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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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geschlossen. Wir sind hier, um den Boden zu düngen …
    Da bist du auf dem Holzweg, mein Freund. Wir sind ein Spielball für die Göttin des Wirbelwinds, sonst nichts. Wir sind eine Lektion, die beim Erzählen immer länger wird.
    Der Rat der Adligen isst Kinder.
    Wo hast du denn das gehört?
    Jemand ist letzte Nacht zufällig in ein grässliches Fest geraten. Der Rat hat dunkle Alte Götter angefleht, weil seine Mitglieder fett bleiben - Weil sie was?
    Weil sie fett bleiben wollen, habe ich gesagt. Und jetzt wandern nachts bestialische Geister durch das Lager und sammeln tote Kinder ein – oder solche, die dem Tod schon so nah sind, dass es praktisch keinen Unterschied macht, außer dass sie noch ein bisschen saftiger sind.
    Du bist ja wahnsinnig geworden -
    Er könnte aber auch Recht haben, mein Freund! Ich selbst habe heute Morgen einen ganzen Haufen abgenagter Knochen gesehen  – keine Schädel, nur Knochen, aber die sahen fast wie die von Menschen aus, nur sehr klein. Was würdest du jetzt nicht alles für einen gerösteten Säugling geben, hä? Anstatt dem halben Becher mit braunem Matsch, den wir heutzutage bekommen?
    Ich habe gehört, dass die Armee aus Aren nur noch wenige Tagemärsche entfernt ist; Pormqual selbst kommandiert sie. Und er hat auch noch eine ganze Legion Dämonen dabei …
    Sha’ik ist tot. Ihr habt die Semk doch auch die ganze Nacht lang jammern und klagen gehört, oder? Und jetzt haben sie sich mit Fett und Asche eingeschmiert, tragen diese Schicht wie eine zweite Haut. Einer aus der Siebten hat mir erzählt, dass er bei dem Hinterhalt letzte Nacht – bei diesem Kampf an der ausgetrockneten Wasserstelle – einem Semk direkt gegenübergestanden hat. Und die Augen von diesem Semk sollen schwarze Löcher gewesen sein, so teilnahmslos wie staubige Steine. Selbst als der Soldat dem Burschen aufs Schwert gespuckt hat, sollen seine Augen völlig ausdruckslos geblieben sein. Ich sage euch, Sha’ik ist tot.
    Ubaryd ist befreit worden. Wir werden in den nächsten Tagen nach Süden abbiegen, ihr werdet schon sehen. Das ist das einzig Sinnvolle. Westlich von hier ist nichts … überhaupt nichts …
    Überhaupt nichts …
    »Historiker!«
    Der Schrei stammte von einem staubbedeckten Reiter, der sein Pferd auf Duiker zulenkte und sich an seine Seite schob. Der Historiker hatte den rauen falarischen Akzent sofort erkannt – es war Hauptmann Lull vom Cartheron-Flügel; die langen, roten Haare quollen in fettigen Strähnen unter dem Helm hervor. Der Historiker blinzelte ihn an.
    Der bärtige Soldat grinste. »Man erzählt sich, dass Ihr Euch verlaufen habt, alter Mann.«
    Duiker schüttelte den Kopf. »Ich folge dem Treck«, sagte er dumpf und rieb sich die Augen, die vom Staub brannten.
    »Da draußen gibt es einen Kriegshäuptling der Tithansi, den wir finden und zur Strecke bringen müssen«, sagte Lull, während er den Historiker aus zusammengekniffenen Augen anstarrte. »Sormo und Bult haben eine Liste von Freiwilligen zusammengestellt, die sich darum kümmern sollen.«
    »Ich werde sie pflichtbewusst in meiner Liste der Gefallenen aufführen.«
    Der Hauptmann stieß zischend die Luft aus. »Beim Abgrund unter unseren Füßen, alter Mann, noch sind sie nicht tot – noch sind wir nicht tot, verdammt! Ach, was soll’s. Ich bin hier, um Euch mitzuteilen, dass Ihr Euch freiwillig gemeldet habt. Wir brechen heute Nacht zur zehnten Stunde auf. Sammeln uns zur neunten bei Nils Feuer.«
    »Ich lehne das Angebot ab«, sagte Duiker.
    Lull begann wieder zu grinsen. »Ersuchen abgelehnt. Ich soll an Eurer Seite bleiben, damit Ihr Euch nicht einfach davonmachen könnt.«
    »Der Vermummte soll Euch holen, verdammter Bastard!«
    »Na klar, das wird er auch in allernächster Zeit tun.«
    Neun Tage bis zum P’atha. Wir gehen bis zum Äußersten, um jedes kleine Ziel zu erreichen. Dahinter steckt ein wahres Genie. Coltaine bietet uns das gerade noch Mögliche an, damit wir in unserer Verblendung versuchen, das Unmögliche zu erreichen. Den ganzen Weg nach Aren. Doch trotz all seines Ehrgeizes – wir werden scheitern. Wir werden auf der ganzen Linie scheitern. »Wenn wir diesen Kriegshäuptling töten, wird ein anderer seinen Platz einnehmen«, sagte Duiker nach einiger Zeit.
    »Der aber möglicherweise nicht ganz so talentiert oder tapfer ist, wie er eigentlich sein müsste. Irgendwo tief in seinem Inneren wird er wissen: Wenn er allenfalls Mittelmaß ist, werden wir ihn wahrscheinlich am Leben lassen.

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