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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mehr nachgedacht hätten. Alte Tore … Tremorlor.
    Er blieb noch einige Zeit reglos sitzen. Schließlich seufzte er, wischte die Oberseite der Kiste ab, entfernte auch das letzte Stückchen des zerborstenen Felsbrockens von ihrer feuchten Oberfläche, und stand auf.
     
    Der Kapitän war wach, und er hatte Gesellschaft. Salk Elan grinste, als Kalam den engen Raum betrat. »Wir haben gerade über Euch gesprochen, Partner«, sagte Elan. »Wir wissen, wie fest entschlossen Ihr sein könnt und haben uns gefragt, wie Ihr die Neuigkeiten wohl aufnehmen werdet.«
    »In Ordnung, ich beiße an. Was für Neuigkeiten?«
    »Der Sturm – wir werden von unserem Kurs abgetrieben, und das ziemlich weit.«
    »Und das bedeutet?«
    »Es sieht so aus, als müssten wir einen anderen Hafen ansteuern, wenn er erst einmal vorbei ist.«
    »Also nicht Unta.«
    »Oh, irgendwann später natürlich schon.«
    Der Assassine warf einen Blick auf den Kapitän. Der Mann wirkte unglücklich, schien aber sich in sein Schicksal ergeben zu haben. Kalam ließ vor seinem geistigen Auge eine Karte von Quon Tali entstehen und musterte sie einen Augenblick. Er seufzte. »Das heißt, wir segeln zur Insel Malaz – und zur gleichnamigen Stadt.«
    »Ich habe diese legendäre Jauchegrube noch nie gesehen«, sagte Elan, »und kann es daher kaum erwarten. Und ich vertraue auf Eure Großzügigkeit, mein Freund: Ihr werdet mir doch bestimmt alle Sehenswürdigkeiten zeigen, oder?«
    Kalam starrte sein Gegenüber an. Dann begann er zu lächeln. »Worauf Ihr Euch verlassen könnt, Salk Elan.«
     
    Sie hatten sich eine Rast gegönnt; beinahe hatten sie sich schon an die schrecklichen Schreie gewöhnt, die von den anderen Pfaden des Labyrinths aufstiegen. Mappo ließ Icarium zu Boden sinken und kniete neben dem bewusstlosen Freund nieder. Man konnte deutlich spüren, wie sehr Tremorlor nach dem Jhag hungerte. Der Trell schloss die Augen. Die Namenlosen haben uns hierher geführt, haben Icarium dem Azath ausgeliefert, wie sie eine Ziege einem Hügelgott ausliefern würden. Und sie machen sich dabei noch nicht einmal die Hände schmutzig. Ich bin derjenige, an dem es hängen bleiben wird.
    Er versuchte, sich den Anblick der zerstörten Stadt – seiner Heimatstadt – in Erinnerung zu rufen, doch in dem Bild spukten jetzt Schatten herum. Zweifel waren an die Stelle seiner Überzeugungen getreten. Er traute seinen eigenen Erinnerungen nicht mehr. Was für ein Irrsinn! Icarium hat unzählige Lebewesen getötet. Wie auch immer die Wahrheit über den Untergang meiner Heimatstadt aussehen mag …
    Er ballte die Hände zu Fäusten.
    Die Schulter-Frauen meines Stammes würden mich niemals betrügen. Wie viel Bedeutung darf man Icariums Träumen wirklich beimessen? Der Jhag erinnert sich an nichts. An nichts Wirkliches. Sein Gleichmut verwässert die Wahrheit, lässt die Umrisse verschwimmen … verschmiert jede Farbe, bis die Erinnerung neu gefärbt ist. Das ist es – Icariums Freundlichkeit hat mich umstrickt …
    Mappos Fäuste schmerzten. Er schaute auf seinen Gefährten hinunter, musterte das blutverschmierte Gesicht des Jhag, auf dessen Ausdruck friedliche Gelassenheit lag.
    Tremorlor wird dich nicht bekommen. Ich lasse mich nicht so benutzen. Wenn die Namenlosen dich dem Azath ausliefern wollen, dann sollen sie selbst herkommen – aber dann müssen sie zuerst an mir vorbei. Er blickte auf, starrte zum Zentrum des Labyrinths hinüber. Tremorlor. Wenn du deine Wurzeln nach ihm ausstrecken solltest, werden sie den Zorn eines Trell-Kriegers zu spüren bekommen, dessen Schlachttraum entfesselt ist, und in dessen Körper alte Geister einen Tanz des Todes tanzen. Das verspreche ich dir. Du bist gewarnt.
    »Man erzählt sich«, murmelte Fiedler neben ihm, »dass die Azath auch schon Götter gefangen genommen hätten.«
    Mappo musterte den Soldaten aus verschleierten Augen.
    Fiedler blinzelte, während er die tobenden Wände auf allen Seiten musterte. »Welche Älteren Götter mögen hier gefangen sein – Götter, deren Namen schon seit Jahrtausenden vergessen sind? Wann haben sie zuletzt das Licht gesehen? Wann konnten sie zum letzten Mal ihre Glieder bewegen? Könnt Ihr Euch vorstellen, so etwas eine ganze Ewigkeit zu ertragen?« Er verlagerte das Gewicht der Armbrust auf den anderen Arm. »Wenn Tremorlor stirbt … stellt Euch den Wahnsinn vor, der dann auf die Welt losgelassen wird.«
    Der Trell schwieg einen Moment. Dann flüsterte er: »Was für Pfeile schleuderst du nach

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