkelheit, die Verderben heißt, denn das verstößt gegen ihre Rechte. Die Zeit vergeht, Träumerin. Träume wahr, wenn du dein Muster retten willst Und jetzt fort mit dir!«
    Raum und Wyvern verschwanden. Die Nacht hüllte Charis ein, aber sie vernahm das leise Murmeln der See. Sie atmete frische Luft, und über ihr waren Sterne. War sie wieder an der Küste?
    Nein. Als ihre Augen sich an das fahle Dunkel gewöhnt hatten, sah sie, daß sie auf einem hohen Felsen stand; um sie herum wusch die See an den Stein. Sie stand auf einer Felsnadel mitten im Ozean …
    Sie hatte Angst, auch nur einen Schritt zu tun; Charis sank auf die Knie nieder, denn sie konnte nicht daran glauben, daß dies wahr sei. Tsstu bewegte sich in ihrem Arm und gab einen leisen fragenden Ton von sich.

 
9
     
    Es war eine Insel aus nackten Felsen hoch über der See, und kein Pfad führte die steilen Wände hinab, an die die Wellen donnerten. Aufgestörte Vögel

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