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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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blitzten auf, wie Juwelen auf einem ockerfarbenen Mantel.
    »Was ist?«, fragte der Toblakai.
    Leoman warf einen Blick auf das Heilige Buch. Der lederne Einband glänzte, als würde es schwitzen. Der Krieger machte einen Schritt auf das Tor zu.
    Etwas erschien in der Staubwolke. Zwei Gestalten, Seite an Seite; sie hatten die Arme umeinander geschlungen, stolperten, bewegten sich genau auf die Säulen zu – und auf den Leichnam, der zwischen den verwitterten Torpfosten lag.
    »Klingen in den Händen, und handlos in Weisheit …«
    Das eine war ein alter Mann, das andere eine junge Frau. Leoman wandte die Augen nicht von ihr. Das Herz hämmerte in seiner Brust. Sie ist ihr … so ähnlich. Eine dunkle Bedrohung strömt von ihr aus. Schmerz, und aus dem Schmerz … wurde Wut.
    Neben dem Krieger erklang ein dumpfes Geräusch und das Knirschen von Steinen. Er blickte zur Seite. Der Toblakai lag auf den Knien, beugte tief den Kopf vor den sich nähernden Erscheinungen.
    Die Frau hob den Kopf. Als Erstes sah sie Sha’iks verhüllten Leichnam, dann wanderte ihr Blick weiter und fiel auf Leoman und den knienden Riesen. Sie blieb stehen, stand fast schon über der Leiche. Ihr langes schwarzes Haar hob sich, als wäre es statisch aufgeladen.
    Sie ist jünger. Doch das Feuer in ihr … ist dasselbe. Ah, mein Glaube …
    Leoman ließ sich auf ein Knie sinken. »Ihr seid wiedergeboren«, sagte er.
    Das kehlige Lachen der Frau klang triumphierend. »Das bin ich«, antwortete sie.
    Sie umfasste die Mitte des alten Mannes, dessen Kopf herabhing, fester. Seine Kleider waren nur noch Fetzen. »Helft mir mit ihm«, befahl sie. »Aber passt auf seine Hände auf …«

 
     
Buch Zwei - Die Tore des Totenhauses
     

     
    Faust Coltaine rasselt langsam
    durch das brennende Land,
    von Hass geplagt, doch unverzagt
    und der Wind heult über den Sand.
    Er führt eine Kette der Hunde,
    doch sie schnappt nach seiner Hand.
     
    Faust Coltaine führt sie nach Haus,
    durch Flüsse aus rotem Sand
    von Blut getränkt, von Gehässigkeit gekränkt
    und der Wind heult über das Land.
    Er führt eine Kette der Hunde,
    doch sie schnappt nach seiner Hand.
     
      Coltaine
         Marschlied der Knochenjäger

Kapitel Fünf
     
    Ein Gott,
    der auf der Welt der Sterblichen wandelt
    hinterlässt eine blutige Spur.
     
    Die Worte des Narren
       Thenys Bule
     
    D ie Kette der Hunde«, sagte der Seemann grollend, und seine Stimme klang bei diesen Worten so, dass sie hervorragend zu der düsteren, bedrückenden Atmosphäre im Frachtraum passte. »Nun, das ist ein Fluch, den niemand seinem schlimmsten Feind wünschen würde. Wie viele – dreißigtausend hungernde Flüchtlinge? Vierzigtausend? Und dazu noch schwabbelbackige, schwitzende Adlige, die über dies und das meckern. Coltaines Uhr läuft ab, da halte ich jede Wette.«
    Kalam zuckte im Zwielicht die Schultern, während er gleichzeitig die Bordwand weiter mit den Händen abtastete. Gib einem Schiff den Namen Lumpenpfropf, und die Sorgen fangen an, noch ehe der Anker gelichtet wird. »Bis jetzt hat er überlebt«, murmelte er.
    Der Seemann hörte für einen Augenblick auf, Ballen aufeinander zu stapeln. »Schau dir das an. Drei Fünftel vom Laderaum sind weg, noch ehe auch nur Wasser und Proviant an Bord sind. Korbolo Dom hat die Reste von Reloes Armee eingesammelt und seiner eigenen hinzugefügt, und jetzt hat er wie viel? Alles in allem fünfzigtausend Bewaffnete … oder sechzigtausend? Am Vathar wird der Verräter die Kette der Hunde erwischen. Und dann, mit den Stämmen, die sich im Süden sammeln, tja, Beru bewahre, dann ist dieser wickanische Bastard so gut wie erledigt.« Der Mann ächzte, als er einen weiteren, in Leinen gewickelten Ballen anhob. »Schwer wie Gold … und das ist kein leeres Gerücht, würde ich mal sagen. Dieser Klumpen Wal-Tran, der sich Hohefaust nennt, hat die Nase immer im Wind – schau her, hier ist überall sein Siegel drauf. Dieser widerwärtige Wurm kneift den Schwanz ein und haut mitsamt seiner Beute ab. Warum sollte der Imperiale Schatzmeister wohl sonst an Bord kommen? Und die zwanzig Seesoldaten …«
    »Du könntest Recht haben«, sagte der Assassine beunruhigt. Er hatte noch immer keine einzige trockene Planke gefunden.
    »Du bist der Gehilfe des Kalfaterers, was? Hast du eine Frau hier in Aren? Ich wette, du wünschst dir, dass sie mitkommen könnte. Aber bedenke, es wird sowieso eng an Bord sein mit dem Schatzmeister und noch zwei parfümierten

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