Im Bann des Adlers
Hernandez erstaunt. Gleich auf den ersten Blick war zu sehen, dass zwar auch hier die Technik nicht haltgemacht hatte, man jedoch sehr viel Wert auf eine alternative Lebensweise legte. Riboz‘ Kollegen hatten einen Informanten, dessen Cousin hier gelebt haben soll. Dieser Cousin hatte ihnen auch von dem nicht mehr existierenden Orden erzählt. Leider war seine Frau damals sehr krank geworden, und da es dort oben nur eine unzureichende medizinische Versorgung gab, mussten sie wegziehen. Somit war der einzige Ansprechpartner, den sie gehabt hätten, schon mal aus dem Rennen.
Es gab keine Telefone in Matavenero, deshalb musste sich jemand persönlich hin begeben, um Erkundigungen einzuholen. Sicher war es besser ein Zivilist machte das, als die Polizei. Denn, so viel konnte ihm der Kollege von Riboz sagen, laut seinem Cousin war dort Merkwürdiges passiert. Viele Menschen, die er über Jahre kannte, und als sehr zuverlässig galten, waren plötzlich einfach verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Freunde von ihm meldeten sich nicht mehr und bei einem Besuch nach der Genesung seiner Frau, stellte er fest, dass es den bei seinem Weggang neu gegründeten Orden nicht mehr gab. Viele Menschen waren weggezogen und die wenigen noch verbliebenen verrieten ihm nichts.
Hernandez machte sich keine Illusionen. Nach dieser Schilderung der Umstände wäre es ein Wunder, wenn er überhaupt etwas erfahren würde. Selbst wenn jemand bereit war, mit ihm zu sprechen, es konnte Tage oder sogar Wochen dauern, bis er das Vertrauen desjenigen gewann. Zeit, die sie nicht hatten. „Verdammt!“ Fluchte er vor sich hin und kämpfte sich tapfer bergauf. Die Aussicht war sagenhaft und die Häuser, die teilweise aus Stein und Holz gebaut waren, fügten sich wunderbar in die Natur ein. Ihm gefiel es hier und wäre er nur ein Tourist gewesen, wäre das ein fantastischer Ausflugstag. „Ich muss unbedingt Jessica davon erzählen. Das ist eine tolle Möglichkeit für ihre Wanderausflüge.“ Dachte er und fluchte gleich noch einmal lautstark, denn erst einmal musste sie schnellstens gefunden werden.
Weiter oben sah er eine größere Ansammlung an Häusern und am Weg ein Schild mit Hospedaje (Unterkunft). Da wollte er hin. Er überquerte einen kleinen Graben und in einem Moment der Unachtsamkeit, trat er auf einen losen Felsbrocken, rutschte ab und „AAh“, verstauchte sich den Knöchel. Er zog sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die gegenüberliegende Seite, setzte sich und betastete vorsichtig seinen Fuß. Es war schon eine leichte Schwellung zu spüren. „Auch das noch, mir bleibt schon nichts erspart.“ Murmelte er vor sich hin. „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Überrascht drehte er sich um. Hinter ihm stand eine junge Frau. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug ein Top und Shorts, die beide ausgeblichen aber sauber waren. „Hübsches Mädel.“ Dachte er sich. Laut sagte er. „Ich habe mir so wie es aussieht den Knöchel verstaucht.“ „Zeigen Sie mal.“ Vorsichtig tastete die Frau seinen Fuß ab, bog ihn nach oben und unten, nach links und nach rechts und lächelte leise bei seinem schmerzvollen Blick. „Nichts gebrochen aber, wie Sie schon festgestellt haben, verstaucht. Wenn Sie nichts dagegen haben, versuchen Sie sich auf mich zu stützen. Mein Haus ist gleich um die Ecke und ich gebe Ihnen etwas zum Kühlen des Knöchels.“ Er willigte ein, hievte sich an der erstaunlich robust gebauten Dame hoch und humpelte, den Arm um ihre Schulter gelegt, mit.
Sie bot ihm vor ihrem Haus einen Platz auf der Terrasse an und holte aus dem Inneren eine Kühlpackung. „Kühlschränke gibt es hier also.“ Stellte er befriedigt fest. Sie lachte. „Ja die sind bei unserem Klima im Sommer wichtig. Aber ob Sie es glauben oder nicht. Es hat nicht jeder im Dorf einen. Niemand von uns besitzt einen Elektroherd oder eine Waschmaschine. Wir versuchen so gut es geht, ohne jegliche Technik auszukommen.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Und wie lebt es sich so?“ fragte er interessiert. „Ziemlich gut. Man verliert nicht so schnell die wesentlichen Dinge aus den Augen. Wir beschäftigen uns mit unseren Familien und der Natur. Das hektische Leben lassen wir, soweit es möglich ist, draußen.“ „Aber wovon lebt ihr denn?“ „Das ist unterschiedlich. Einige Männer arbeiten in den umliegenden Städten und kommen nur an den Wochenenden nach Hause. Manche bewirtschaften Gärten und halten Tiere,
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