Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
mit einigen Verletzungen zu führen. Und dann, während die Pferde rutschten und torkelten, sich anrempelten und die Köpfe hochwarfen, schoss ein Dutzend Hirtenhunde vorwärts und übernahm die Spitze. Sie stürmten in die noch weiter vorn auf dem Pfad sitzenden Schwärme, und die Insekten stiegen auf, verteilten sich in der Luft.
    Duiker spuckte gerade zerfetzte Flügel aus, die nach Kreide schmeckten, als er aus dem Augenwinkel einen Blick auf einen der Hunde erhaschte. Er zwinkerte und schüttelte ungläubig den Kopf. Nein. Das, was ich da gerade zu sehen geglaubt habe, habe ich nicht gesehen. Das ist absurd. Es war das Tier namens Bent gewesen, und es schien ein vierbeiniges Fellknäuel im Maul getragen zu haben.
    Die Ordnung wurde wiederhergestellt, die Hunde schafften es, den Weg frei zu machen, und die Reiter nahmen ihren leichten Galopp wieder auf. Es dauerte nicht lange, und Duiker verfiel in einen gleichmäßigen Rhythmus. Auf diesem Ritt wurden das donnernde Hufgetrappel und das unheimliche Wispern von Hunderttausenden von Schmetterlingsflügeln nicht von den üblichen Rufen, den Witzen oder den wickanischen Reiterliedern begleitet.
    Die Reise erhielt eine Art surrealer Qualität, als sie in einen scheinbar zeitlosen Rhythmus glitten, als ritten sie ober- und unterhalb des Lärms in einem Fluss der Stille dahin. Zu beiden Seiten wichen das Farnkraut und die toten Bäume zurück, machten Gruppen von jungen Zedern Platz; noch waren es allerdings zu wenig, um ein Wald genannt zu werden. Von den ausgewachsenen Bäumen waren nur noch Stümpfe übrig. Die Baumgruppen wurden zu einem Hintergrund, vor dem blasses Gelb in unaufhörlicher Bewegung wirbelte; Duiker bekam allmählich Kopfschmerzen von dem Geflatter, das er die ganze Zeit aus den Augenwinkeln sehen konnte.
    Sie ritten in dem Tempo, das die Hirtenhunde vorgaben, und diese Tiere erwiesen sich als unermüdlich; sie waren weitaus besser in Form als die Pferde und Reiter, die ihnen folgten. Nach jeweils einer Stunde gab es eine kurze Ruhephase; die Reittiere gingen im Schritt, die letzten Wasservorräte wurden in wachsversiegelten Lederbeuteln herumgereicht. Die Hunde warteten ungeduldig.
    Der Karawanenweg bot die beste Möglichkeit für den Clan, die Furt zuerst zu erreichen. Korbolo Doms Kavallerie würde durch die ausgedünnten Zederngruppen reiten müssen, wobei das, was sie am meisten aufhalten würde, möglicherweise die Schmetterlinge waren.
    Als sie etwas mehr als vier Längen zurückgelegt hatten, drang von Westen her ein neues Geräusch an ihre Ohren, ein merkwürdiges Rascheln, das Duiker zunächst kaum wahrnahm, bis seine unnatürliche Unregelmäßigkeit es ihn gewahr werden ließ. Er trieb seine Stute nach vorn, um an Neders Seite zu gelangen.
    Sie warf ihm verstohlen einen anerkennenden Blick zu. »Ein Magier reitet mit ihnen und macht ihnen den Weg frei.«
    »Dann sind die Gewirre nicht mehr umkämpft?«
    »Seit drei Tagen nicht mehr, Historiker.«
    »Womit vernichtet dieser Magier die Schmetterlinge? Mit Feuer? Wind?«
    »Nein, er öffnet einfach sein Gewirr, und sie verschwinden darin. Habt Ihr bemerkt, dass die Zeitspanne zwischen seinen Anstrengungen jedes Mal länger wird? Der Mann wird müde.«
    »Nun, das ist gut.«
    Sie nickte.
    »Werden wir die Furt vor ihnen erreichen?«
    »Ich glaube schon.«
    Kurze Zeit später kamen sie zu einem zweiten gerodeten Streifen. Dahinter drängten in Richtung Osten und Westen Felsen aus dem Erdboden, schufen eine zerklüftete, gegen den von Insekten wimmelnden Himmel deutlich abgesetzte Linie. Direkt vor ihnen begann der Pfad sich am Rand einer Kiesmoräne entlang den Abhang hinunterzuwinden. An ihrem Fuß befand sich eine weite Lichtung, hinter der ein flacher gelber Teppich aus Schmetterlingen zu sehen war, die sich in Massen ostwärts bewegten.
    Der Vathar. Und eine Beerdigungsprozession ertrunkener Insekten, unterwegs zum Meer.
    Die Furt selbst war durch zwei Reihen hölzerner Stangen gekennzeichnet, die quer durch den Fluss verliefen; an jeder Stange hingen zerschlissene Fetzen, wie die ausgebleichten Standarten ertrunkener Armeen. Unweit der Stangen lag flussabwärts ein großes Schiff, den Bug in die Strömung gedreht, am östlichen Ufer vor Anker.
    Neder stieß zischend den Atem aus, als sie es sah, und Duiker zitterte innerlich vor Unbehagen.
    Das Schiff hatte gebrannt; es war von einem Ende zum anderen in Feuer getaucht und vollkommen geschwärzt worden, und nicht ein einziger Schmetterling

Weitere Kostenlose Bücher