Im Bann der Wüste
wahrscheinlich das Gleiche tun. Niemand von uns – nicht einmal Apsalar – ist kaltherzig genug, um tatenlos danebenzustehen und zuzusehen, wie der Jhag vom Azath gefangen genommen wird. Beim Atem des Vermummten, was sind wir nur für Narren – und Mappo ist der größte Narr von uns allen …
»Woran denkst du, Fiedler?«, fragte Crokus; sein Tonfall deutete darauf hin, dass er es sich gut vorstellen konnte.
»Wir Sappeure verwenden gern eine Bezeichnung«, murmelte er. »Naiver Dummkopf.«
Der Daru nickte langsam.
In den anderen Pfaden des Labyrinths hatte die Gefangennahme begonnen. Gestaltwandler – die mächtigsten von ihnen, diejenigen, die es überhaupt so weit geschafft hatten – griffen das Azath-Haus an. Eine Kakophonie aus dem Gebrüll unzähliger Wesen hallte durch die Luft, betäubte schier ihre Sinne. Tremorlor verteidigte sich auf die einzige Art, wie es ihm möglich war: indem es die Angreifer verschlang, indem es sie gefangen nahm. Aber es sind zu viele, und sie kommen zu kurz hintereinander. Holz knackte, miteinander verwobene Zweige brachen, es klang, als würde ein Wald vernichtet, Ast um Ast, Baum um Baum, und das Geräusch bewegte sich dabei unerbittlich immer weiter auf das Haus zu.
»Wir haben keine Zeit mehr!«, zischte Iskaral Pustl, während die Hunde nervös um ihn herumtappten. »Dinge kommen hinter uns her. Dinge! Wie viel deutlicher muss ich noch werden?«
»Es könnte sein, dass wir ihn immer noch brauchen«, sagte Fiedler .
»Oh, ja, natürlich!«, antwortete der Hohepriester. »Der Trell kann ihn werfen wie einen Sack Getreide.«
»Ich kann ihn schnell genug aus seiner Bewusstlosigkeit aufwecken«, grollte Mappo. »Ich habe immer noch ein paar von den Denul-Elixieren aus Eurem Tempel, Iskaral Pustl.«
»Wir sollten weitergehen«, sagte der Sappeur. Irgendetwas kam tatsächlich hinter ihnen her, und es verlieh der Luft einen widerwärtigen Beigeschmack. Die Hunde hatten sich von Mappo und Icarium abgewandt und spähten jetzt in die andere Richtung; sie wechselten immer wieder die Positionen und verrieten dadurch ihre Unruhe. Kaum zwanzig Schritte von der Stelle entfernt, wo die riesigen Hunde standen, machte der Weg einen scharfen Knick.
Ein durchdringender Schrei erfüllte die Luft. Er war von jenseits der Biegung gekommen, und auf ihn folgten die wilden Geräusche eines Kampfes. Sie endeten abrupt.
»Wir haben zu lange gewartet«, zischte Pustl und kauerte sich hinter den Hunden seines Gottes auf den Boden. »Jetzt kommt es!«
Fiedler richtete seine Armbrust auf die Stelle, an der ihr Verfolger erscheinen musste, und wartete mit zusammengekniffenen Augen.
Und dann tauchte eine kleine, nussbraune Kreatur auf; halb flatterte, halb hüpfte sie in ihr Blickfeld. Rauchfäden stiegen von ihr auf.
»Ah!«, kreischte Pustl schrill. »Sie suchen mich schon wieder heim!«
Crokus schoss vor; er schob sich zwischen Shan und Giar hindurch, als wären die beiden Schattenhunde nichts weiter als einfache Maultiere. »Moby?«
Der Hausdämon rannte auf den Daru zu und sprang mit einem Satz in die Arme des Jungen. Dort hielt er sich hartnäckig fest. Seine Schwingen zuckten. Crokus wandte den Kopf ab. »Uah! Du stinkst wie der Abgrund!«
Moby, der verfluchte kleine Hausdämon … Fiedler warf Mappo einen Blick zu. Der Trell runzelte die Stirn.
»Ein Bhok’aral!« Iskaral Pustl sprach das Wort aus, als wäre es ein Fluch. »Als Haustier? Als Haustier ? Das ist Wahnsinn!«
»Das ist der Hausdämon meines Onkels«, sagte Crokus, während er näher kam.
Die Hunde wichen vor ihm zurück.
Oh, mein Junge, so wie es aussieht, ist er viel mehr.
»Dann ist er ein Verbündeter«, sagte Mappo.
Crokus nickte, obwohl ihm seine Unsicherheit anzusehen war. »Der Vermummte allein weiß, wie er uns gefunden hat. Wie er überlebt hat …«
»Heuchler!«, schrie Iskaral Pustl anklagend und kroch auf den Daru zu. »Ein Hausdämon? Sollten wir nicht vielleicht den toten Gestaltwandler da hinten nach seiner Meinung fragen? Oh, aber das können wir leider nicht, nein. Denn der wurde in Stücke gerissen!«
Crokus antwortete nicht.
»Und wenn schon«, sagte Apsalar. »Wir vergeuden Zeit. Zum Haus – «
Der Hohepriester wirbelte zu ihr herum. »Und wenn schon? Was für ein hinterhältiges faules Ei ist da zu uns gestoßen? Was für ein böser Verrat hängt drohend über uns? Dort, am Hemd des jungen Burschen – «
»Genug!«, schnappte Fiedler. »Dann bleibt eben hier, Pustl. Mitsamt Euren
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