Im Bann der Wüste
riesige, verzierte Kutschen, die von jeweils neun weißen Pferden gezogen wurden. Eine rundliche, in Seidengewänder gehüllte Gestalt stand unter dem Torbogen. Sie streckte Fiedler eine Hand entgegen und rief auf Daru: »Ich kann leider nicht weitergehen! Doch ich versichere Euch, dass hier draußen alles ruhig ist. Ich suche den Mann namens Fiedler.«
»Warum?«, bellte der Sappeur.
»Weil ich ihm ein Geschenk überbringen soll. Das in größter Eile und unter hohen Kosten zusammengestellt wurde, wie ich hinzufügen möchte. Ich würde vorschlagen, dass wir in Anbetracht der Umstände die Übergabe so schnell wie möglich durchführen sollten.«
Crokus war an Fiedlers Seite getreten. Der Daru starrte die Kutschen stirnrunzelnd an. »Ich weiß, wer solche Kutschen baut«, sagte er leise. »Bernuk. Seine Werkstatt ist gleich hinter dem Seeuferviertel. Aber ich habe noch nie welche gesehen, die so groß waren … Bei den Göttern, ich bin schon viel zu lange von zu Hause weg.«
Fiedler seufzte. »Sie kommen also aus Darujhistan.«
»Ich bin mir ganz sicher«, sagte Crokus und schüttelte den Kopf.
Fiedler trat nach draußen und musterte die Umgebung. Wie der Kaufmann gesagt hatte, war alles ruhig. Und still. Obwohl er sich immer noch unbehaglich fühlte, schritt der Sappeur langsam den Pfad entlang. Zwei Schritte vor dem Torbogen blieb er stehen und musterte den Kaufmann argwöhnisch.
»Mein Name ist Karpolan Demesand, mein Herr, von der Trygalle-Handelsgilde, und diesen Abstecher werden ich und meine Anteilseigner zwar niemals bereuen, aber wir hoffen, ihn auch niemals wiederholen zu müssen.« Die Erschöpfung des Mannes war mehr als offensichtlich, und seine Seidengewänder waren schweißnass. Er winkte, und eine gerüstete Frau mit totenblassem Gesicht trat an ihm vorbei; sie trug eine kleine Kiste. »Mit den besten Empfehlungen von einem gewissen Magier bei den Brückenverbrennern«, fuhr Karpolan fort, »der gerade noch rechtzeitig ganz allgemein über Euer Schicksal informiert wurde, und zwar von einem Korporal, den ihr beide kennt.«
Fiedler nahm die Kiste entgegen. Mittlerweile grinste er. »Die Anstrengungen, die notwendig gewesen sein müssen, um mir diese Lieferung auszuhändigen, übersteigen mein Vorstellungsvermögen«, sagte er.
»Auch das meinige, das versichere ich Euch. Und jetzt müssen wir fliehen – oh, welch rüde, schonungslose Offenheit –, ich meine natürlich aufbrechen. Wir müssen aufbrechen.« Karpolan Demesand seufzte, blickte sich um. »Vergebt mir. Ich bin müde. So müde, dass ich mich noch nicht einmal der Höflichkeit befleißige, die zivilisierte Menschen im Umgang miteinander erwarten dürfen.«
»Ihr habt keinen Grund, Euch zu entschuldigen«, sagte Fiedler. »Wenn ich auch nicht die geringste Ahnung habe, wie Ihr hierher gelangt seid, und wie Ihr wieder nach Darujhistan zurückkehren wollt, so wünsche ich Euch doch eine sichere, angenehme Reise. Nur eine letzte Frage hätte ich noch: Hat der Magier irgendetwas gesagt, woher der Inhalt dieser Kiste gekommen ist?«
»Oh, das hat er in der Tat, mein Herr. Von den Straßen der Blauen Stadt. Eine unklare Quellenangabe, doch wie ich sehe, seid Ihr in der glücklichen Lage, sie sofort zu verstehen.«
»Hat der Magier Euch irgendwie gewarnt oder Euch Verhaltensmaßregeln gegeben, wie Ihr mit dieser Kiste umgehen sollt, Karpolan?«
Der Händler verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Er hat gesagt, wir sollten ihr nicht zu viele Stöße versetzen. Allerdings war der letzte Teil unserer Reise ein wenig … holprig. Ich muss bedauerlicherweise sagen, dass vielleicht das eine oder andere Stück in der Kiste zerbrochen sein könnte.«
Fiedler lächelte. »Und ich bin erfreut, Euch mitteilen zu können, dass alles heil geblieben ist.«
Karpolan Demesand runzelte die Stirn. »Wie könnt Ihr das sagen -Ihr habt doch noch gar nicht in die Kiste hineingesehen?«
»Was das betrifft, solltet Ihr einfach auf meine Aussage vertrauen, mein Herr.«
Crokus schloss die Tür, nachdem Fiedler die Kiste ins Innere des Azath-Hauses getragen hatte. Der Sappeur setzte den Behälter behutsam ab und öffnete den Deckel. »Ach, Schneller Ben«, flüsterte er, während seine Blicke über die Gegenstände glitten, die in der Kiste lagen. »Eines Tages werde ich dir einen Tempel errichten.« Er zählte sieben Sprengkörper, dreizehn Mauerbrecher und vier Brandbomben. »Aber wie ist dieser Händler bloß hierher gekommen?«, fragte Crokus.
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