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Im Bann der Wasserfee

Im Bann der Wasserfee

Titel: Im Bann der Wasserfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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bereits kurz vor Sonnenuntergang die Räume verlassen, die er sich mit Ragnar teilte. Er schlenderte eine Weile durch die Stadt. Seitdem Mordversuche an Brioc und Dahut verübt worden waren, sah man nachts deutlich weniger Menschen auf den Straßen. Auch waren die Leute zurückhaltender geworden. Jeder misstraute jedem.
    Dylan hatte andere Sorgen, die ihn dazu trieben, allein zu sein. Allein mit sich, seinem Verlust und seiner Trauer. Noch immer klammerte er sich an die Hoffnung, dass Niamh noch lebte. Jemand wie sie starb nicht so einfach. Dennoch war sie nicht unverwundbar. Vielleicht war es ihr gelungen, die Stadt zu verlassen. Ihn zu verlassen.
    Mehr oder weniger bewusst schlug er die Richtung zu ihrem Haus ein, obwohl er wusste, dass er es verschlossen vorfinden würde. Womöglich befanden sich Wachen davor, da man allgemein davon ausging, dass Niamh Opfer des Mannes geworden war, der auch Brioc hatte töten wollen.
    In den vergangenen Tagen hatte Dylan es vermieden, in die Nähe dieses Hauses zu kommen. Nicht länger konnte er sich davon fernhalten, war es doch das letzte, was ihm von Niamh geblieben war. Nach so langer Zeit war laut der Stadtwache nicht mehr zu erwarten, dass sie je wiederkäme oder noch am Leben war. Der Gedanke ließ ihm das Herz schwer werden.
    Trotz der Dunkelheit erkannte er die Umrisse von Niamhs Haus bereits aus der Ferne. Vertraut und zugleich fremd erschien es ihm.
    Er trat näher und stutzte. Im Gegensatz zu Menschen besaß er eine eingeschränkte Farbsicht. Dafür waren seine Augen wesentlich lichtempfindlicher, wodurch er nachts selbst in seiner menschlichen Gestalt viel besser sah.
    Er hatte sich nicht geirrt. Jemand hatte den dicken Holzriegel des ägyptischen Türschlosses durchgesägt! Womöglich waren die Einbrecher noch da. Also galt es, vorsichtig zu sein. Langsam öffnete Dylan die Tür ein Stück weit. Sie glitt geräuschlos zur Seite.
    Mondlicht fiel durch die beiden Fenster. Vorsichtig schlich Dylan durch den Spalt und zog die Tür hinter sich zu. Womöglich hatte die Stadtwache von dem Einbruch noch nichts bemerkt. Keineswegs wollte er als Dieb hier aufgegriffen werden.
    Die Liegen waren noch so, wie er sie das letzte Mal vorgefunden hatte. Im Regal lagen umgestoßen zwei kleine Flaschen mit abgesprungenen Verschlüssen, was ihn stutzig werden ließ. Niamh war eine überaus ordentliche Frau, deren Heilmittel normalerweise akribisch aufgereiht standen. Als vielbeschäftigte Heilerin hatte sie es sich nicht erlauben können, lange nach ihren Utensilien suchen zu müssen. Ein Menschenleben konnte davon abhängen. Sie hätte die ausgetretene Flüssigkeit weggewischt und die Flaschen entfernt.
    Also musste sich jemand am Regal zu schaffen gemacht haben. Die aus den beiden Flaschen gelaufenen Flüssigkeiten waren noch nicht eingetrocknet. Der Einbrecher konnte also nicht lange fort sein. Womöglich befand er sich noch in der Nähe. Daher war Dylan vorsichtig. Was suchte der Einbrecher? Schätze? Ein Heilmittel? Oder ein Gift?
    Wobei er sich nicht vorstellen konnte, dass Niamh die gefährlichen Substanzen in Griffweite aufbewahrte. Gewiss lagerte sie diese separat in einem der hinteren Räume, wenn nicht gar unter Verschluss oder in einem Geheimversteck. Er zumindest würde es so handhaben.
    Dylan missbilligte dieses Eindringen in ihr Reich. Er selbst war nur hereingekommen, in dem verzweifelten Versuch, ihr nahe zu sein und um etwas über ihr Verschwinden herauszufinden. Dennoch kam er sich wie ein Einbrecher vor.
    Es roch wie immer nach den getrockneten Kräuter- und Blumenbündeln, die von der Decke hingen. Abgesehen von der Unordnung im Regal sah alles aus wie sonst. Fast glaubte Dylan, Niamh würde jeden Moment aus einem der hinteren Räume kommen, doch sein Wunsch erfüllte sich leider nicht. Ein starkes Verlustgefühl bemächtigte sich seiner.
    Sofern Niamh die Stadt verlassen hatte, fragte er sich, wie ihr dies gelungen war. Die gesamte Stadt erschien ihm wie eine einzige Wehranlage. Er wusste das allzu genau, denn er hatte versucht, sie zu verlassen, um ans Meer zu gelangen. Schmerzlich verspürte er die Sehnsucht nach dem Ozean. Doch dies war ein anderes Problem, mit dem er sich noch zu befassen hatte.
    Er ging zu der Tür, hinter der sich Niamhs private Räume befanden. Es war nicht richtig, dort hineinzugehen. Allerdings konnte er sich nicht vorstellen, dass Niamh etwas allzu Persönliches zurückgelassen hatte – sofern sie denn freiwillig gegangen war.
    Er

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