Im Bann der Wasserfee
genügend Unruhen im Palast. Es gab Leute, die ihn nicht gerne als König sahen, aber die hatte man immer, egal wie gut man als Regent war. Stünde kein Heiler mehr zur Verfügung, gäbe es einen Aufstand.
Diese Unzufriedenheit trotz all des Prunks und der Pracht dieser Stadt war ihm ein weiterer Grund, diese einem Statthalter zu überlassen und nach Huelgoat zu ziehen. Dort würde, wenn überhaupt, nur für sehr kurze Zeit der neue Verwaltungssitz der Cornouaille sein, bis er seine neue Stadt gegründet hatte.
Wenn es nach ihm ginge, würde er Dahut noch heute verheiraten und umgehend abreisen. Kaira würde ohnehin schon ungeduldig sein. Doch die Sache mit den Mordversuchen musste zuvor geklärt werden. Dies war er seinem Volk schuldig. Er konnte Dahut nicht mit einem Mörder hier zurücklassen.
Er konnte nur hoffen, dass Dahuts Tätigkeit als Heilerin ihrem Verlobten Brioc nicht negativ auffiel. Sanctus Corentinus verurteilte ihre Heilkünste als Zauberwerk. Er würde mit ihr sprechen müssen, damit sie sich unauffälliger verhielt.
Als er Schritte hinter sich vernahm, wandte er sich um. Sanctus Corentinus holte zu ihm auf.
»Ihr tut gut daran, Erkundigungen über den Fremden einzuholen«, sagte der Geistliche. »Auch ich habe ein Auge auf ihn geworfen. Kein einziges Mal habe ich ihn in der Messe gesehen. Er trägt seltsame Gewänder, hat einen merkwürdigen Akzent und isst mit der schlechten Hand! Ihr wisst, was das bedeutet! Seit seiner Einreise ist es dunkler geworden in Ys. Die Schatten scheinen zu dämonischem Leben erwacht zu sein. Wenn Ihr mich fragt, Euer Königliche Majestät, so ist er der Sohn des Teufels!«
Ragnar lief die Hainbuchenallee entlang. Er konnte nicht länger untätig sein. Alles in ihm schrie danach, zu handeln. Er würde die Stadt nicht verlassen, ohne Gradlon getötet zu haben. Wenn sein Verdacht sich bestätigen sollte, war Dahut gar nicht des Königs leibliche Tochter. Zwar hatte dieser sie als Kind angenommen, doch warum er dies getan hatte und wie viel Dahut ihm wirklich bedeutete, konnte Ragnar nicht abschätzen.
Er vernahm Schritte hinter sich. Dies war nicht ungewöhnlich zu dieser Stunde. Händler, Wächter, Tavernenbesucher und Spaziergänger waren noch unterwegs.
Einem unguten Gefühl folgend, sprang er zur Seite und drehte sich um. Aus den Augenwinkeln sah er einen Dolch aufblitzen. Ein scharfer Schmerz durchfuhr seinen rechten Arm. Es war nur eine Streifwunde, doch sie blutete stark.
Ragnar fluchte und schlug nach dem Angreifer. Es handelte sich um einen großen, dunkel gekleideten Mann. Um den Kopf hatte er ein Tuch geschlungen, das nur seine braunen Augen freiließ. Nicht einmal die Haare konnte Ragnar erkennen. Dennoch war er sich sicher, denselben Mann vor sich zu haben, wie in jener Nacht in seinem Raum.
Er verfehlte den Mann. Als dieser erneut mit dem Dolch ausholte, schlug er ihm diesen aus der Hand. Einen Moment lang sah der Angreifer ihn überrascht an, dann drehte er sich um und rannte davon.
Ragnar folgte ihm. Er spürte die Berserkerwut in sich aufsteigen. Noch hielt er sie ihm Zaum. Bald würde er den Mann eingeholt haben. Womöglich handelte es sich auch um dieselbe Person, die Brioc hatte töten wollen. Er brauchte ihn lebend, damit er vor der Stadtwache Geständnisse ablegen konnte. Denn sonst würde Gradlon die Stadttore noch einige Zeit verschlossen halten.
Ein Tumult bei der Therme erregte seine Aufmerksamkeit. Er sah einen Seehund aus dem Gebäude stürzen. In seiner Heimat gab es diese Tiere, doch hier hatte er noch keine erblickt. Wie kam dieses Tier in eine verriegelte Stadt? Die schwarzen Augen des Seehundes erinnerten ihn an jemanden.
Ragnar war lange genug in Gwynedd gewesen, um die dortigen Legenden zu kennen. Es gab nur eine Möglichkeit: Es handelte sich um einen Selkie, den zwei Männer verfolgten, die ihm gar nicht wohlgesinnt zu sein schienen.
Ragnar fluchte. Warum musste das ausgerechnet jetzt geschehen?
Dylan lief im Schutz der Dunkelheit zum Badehaus. Nur allzu gut erinnerte er sich an die Nacht, in der er mit Niamh im Gebüsch gewesen war, nachdem sie ihm das Leben gerettet oder ihn zumindest vor größeren Ärger bewahrt hatte.
Niemals würde er vergessen, wie sie ihn mit Händen und Lippen liebkost hatte. Allein der Gedanke ihrer nackten Haut an der seinen und ihres biegsamen Leibes unter ihm, ließ ihn vor Verlangen vergehen. Doch heute war er allein, wie an zahlreichen Abenden zuvor.
Sein Herz wurde schwer, denn
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