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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mir?«
    Fiedler zog die Brauen hoch. »Pfeile? Das war keine Absicht. Es ist nur … dieser Ort macht mich nervös, als würde ich in einem riesigen Schlangennest hocken.«
    »Tremorlor hungert nicht nach dir, Soldat.«
    Fiedler grinste den Trell schief an. »Manchmal macht es sich eben doch bezahlt, ein Niemand zu sein.«
    »Jetzt machst du dich wirklich über uns lustig.«
    Das Grinsen des Sappeurs erstarb. »Horcht einmal richtig hin, Trell. Nicht nur Tremorlor hungert. Jeder Gefangene in diesen Wänden aus Wurzelwerk spürt, wie wir vorbeiziehen. Vor Euch und Icarium mögen sie zurückzucken – doch was uns angeht, ist ihr Hunger weit größer als ihre Furcht.«
    Mappo senkte den Blick. »Vergib mir. Ich habe mir um niemanden sonst irgendwelche Gedanken gemacht, wie du bemerkt hast. Doch du solltest wissen, dass ich nicht zögern würde, euch zu verteidigen, wenn es notwendig wird. Ich bin niemand, der sich der Ehre, dein Kamerad zu sein, nicht würdig erweisen würde.«
    Fiedler nickte knapp und richtete sich auf. »Das praktische Denken eines Soldaten. Ich musste einfach wissen, wie es aussieht.«
    »Das kann ich verstehen.«
    »Es tut mir Leid, wenn ich Euch verletzt haben sollte.«
    »Das war nur der Stich einer Messerspitze – du hast mich aufgeweckt.«
    »Oh ja, sorge für Verwirrung«, sprudelte es aus Iskaral Pustl heraus, der einige Schritte entfernt hockte. »Zerre seine Loyalität in diese und in jene Richtung – hervorragend! Bediene dich der Strategie des Schweigens – während die zukünftigen Opfer sich gegenseitig durch sinnlose, Zwietracht säende Gespräche verwirren. Oh ja, ich habe viel von Tremorlor gelernt und wende jetzt eine ähnliche Strategie an. Schweigen, ein schwaches, spöttisches Lächeln, das dazu verleitet, zu glauben, ich wüsste mehr, als ich tatsächlich weiß, eine Aura des Geheimnisvollen, oh ja, und tödliches Wissen. Keiner von ihnen könnte meine Verwirrtheit einschätzen, die Vielzahl an täuschenden Illusionen und schwer zu fassenden Täuschungen durchschauen. Ein Mantel aus Marmor, unter dem sich ein zusammenbrechender Kern aus Sandstein verbirgt. Sieh nur, wie sie mich anstarren, wie sie sich wundern – wie sie alle sich über die geheime Quelle meines Wissens wundern …«
    »Wir sollten ihn umbringen«, murmelte Crokus. »Schon um ihn aus unserem Elend zu erlösen.«
    »Und auf diese wunderbare Unterhaltung verzichten?«, fragte Fiedler grollend. Er nahm wieder den Platz an der Spitze ein. »Es wird Zeit weiterzugehen.«
    »Solange ich gelegentlich ein paar Geheimnisse ausquatsche«, stieß der Hohepriester des Schattens mit völlig veränderter Stimme hervor, »werden sie mich auch weiterhin für unfähig halten.«
    Die anderen fuhren herum und starrten ihn an.
    Iskaral Pustl schenkte ihnen ein glückseliges Lächeln.
     
    Ein Wespenschwarm kam über die verworrene Wand aus Wurzeln herangeschwirrt, raste über ihre Köpfe hinweg – und verschwand, ohne ihnen die geringste Beachtung zu schenken. Fiedler spürte, wie sein Herz wieder zu schlagen begann. Er holte tief Luft; kalte Schauer jagten ihm den Rücken hinunter. Es gab ein paar Vielwandler, die er mehr als alle anderen fürchtete. Große Tiere sind eine Sache, aber Insekten …
    Er warf einen Blick zurück zu den anderen. Icarium hing schlaff in Mappos Armen, sein Kopf war immer noch blutverschmiert. Der Blick des Trell ging an dem Sappeur vorbei zu dem Bauwerk, das sie erwartete. Mappos Gesicht war verzerrt, verriet seine inneren Qualen; es wirkte so völlig offen und verletzlich, dass es an das Gesicht eines Kindes erinnerte, und es zeugte von einer Not, die umso dringlicher war, da sie völlig unbewusst war. Ein stummer Appell, dem man sich kaum zu widersetzen vermochte.
    Fiedler schüttelte sich und schaute an Mappo und seiner Last vorbei. Apsalar, ihr Vater und Crokus standen in einer Reihe hinter dem Trell. Sie bildeten eine Art schützender Kette, während hinter ihnen die Schattenhunde und Iskaral Pustl folgten. Fünf tierische Augenpaare und ein menschliches, in denen eine Absicht brannte – ziemlich fragwürdige Verbündete, unsere Nachhut. Soviel zum Thema Glaubenskonflikt zum falschen Zeitpunkt –, und diese Absicht richtete sich auf den Bewusstlosen in Mappos Armen.
    Icarium hat es selbst gewollt und mit seinen Worten dem Trell das Herz gebrochen. Der Preis der Nachgiebigkeit ist nichts im Vergleich zum Schmerz der Verweigerung. Doch Mappo wird sein Leben hierfür einsetzen, und wir werden

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