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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ergriff das Wort. »Erklär uns, was geschehen ist, Waerloga.«
    »Der Gott der Semk ist nicht tot«, sagte Duiker.
    »Das sehe ich auch so«, murmelte Lull im Hintergrund. Er saß auf einem Stuhl, die abgeschnallten Unterarmschienen im Schoß, die Beine ausgestreckt. Er begegnete dem Blick des Historikers und zwinkerte ihm zu.
    »Das ist nicht ganz richtig«, korrigierte Sormo. Er zögerte, dann holte er tief Luft und fuhr fort. »Der Gott der Semk ist tatsächlich vernichtet worden. In Stücke gerissen und verschlungen. Manchmal allerdings kann ein Stück Fleisch so viel Bösartigkeit enthalten, dass es den verdirbt, der es verzehrt …«
    Duiker beugte sich vor. Er zuckte zusammen, als sich die hastig geheilte Wunde in seinem Hinterteil bemerkbar machte. »Ein Erdgeist …«
    »Ein Geist des Landes, ja. Verborgener Ehrgeiz und plötzliche Macht. Die anderen Geister … hatten nicht den geringsten Verdacht.«
    Bults Gesicht verzog sich voller Widerwillen. »Wir haben heute Nacht siebzehn Soldaten verloren, um eine Hand voll Tithansi-Kriegshäuptlinge zu töten und einen aus der Art geschlagenen Geist zu entlarven?«
    Der Historiker zuckte zusammen. Er hatte zum ersten Mal gehört, wie hoch die Verluste tatsächlich gewesen waren. Coltaines erster Fehlschlug. Wenn Oponn uns zulächelt, wird der Feind es nicht bemerken.
    »Aber mit dem Wissen, das wir dabei gewonnen haben«, erklärte Sormo ruhig, »können in Zukunft Leben gerettet werden. Die Geister sind überaus bekümmert – sie waren überrascht, dass sie die Überfälle und Hinterhalte nicht vorhersagen konnten, und jetzt wissen sie, warum. Sie sind einfach nicht auf die Idee gekommen, dass einer ihrer Art dahinter stecken könnte. Jetzt werden sie ihre eigene Gerechtigkeit üben, zum ihnen genehmen Zeitpunkt.«
    »Das heißt, die Überfälle werden weitergehen?« Der Veteran sah aus, als wolle er Feuer speien. »Werden deine verbündeten Geister denn jetzt in der Lage sein, uns rechtzeitig zu warnen – wie sie es anfangs so wirkungsvoll getan haben?«
    »Die Bemühungen des Entarteten werden abgeschwächt werden.«
    »Sormo«, fragte Duiker, »warum war der Mund des Semk zugenäht?«
    Auf dem Gesicht des Waerloga erschien ein schwaches Lächeln. »Diese Kreatur ist überall zugenäht, Historiker. Damit das, was verschlungen wurde, nicht entkommen kann.«
    Duiker schüttelte den Kopf. »Sehr seltsame Magie.«
    Sormo nickte. »Sie ist alt«, sagte er. »Zauberei der Eingeweide und Knochen. Wir mühen uns ab, um Wissen zu erlangen, das wir einst instinktiv besessen haben.« Er seufzte. »In einer Zeit, bevor es die Gewirre gab, als Magie noch im Innern gefunden wurde.«
    Vor einem Jahr wäre Duiker bei derartigen Bemerkungen noch vor Neugier und Aufregung wie elektrisiert gewesen, und er hätte den Waerloga unbarmherzig ausgefragt. Jetzt waren Sormos Worte nur noch dumpfe Echos, die verloren durch die riesigen Gewölbe von Duikers Erschöpfung hallten. Er wollte nur noch schlafen, und er wusste, dass er das erst in zwölf Stunden würde tun können – im Lager draußen regten sich die ersten Lebenszeichen, obwohl es noch ungefähr eine Stunde lang dunkel sein würde.
    »Wenn das der Fall ist«, sagte Lull gedehnt, »warum ist der Semk dann nicht wie eine angestochene Blase geplatzt, als wir ihm ein paar Armbrust-Bolzen in den Pelz gejagt haben?«
    »Was verschlungen wurde, verbirgt sich tief in seinem Innern. Sagt mir, war der Bauch dieses besessenen Semk besonders geschützt?«
    Duiker gab ein Brummen von sich. »Mit Gürteln, dicken Ledergürteln.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Was ist mit Nil geschehen?«
    »Es hat ihn erwischt, als er unaufmerksam war, und dann hat er Gebrauch von eben jenem Wissen gemacht, das wir zurückzugewinnen versuchen. Als die magische Attacke erfolgte, hat er sich in sich selbst zurückgezogen. Die Attacke setzte nach, aber er ist immer wieder ausgewichen, bis die böswillige Macht sich selbst verzehrt hatte. Wir lernen.«
    Vor Duikers geistigem Auge tauchte der andere Waerloga auf, der einen schrecklichen Tod gestorben war. »Aber ihr bezahlt einen hohen Preis.«
    Sormo sagte nichts, doch für einen kurzen Augenblick konnte man den Schmerz in seinen Augen sehen.
    »Wir werden schneller marschieren«, verkündete Coltaine. »Ein Mund voll Wasser täglich weniger für jeden Soldaten – «
    Duiker richtete sich auf. »Aber wir haben doch Wasser.«
    Alle Augen wandten sich ihm zu. Der Historiker warf Sormo ein dünnes Lächeln

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