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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sich doch gefährlich zur Seite, und sein Gewicht ließ das Schiff zu dieser Seite krängen.
    »Kapitän!«
    »Lass die Jungs die Beiboote klarmachen, die noch zu gebrauchen sind, Palet, und zieht euch nach achtern zurück – wir werden sie von dort zu Wasser lassen.«
    »Jawohl, Kapitän!« Der amtierende Erste Offizier stieß ein paar Befehle aus, dann drehte er sich wieder um und grinste den Kapitän an. »Ich bin froh, dass Ihr wieder Ihr selbst seid, Carther – «
    »Halt’s Maul, Palet – das da draußen ist Malaz, und ich bin schon Vorjahren ertrunken, wie du dich vielleicht erinnerst …«Er blinzelte zu den beiden kämpfenden Dämonen hinüber. »Die Lumpenpfropf wird diesen Kampf nicht überstehen – «
    »Aber die Ladung – «
    »Zum Vermummten damit! Wir können sie später immer noch heben – dafür müssen wir allerdings am Leben bleiben. Komm, lass uns bei den Beibooten selbst mit anpacken – wir machen Wasser und fangen schon an zu sinken.«
    »Beru hilf! Die See wimmelt von Haien!«
     
    Fünfzig Schritte weiter draußen standen der Kapitän des schnellen Handelsschiffs und sein Erster Offizier an Deck und versuchten auszumachen, wo der Lärm herkam, der auf einen gewaltigen Tumult hindeutete.
    »Ruder volle Kraft zurück«, befahl der Kapitän. »Bringt das Schiff zum Stillstand.«
    »Jawohl, Kapitän.«
    »Das Schiff da vorn geht unter. Stellt Rettungsmannschaften zusammen, lasst die Beiboote zu Wasser – «
    Pferdehufe dröhnten auf dem Hauptdeck hinter ihnen. Beide Männer drehten sich um. Der Erste Offizier machte einen Schritt vorwärts. »He, du da! Im Namen Maels, was glaubst du eigentlich, was du da tust? Wie hast du das verdammte Pferd überhaupt an Deck bekommen?«
    Die Frau zog den Sattelgurt noch ein Loch enger und schwang sich dann in den Sattel. »Es tut mir Leid«, sagte sie, »aber ich kann nicht warten.«
    Matrosen und Seesoldaten stoben fluchtartig zur Seite, als sie das Pferd vorwärts trieb. Das Tier setzte über die Reling und verschwand in der Dunkelheit. Einen Augenblick später war ein lautes Platschen zu hören.
    Der Erste Offizier drehte sich mit offenem Mund zu seinem Kapitän um.
    »Holt den Schiffsmagier und eine Ziege«, schnappte der Kapitän.
    »Kapitän?«
    »Jemand, der tapfer und dumm genug ist, so etwas zu tun, was diese Frau gerade getan hat, verdient all unsere Unterstützung. Der Schiffsmagier soll ihr einen Weg durch die Haie und alles andere bahnen, was sie sonst noch erwarten mag. Und jetzt beeilt Euch!«

Kapitel Elf
     
    Jeder Thron ist eine Zielscheibe.
        Kellanved
     
    U nter dem hoch aufragenden Speer des Wirbelwinds blähte sich eine niedrigere Staubwolke, als die gewaltige Armee ihr Lager abbrach. Von launischen Böen hierhin und dorthin getragen, verließen die ockerfarbenen Wolken die Oase und legten sich hier und da über halb verfallene, verwitterte Ruinenfelder. Die Luft leuchtete in allen Richtungen golden, als hätte die Wüste zu guter Letzt doch noch ihr Geheimnis gelüftet und ihre Erinnerungen an Wohlstand und Ruhm ans Licht gebracht – nur um zu zeigen, was sie wirklich waren.
    Sha’ik stand auf dem flachen Dach eines hölzernen Wachturms ganz in der Nähe des Paradeplatzes; sie starrte gen Süden – obwohl sie wegen der Staubwolken gar nichts sehen konnte – und schien die hastige Geschäftigkeit einer ganzen Stadt direkt unter ihr kaum wahrzunehmen. Das junge Mädchen, das sie adoptiert hatte, kniete ganz in der Nähe und betrachtete ihre neue Mutter mit scharfen, ruhigen Augen.
    Die Leiter, die an der Plattform hinaufführte, knirschte unaufhörlich. Es dauerte einige Zeit, bis Sha’ik bemerkte, dass sich jemand die Sprossen herauf quälte; sie drehte sich um und sah, wie Heborics Kopf und Schultern sich aus der Bodenluke schoben. Der ehemalige Priester kletterte auf die Plattform, legte dem Mädchen eine unsichtbare Hand auf den Kopf und wandte sich danach an Sha’ik.
    »L’oric ist derjenige, den man im Auge behalten muss«, sagte er. »Die anderen beiden glauben zwar, dass sie raffiniert sind, sie sind’s aber ganz und gar nicht.«
    »L’oric«, murmelte sie und richtete den Blick wieder gen Süden. »Was hast du bei ihm für ein Gefühl?«
    »Du verfügst über Wissen, das das meine bei weitem übersteigt, Mädchen – «
    »Ich will es trotzdem hören.«
    »Ich glaube, dass er die Abmachung spüren kann.«
    »Welche Abmachung?«
    Heboric trat neben sie und legte die tätowierten Unterarme auf das hölzerne

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