Im Bann des Adlers
weiß ich nicht. Aber denkbar wäre es. Raoul und Juan, die beiden Gehilfen von Geronimo, die dich hierher gebracht haben, sind tot. Aber vielleicht ist uns ja schon wieder jemand vom Orden auf den Fersen.“ Jetzt hatte er mich richtig neugierig gemacht. Ich wollte endlich wissen, was genau passiert war. „Erzähl, was ist geschehen, nachdem ich weg war, wie hast du mich gefunden?“ Victor berichtete mir von seiner halsbrecherischen Flucht. Den beiden Verfolgern auf Leben und Tod. Der Verzweiflung mich nicht zu finden. Wie er mich dann doch noch aus dem Schneekeller befreit und hierher gebracht hat. Während seines Berichtes sah ich auch die Emotionen in seinem Gesicht und mir wurde klar, er hatte wirklich gelitten. Wegen mir brach er mit Geronimo seinem >Vater< und seinem bisherigen Leben. Ich wusste, was das für ihn bedeutete. Aber wie sollte ich ihm begreiflich machen, dass es mir mit ihm nicht genauso ging? Schnell verdrängte ich den Gedanken daran und fragte. „Aber was jetzt, wie geht es weiter?“ „Wir müssen dich schnell wieder fit kriegen. Dann gehen wir zur Polizei und legen Geronimo ein für alle Mal das Handwerk. Mit deiner, und meiner Aussage, sollte das nicht schwer sein.“ Geräuschvoll entwich der Atem meinen Lungen. „Du willst wirklich Aussagen gegen ihn? Das geht nicht! Halt dich da raus, es reicht doch, wenn ich zur Polizei gehe und du verschwindest.“ Antwortete ich hitzig. Er sah mich seltsam an.
„Das kann ich nicht. Ich möchte endlich mit meiner Vergangenheit abschließen und das geht nur, wenn ich mich ihr stelle. So unangenehm, wie das auch sein wird, es ist der einzige Weg.“ „Ja, der einzige Weg für ein paar Jahre Gefängnis! Ist es das, was du willst?“ fragte ich verzweifelt. Egal was Victor auch immer getan hatte, er hätte jetzt die Chance ein neues Leben zu beginnen. Straffrei, weil ich ihn nicht verraten würde. Schließlich hat er mir das Leben gerettet. „Ich will dich, weil ich dich liebe! Nur so kann ich dir beweisen, dass ich bereit bin mich zu ändern. Aber egal wie es zwischen uns weitergeht Jessica, es ist mein Wille mich zu stellen.“
Er wollte mich! Das war unmissverständlich und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich konnte nicht leugnen, dass auch ich Gefühle für ihn hegte, aber mein Herz gehörte José. Außerdem erschien mir der Gedanke unerhört mit einem mehrfachen Mörder zusammen zu sein. „Okay. Nachdem wir gerade sowieso nichts Besseres zu tun haben, erzähle mir was ich wissen will.“ Ich sah ihm an, dass er eine andere Reaktion erwartet hatte, doch er fügte sich und räumte das Essen weg. „Also fang an zu Fragen und ich werde dir ehrlich Rede und Antwort stehen.“
„Zum Beispiel, warum Nadine sterben musste?“ Wir setzten uns aufs Bett. Ich konnte erkennen, dass der Mörder meiner Freundin nach Worten suchte. „Es war kein Mord“, griff er meine unausgesprochenen Gedanken auf. „Sie war eine geweihte Jungfrau und wusste von Beginn an, dass ihr Leben so enden wird. Wir haben ihr damit eine Ehre erwiesen, auch wenn das für dich jetzt schwer zu verstehen ist. In unserem Glauben ist das höchste Gut, ein jungfräuliches Menschenleben. Mit dieser Gabe können wir über Jahre hinaus die Gunst der Göttin erlangen. Denn ohne ihr Wohlwollen würde der Orden nicht bestehen können.“
„Nimm es mir nicht übel, aber du redest wirres Zeug. Wie kann denn das Opfern einer Jungfrau für euch sorgen?“ Seine Stirn in Falten legend antwortete er mir. „Unser Glaube basiert auf den Lehren der Azteken und Mayas, die in Einigkeit mit der Natur lebten. Alles was wir von Madre Naturaleza empfangen, müssen wir auch wieder zurückgeben.“ „Ach und erhalten habt ihr Jungfrauen und die müsst ihr nun wieder zurückgeben?“, fragte ich entrüstet. „Dein Glaube funktioniert eben nur anders als meiner. Du gehst in die Kirche um mit Gott zu reden und dein Opfer ist die Buße. Ich trete mit meinen Göttern durch Blut in Verbindung und mein Opfer waren Menschen. Wie ich dir bereits erzählt habe, bin ich so aufgewachsen und habe nie etwas infrage gestellt. Jetzt ist alles anders.“ „Du kannst nicht immer alles mit deiner Erziehung entschuldigen. Du hast im Namen des Glaubens gemordet. Letztendlich ist es egal aus welchen Gründen.“ Versetzte ich aufgebracht. „Ich verstehe dich nicht. Vorhin warst doch du diejenige, die nicht wollte, dass ich zur Polizei gehe. Wenn du aber mein Handeln so verurteilst, warum hast du dann
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