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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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schossen kreischend an ihr vorbei. Im halben Licht des frühen Morgens sah sich Charis um.
    Eine Reihe scharfer, flacher Stufen führte zu einer kleinen Mulde, die von einer Felswand vor dem Ansturm der See geschützt war. Ein paar niedrige, blasse Pflanzen kämpften auf kleinen Flecken Erde um ihr Leben. Dort stand sie nun und hielt Ausschau über die See, denn sie ahnte nicht einmal, ob sie sich in der Nähe der Zitadelle oder eines anderen Kontinents befand.
    In einiger Entfernung bemerkte sie einen dunklen Fleck, der sicher eine ähnliche Felseninsel war, aber sie sah ihn nicht deutlich genug. Die Endgültigkeit, mit der die Wyvern sie hierher verbannt hatten, bedrückte sie. Sie wagte nicht zu hoffen, daß man sie wieder von hier wegholte; also mußte sie selbst zu fliehen versuchen.
    »Meerreee?« fragte Tsstu. Sie hockt auf dem Felsen und ließ nur allzu deutlich erkennen, wie wenig ihr diese Umgebung behagte.
    »Wohin sollen wir gehen?« fragte Charis.
    Die Lockenkatze kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Ein kühler Wind machte sich auf, und Charis fröstelte. Es wird bald regnen, überlegte sie. Und ein Sturm auf diesem nackten Felsen …
    Nur in der Mulde konnte sie einigermaßen Schutz finden. Tsstu hatte sich bereits auf den Weg dorthin gemacht und tappte auf vorsichtigen Pfötchen über die scharfen Ränder der Stufen.
    In dicken Tropfen begann es zu regnen; aber Regenwasser konnte man trinken. Charis war froh über die kleinen Rinnsale, die in die Mulde tropften.
    Die Vögel hatten sich wohl in ihren Höhlen versteckt. Tsstu war inzwischen ihren eigenen Geschäften nachgegangen und hatte sich in den Felsenhöhlen umgesehen. Nun kehrte sie zurück, und mit ihrer gelben Zunge leckte sie genüßlich ihr Mäulchen. Dann verschwand sie nochmals. Als sie zu Charis zurückkehrte, trug sie vorsichtig etwas Weißes im Mäulchen. Charis streckte die Hand aus, und Tsstu ließ ein kleines Ei hineinrollen.
    Charis war sehr hungrig; deshalb überwand sie ihren Ekel und brach ein kleines Loch in die Schale. Der Geschmack war seltsam, aber sie trank es bis zum letzten Restchen aus. Eier und Regenwasser – wie lange dauerte es, bis man damit verhungerte? Wie lange mußten sie beide auf diesem nackten Felsen ausharren? Und wenn der Wind zum Sturm wurde und sie hinwegfegte? Charis konnte sich nicht daran erinnern, daß sie in einem ihrer Träume hungrig oder durstig gewesen wäre. War dies nun ein Traum oder Wirklichkeit?
    Ganz gleich, was es war, sie mußte eine Möglichkeit finden, von hier zu fliehen. Und es mußte einen Weg geben!
    Die Felswand in ihrem Rücken bot ihr einigen Schutz vor dem Regen, aber die Rinnsale von oben füllten allmählich die Mulde und wuschen unter die Wurzeln der dürftigen Pflänzchen. Der Boden wurde glitschig.
    Hätte sie nur ihre Scheibe! Aber auch die Konzentration auf dieses Muster hatte sie doch zur Versammlung der Wyvern gebracht!
    Angenommen, sie hatte die Möglichkeit, von hier wegzukommen – wohin würde sie dann gehen? Natürlich nicht zurück zur Zitadelle, denn die war jetzt feindliches Gebiet. Zur zerstörten Niederlassung? Nein; oder nur dann, wenn sie ein Versteck brauchte. Aber das wollte sie nicht.
    Die Wyvernhexen gegen die Außenweltler. Es ging sie nichts an, wenn sie sich nur gegen ihre abtrünnigen Männer oder gegen Banden wandten. Doch jetzt sahen sie ja alle Außenweltler als Feinde an. Wenn dieses Felsenexil nur dazu gedacht war, daß man sie dem Kampf fernhielt, dann war es ein wohldurchdachter Plan. Aber die Wyvern waren eine fremde Rasse, so guten Kontakt sie auch mit ihnen gehabt hatte. Kam es darauf an, eindeutige Positionen zu beziehen, dann stand sie jedenfalls auf der anderen Seite, gleichgültig wo immer auch ihre anfänglichen Sympathien gelegen hatten.
    Es bekümmerte Charis nicht im geringsten, wenn die Banden ihre verdiente Strafe bekamen; je eher, desto besser. Aber es wäre wesentlich angenehmer, wenn sie von ihrer eigenen Rasse in Schach gehalten werden könnten.
    Lantee und Ragnar Thorvald, die das Gesetz der Außenwelten auf Warlock repräsentierten und nun mit denen abgetan wurden, die ausgeschaltet werden mußten, sollten wenigstens angehört werden. Konnten sie gewarnt werden, dann war es vielleicht möglich, eine Patrouille aufzubieten, die mit den Banden fertig wurde und den Wyvern bewies, daß nicht alle Außenweltler gemeine Räuber waren.
    Eine Warnung … Aber selbst mit der Scheibe hätte Charis den Regierungsposten nicht erreichen

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