Im Bann der Versuchung
Münze, doch als er ein wenig an der Oberfläche kratzte, entdeckte er, dass es ein Teil eines Schmuckstückes sein musste, und steckte es in seine Gürteltasche.
Danach stieg er auf die Plattform, die mittlerweile wieder heruntergelassen worden war, und zog an den Seilen. Während des langsamen Aufstiegs achtete er darauf, tief durchzuatmen, um sich so an den veränderten Luftdruck zu gewöhnen. Dann wirbelte über ihm das klare Wasser auf, und kurz darauf wurde er mittels Flaschenzügen durch die Luft auf das Felsplateau gezogen.
Mit eingespielten Handgriffen befreite ihn die Crew aus der unbequemen Ausrüstung. Er dankte den Männern und ging langsam zur Unterkunft.
Dougal trug bereits wieder seinen dunklen Anzug mit der Weste, als er sich an den kleinen goldenen Gegenstand erinnerte, den er am Meeresgrund gefunden hatte. Er holte ihn aus der Gürteltasche und ging damit zur Tür der Baracke, um ihn bei Licht zu betrachten. Mit dem Fingernagel säuberte er ihn von der Korallenkruste und legte so ein hübsches Schmuckstück frei.
Es war ein Anhänger mit einem klaren blaugrünen Aquamarin in einer filigranen Goldfassung. Die kleine Kette war zerrissen und verkrustet, aber der Anhänger musste bestimmt sehr schön sein, wenn er erst einmal richtig gereinigt war. Noch einmal kratzte Dougal an dem kleinen Schmuckstück und drehte es nach allen Seiten. Der leuchtende Stein erinnerte ihn an Margarets wunderschöne Augen. An ihrem Hals musste der Aquamarin herrlich aussehen. Er wollte ihn ihr schenken. Doch dann erinnerte er sich, wie ablehnend sie auf seine Liebeserklärung reagiert hatte. Seitdem waren zwei Tage verstrichen. Er hatte hart gearbeitet und immer gehofft, dass sie kommen würde. Vergeblich.
Es war ihm nicht leicht gefallen, so offen mit ihr zu sprechen. Doch wenn sie glaubte, dass er wieder aus ihrem Leben verschwinden würde, dann hatte sie sich getäuscht. Er hatte nicht die Absicht. Irgendetwas bereitete ihr Kummer, und er wollte nicht ruhen, bis er herausgefunden hatte, was es war. Er war sich absolut sicher, dass zwischen ihm und Margaret das letzte Wort noch nicht gesprochen war.
Gedankenverloren steckte er das kleine Juwel in die Tasche und verließ die Unterkunft. Vielleicht sollte ich ihr den Anhänger doch bringen. Vielleicht akzeptiert sie ihn als eine Geste der Treue - auch wenn es für mich ein Geschenk der Liebe ist, überlegte er.
Wahrscheinlich brauchte Margaret Zeit, um sich darüber klar zu werden, ob sie ihn liebte und heiraten wollte. Trotz ihres Schweigens hatte er ihre Leidenschaft gespürt, als er ihr seine Gefühle erklärt hatte. Er müsste es akzeptieren, wenn sie ihn nicht liebte, aber sein Gefühl, sein Herz sagte ihm, dass sie seine Liebe erwiderte. Was auch immer ihr Kummer machte, er besaß die Kraft, ihn mit ihr zu teilen - und die Geduld und Entschlossenheit zu warten.
Liebe, die man einmal gefunden hat, gibt man nicht so schnell auf, dachte Dougal. Und er bestimmt nicht.
Kapitel 14
„ V erzeihen Sie die späte Störung", entschuldigte sich Dougal, als ihm geöffnet wurde. „Ich wollte nur die Post abholen, die Norrie heute Abend von Tobermory mitgebracht hat."
Erschrocken starrte Margaret den Besucher an. Eine Windbö drohte ihr die Tür aus der Hand zu schlagen. Draußen regnete es leicht. Im Schein der Eingangslampe glänzte der feine Sprühregen auf seinem Zylinderhut und dem dunklen Mantel. Dunkle graue Wolken hingen am düsteren Abendhimmel über dem Meer.
„Kommen Sie herein, Mr. Stewart", rief Norrie. „Lass den armen Mann doch nicht im Regen stehen, Margaret. So schwarz wie der Himmel aussieht, werden wir gleich Sturm bekommen."
Schweigend ließ sie ihn eintreten. Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
„Setzen Sie sich, Mr. Stooar", forderte Thora ihn auf und wies auf die Bank neben Norries Stuhl.
Dougal war neben Margaret stehen geblieben. „Danke, aber ich will nicht weiter stören. Ich hatte einen Spaziergang gemacht und sah noch Licht im Fenster. Da habe ich gedacht, ich könnte Mr. MacNeill den Gang ersparen, bei uns die Post auszuliefern."
„Setzen Sie sich", befahl Mutter Elga und deutete auf die Bank.
„Ich habe noch zu tun. Ich muss wirklich bald weiter."
Margaret schwieg. Sie spürte seine Zurückhaltung und glaubte, dass er sogar vermied, sie anzusehen. Es quälte sie, dass sie ihm hatte wehtun müssen, und sie fragte sich, ob er ihr noch böse war oder ob er wie sie nur maßlosen Kummer empfand. Seit dem Ceilidh hatte
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