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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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zu. »Ich nehme an, dass Nils Bericht ziemlich … trocken war. Die Erdgeister haben für uns einen Tunnel durch massives Felsgestein geschaffen. Und wie der Hauptmann bestätigen kann, ist der Fels nass.«
    Lull grinste. »Beim Atem des Vermummten, der alte Mann hat Recht.«
    Sormo starrte den Historiker aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Wir haben lange und unnötig gelitten – und alles nur, weil wir nicht die richtigen Fragen gestellt haben.«
    Plötzlich schien neue Energie in Coltaine zu strömen. Er fletschte die Zähne. »Du hast eine Stunde Zeit«, sagte die Faust zu dem Waerloga, »um den Durst von hunderttausend Kehlen zu lindern.«
    Aus verwitterten Felsen, die sich hier und dort über die grasbestandene Ebene erhoben, rannen süße Tränen. Tiefe Gruben waren ausgehoben worden. Die Luft schwirrte von fröhlichen Liedern und dem segensreichen Schweigen der Tiere, die ihre Qual nicht länger hinausschrien. Und unter alldem lag eine warme, verblüffende Unterströmung. Dieses Mal machten die Geister des Landes ein Geschenk, das nichts mit Tod zu tun hatte. Duiker konnte ihre Freude spüren, während er am nördlichen Rand des Lagers stand und schaute und horchte.
    Korporal List war an seiner Seite; das Fieber hatte nachgelassen. »Es sickert absichtlich sehr langsam, aber nicht langsam genug … Mägen werden rebellieren … es ist gut möglich, dass die Leichtsinnigen sich umbringen …«
    »Hm. Ein paar vielleicht.«
    Duiker hob den Kopf, musterte den Grat, der das Tal im Norden begrenzte. Berittene Tithansi-Krieger hatten sich auf seiner ganzen Länge aufgebaut und schauten in ehrfürchtigem Staunen zu; das vermutete der Historiker zumindest. Er zweifelte nicht daran, dass auch Kamist Reloes Armee litt, obwohl seine Männer den Vorteil hatten, dass sie jedes bekannte Wasserloch in der Odhan besetzen konnten.
    Noch während er die Reiter musterte, sah er aus den Augenwinkeln etwas Weißes, das die Talseite herunterglitt und dann aus seinem Blickfeld verschwand. Er grunzte.
    »Habt Ihr etwas gesehen, Herr?«
    »Nur ein paar wilde Ziegen«, meinte Duiker, »die die Seiten wechseln …«
     
    Der unablässig herbeigewehte Sand hatte Löcher in die Seiten der Mesa gebohrt; alles begann harmlos, mit ein paar kleinen Vertiefungen, aus denen Höhlen wurden, dann Tunnel, und schließlich Gänge, die sehr wohl bis zur anderen Seite und dort wieder ins Freie führen mochten. Wie gefräßige Würmer, die altes Holz verwüsteten, verzehrte der Wind die Oberfläche der Klippe; Loch um Loch erschien, die Wände zwischen ihnen wurden immer dünner, einige brachen zusammen, die Tunnel wurden breiter. Der Deckmantel des Plateaus blieb allerdings stehen, eine gewaltige Kappe aus Stein, die auf einem immer schwächer werdenden Fundament thronte.
    Kulp hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Als hätte der Wirbelwind es ganz bewusst angegriffen. Aber warum einen Felsen belagern?
    Die Tunnel kreischten im Wind, jeder in einer eigenen fiebrigen Tonhöhe, und bildeten gemeinsam einen grellen Chor. Der Sand, der in Wirbeln und Schwaden in den Aufwinden am Fuß der Klippe tanzte, war so fein wie Staub. Kulp warf einen Blick zurück zu jener Stelle, wo Felisin und Heboric warteten – zwei verschwommen sichtbare, vor der unaufhörlichen Wut des Sturms zusammengekauerte Gestalten.
    Der Wirbelwind hatte ihnen nun schon seit drei Tagen jede Zuflucht verwehrt, seit er das erste Mal über sie gekommen war. Der Wind zerrte aus jeder Richtung an ihnen – als ob die verrückte Göttin uns ausgewählt hätte. Diese Möglichkeit war gar nicht so unwahrscheinlich, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mochte. Der bösartige Wille war deutlich zu spüren. Schließlich sind wir immer noch Eindringlinge. Der Brennpunkt des Hasses des Wirbelwinds war immer auf diejenigen gerichtet, die nicht dazugehörten. Armes malazanisches Imperium, dass du auch ausgerechnet über so einen gebrauchsfertigen Rebellionsmythos stolpern musstest …
    Der Magier kroch zurück zu den anderen. Er musste sich ganz nahe zu ihnen hinüberbeugen, um trotz des heulenden Windes gehört zu werden. »Da sind Höhlen! Nur, dass der Wind in sie hineinpfeift. Ich vermute, dass sie quer durch den Hügel gehen!«
    Heboric zitterte; er litt seit dem Morgen an einem Fieber, das von der Erschöpfung herrührte. Er wurde schnell schwächer. Wir alle werden immer schwächer. Es war schon fast Abend – der gleichmäßig ockergelbe Himmel über ihren Köpfen wurde dunkler –, und

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