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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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lag sie ungefähr vierzig Fuß unter Oberflächenniveau. Zwar wogte Staub über den Pflastersteinen und ließ sie verschwommen erscheinen, doch die steilen Böschungen waren noch nicht zusammengesackt. Kalam stieg ab, band ein langes, dünnes Seil am Sattelhorn seines Hengstes fest, packte das andere Ende und machte sich an den Abstieg. Zu seiner Überraschung sank er nicht in die Böschung ein. Seine Stiefel knirschten auf dem Untergrund. Irgendwie war der Hang verfestigt worden. Und er war auch nicht zu steil für die Pferde.
    Der Assassine schaute zu den anderen hoch. »Diese Straße hier führt mehr oder weniger in die gleiche Richtung, in die wir unterwegs waren. Ich schlage vor, wir benutzen sie – wir werden viel schneller vorankommen.«
    »Und kommen viel schneller nirgendwohin«, sagte Minala.
    Kalam grinste.
    Als alle ihre Pferde nach unten geführt hatten, fragte der Hauptmann: »Warum können wir hier nicht ein Weilchen lagern? Man kann uns nicht sehen, und die Luft ist ein bisschen … sauberer.«
    »Und es ist kühler«, fügte Selv hinzu; sie hatte die Arme um ihre viel zu stillen Kinder gelegt.
    »In Ordnung«, stimmte der Assassine zu.
    Die Wasserblasen für die Pferde wurden allmählich bedrohlich leicht – Kalam wusste, dass die Tiere einige Tage mit nur etwas Futter überstehen konnten, obwohl sie schrecklich darunter leiden würden. Die Zeit läuft mir davon. Während er die Pferde absattelte, fütterte und tränkte, rollten Minala und Keneb die Decken aus und suchten dann die spärlichen Vorräte zusammen, aus denen ihr eigenes Mahl bestehen würde. Die Vorbereitungen liefen in völligem Schweigen ab.
    »Ich kann nicht gerade behaupten, dass dieser Ort mir Mut macht«, sagte Keneb beim Essen.
    Kalam grunzte. Er freute sich, dass der Hauptmann allmählich seinen Sinn für Humor wieder fand. »Hier könnte mal wieder vernünftig gefegt werden«, stimmte er zu.
    »Stimmt. Außerdem habe ich schon früher Lagerfeuer gesehen, die außer Kontrolle geraten sind …«
    Minala nahm einen letzten Schluck Wasser und setzte dann die Blase ab. »Ich bin fertig«, verkündete sie. »Ihr beide könnt euch jetzt in aller Ruhe übers Wetter unterhalten.«
    Sie sahen ihr nach, wie sie zu ihren Decken hinüberging. Selv packte die übrig gebliebenen Nahrungsmittel wieder ein und zog sich dann ebenfalls mit den Kindern zurück.
    »Es ist meine Wache …«, erinnerte Kalam den Hauptmann.
    »Ich bin nicht müde – «
    Der Assassine stieß ein bellendes Lachen aus.
    »Schon in Ordnung, ich bin müde. Wir alle sind müde. Es ist nur, dass der Staub uns alle so laut schnarchen lässt, dass wir sogar brünftige Hirsche übertönen würden. Und so kommt’s, dass ich schließlich mit offenen Augen daliege und das anstarre, was eigentlich der Himmel sein sollte, was aber eher wie ein Leichentuch aussieht. Die Kehle brennt, die Lungen schmerzen, als wären sie voller Schlamm, die Augen sind trockener als ein vergessener Glücksstein. Wir werden nicht mehr vernünftig schlafen, so lange wir diesen Ort nicht aus unseren Körpern raus haben …«
    »Dafür müssen wir hier erst mal wieder rauskommen.«
    Keneb nickte. Er warf einen Blick zu der Stelle, von der bereits Schnarchen herüberdrang, und senkte die Stimme. »Kannst du irgendwas darüber sagen, wann das sein wird, Korporal?«
    »Nein.«
    Der Hauptmann schwieg längere Zeit; schließlich seufzte er. »Du hast irgendwie mit Minala die Klingen gekreuzt. Würdest du nicht auch sagen, dass das für unwillkommene Spannungen in unserer kleinen Familie sorgt?«
    Kalam sagte nichts.
    Nach einem kurzen Augenblick fuhr Keneb fort. »Oberst Tras wollte eine stille, gehorsame Frau, eine Frau, die sich an seinen Arm hängt und hübsche Geräusche von sich gibt – «
    »Er war wohl kein besonders guter Beobachter?«
    »Nun, er war eher dickköpfig. Man kann jedes Pferd brechen, so lautete seine Philosophie. Und genau das hat er versucht.«
    »War der Oberst ein feinsinniger Mann?«
    »Er war noch nicht einmal ein kluger Mann.«
    »Aber Minala ist beides – was, im Namen des Vermummten, hat sie sich dabei gedacht?«
    Keneb starrte den Assassinen aus zusammengekniffenen Augen an, als wäre ihm gerade etwas klar geworden. Dann zuckte er die Schultern. »Sie liebt ihre Schwester.«
    Kalam schaute weg; ein humorloses Grinsen lag auf seinem Gesicht. »Ist das Leben im Offizierskorps nicht wunderbar?«
    »Tras wäre nicht lange in dieser hinterwäldlerischen Garnison geblieben. Er hat

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