Im Bann des Adlers
größeres Objekt gefunden zu haben. Als er nun eintrat, bestätigte sich dieser. Zwar gab es hier ebenfalls nur einen Raum, dennoch konnte man hier gut einige Tage verbringen. Es gab einen großen weißen Holzofen zum Schüren gleich neben der Tür. Davor stand ein quadratischer Holztisch vor einer Eckbank, die direkt an der Wand angebracht war. Angrenzend waren eine Küchennische zu sehen und ein breites Bett mit einem Schrank davor. Es gab sogar eine Toilette und eine Dusche, welche durch eine wohl nachträglich eingezogene Mauer vom übrigen Raum abgetrennt wurden. „Toll, hier lässt sich´s leben. Den Parkwächtern geht’s nicht schlecht.“ Weil keine Touristenzeit war, musste er nicht unbedingt damit rechnen entdeckt zu werden. In den ruhigen Zeiten patrouillierten auch die Wächter nicht ständig im Park. Jedenfalls konnte er nun ohne Angst schlafen und sich überlegen, in welche Richtung er seine Suche fortsetzen wollte. Nach einem spartanischen Mahl, mit kalten Dosenravioli, die er im Vorrat fand legte er sich ins Bett. Doch obwohl er fix und fertig war, wollte der dringend benötigte Schlaf, sich nicht einstellen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um diesen verdammten Schneekeller und die Angst ob Jessica noch lebte. In so einem Schneekeller war es eiskalt. Er selbst fror ständig. Sie konnte also auch erfrieren. Es war durchaus denkbar, dass Raoul und Juan doch schneller dort waren. Er verfluchte sich selbst, für seine Unfähigkeit, und dafür, nicht eher mit ihr geflohen zu sein. Dies wurde ihr nun womöglich zum Todesurteil. Ganz zu schweigen, von den Höllenquallen, die sie durchleben musste, wenn die Beiden >Brüder< vor ihrem Tod noch ein bisschen Spaß haben wollten. Bis zum Morgengrauen wälzte er sich hin und her und bat inständig den Gott, an den er nicht glaubte, um Vergebung und Hilfe. Als die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster lugten gab er es auf und suchte nach einem geeigneten Frühstück. Hier wurde wohl oft Rast gemacht, denn die Auswahl war gar nicht schlecht. In der Küche kam Wasser aus dem Hahn und er wagte es, kurz ein Feuer zu machen, um sich Tee und Kaffee zu kochen. Eine Thermosflasche, die er in einem der Schränke fand, füllte er mit Früchtetee. Trockenmilch ersetzte frische, und eingeschweißte Brötchen, zum Aufbacken legte er zum Rösten auf die heiße Herdplatte. Zwei davon aß er, die restlichen vier wanderten als Proviant in den Rucksack. Dazu kamen noch ein Dosenöffner und drei kleine Dosen. Mehr wollte er nicht mitnehmen, damit es nicht auffiel und sein Gepäck nicht allzu schwer wurde.
Gewissenhaft löschte Victor die Glut im Ofen und studierte am Tisch noch einmal die Karte. Egal wie er es drehte und wendete. Er musste auf dieser Höhe bleiben und in der Nähe von befahrbaren Wegen. Also beschloss er weiterhin in die bereits eingeschlagene Richtung zu laufen. Schon im Aufbruch fiel sein Blick auf den Kleiderschrank vor dem Bett. Neugierig öffnete er die Türen und hielt unwillkürlich die Luft an. Auf der Stange hingen tatsächlich zwei komplette Ranger Ausrüstungen und am Boden standen, drei Paar, feste Schuhe. Dem nicht genug, befanden sich im oberen Schrankfach noch einige Pullover und darunter ein Revolver und Patronen. „Gracias a Dios! Das ist meine Rettung!“ Wenn er angezogen war wie ein Parkwächter, wäre er nicht gleich zu erkennen, weder für seine Verfolger noch für einen echten Wächter. Außerdem bot ihm die Kleidung Schutz gegen die Kälte und mit dem festen Schuhwerk würde er erheblich besser vorankommen. Es grenzte fast an ein Wunder, dass eine Uniform ihm sogar ziemlich gut passte. Er war mit 1,85 m sehr groß, sodass die Hose etwas Hochwasser hatte, aber es ging. Die Wanderschuhe waren nur Nummer 44 statt der benötigten 45, doch sie fielen groß aus, wie er überrascht beim Hineinschlupfen feststellte. Vielleicht würde er sich Blasen laufen, doch der Preis war angemessen, wenn er dafür nur Jessica schneller fand.
Einen der Wollpullover steckte er für seine Liebste in den Rucksack, dann machte er sich voller neu gewonnener Energie auf den Weg. Den Revolver trug er gut verborgen und trotzdem griffbereit, hinten in seinem Hosenbund.
Leichter Morgennebel machte sich breit, als er aus der Tür trat, abschloss und den Schlüssel wieder versteckte. Trotz seiner Verkleidung musste er weiterhin auf der Hut sein, denn Juan und Raoul kannten ihn schon viele Jahre. Auf den ersten Blick wäre er vielleicht nicht zu erkennen, sicherlich
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