Im Bann des Adlers
auch Bienen, die uns Honig liefern. Sind also Selbstversorger. Es gibt auch in den letzten Jahren einen Zustrom an Touristen und so kann der eine oder andere hier ein paar Euro zusätzlich verdienen in den Sommermonaten.“ „Wow, ihr seid anscheinend recht vielseitig.“ Hernandez war echt beeindruckt. „Übrigens habe ich mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Hernandez und ich komme aus Valencia.“ Er streckte ihr seine Hand hin, die sie ergriff und schüttelte mit den Worten. „Und ich bin Mercedes und wurde hier geboren. Bin hier sogar aufgewachsen. Leider gab es in meiner Kindheit hier noch keine Schule.“ „Was, eine Schule habt ihr auch?“ Rief Hernandez nun wirklich erstaunt aus.
„Ja und einen Bäcker, eine Bücherei und einen kleinen Lebensmittelladen. Hauptsächlich für die Touristen.“
Von so viel Information erst einmal ganz verwirrt schwieg er eine Weile und sah zu, wie Mercedes ins Haus eilte. Kurz darauf erschien sie wieder mit einem großen Glas Wasser in der Hand. „Hier trinken Sie, es ist heiß und meine Gäste lasse ich normalerweise nicht verdursten.“ Lachend bedankte er sich bei ihr. „Darf ich denn so neugierig sein und fragen, warum Sie hier sind?“ Fragte die Frau. Er hatte auf der Fahrt hierher beschlossen, keine großartige Geschichte zu erfinden, sondern so nahe wie vertretbar, bei der Wahrheit zu bleiben. Also antwortete er. „Ich habe von diesem besonderen Bergdorf gehört und aus Interesse wollte ich es mir einmal ansehen.“ Sie nickte. „Was genau interessiert Sie denn an unserem Dorf so sehr?“ Was antwortet man auf so eine Frage, wenn man nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen will? Vorsichtig tastete er sich vor. „Na ja, die Art und Weise, in der ihr lebt. Weit hin seid ihr ja als reines Ökodorf bekannt. Es wäre schön, wenn ich jemanden finden würde, der mir einiges zeigt und erklärt.“ „Auf die Schnelle wird das etwas schwierig werden. Wir sind Fremden gegenüber eher vorsichtig. Man will ja auch nicht in Verruf geraten. Ich hoffe Sie verstehen das?“ Wenn die Bewohner tatsächlich etwas zu verbergen hatten, verstand er das sehr wohl. Er nickte und antwortete. „Können Sie mir denn sagen, wo ich für ein paar Tage unterkommen kann?“ Lachend antwortete Mercedes. „Mi Casa est su Casa. Gerne können Sie bei mir Quartier beziehen. Ich habe immer ein Gästezimmer frei.“ Er nahm dankend an und freute sich. Das ging erstaunlich einfach.
Da Mercedes wie sie selbst erklärte, hier aufgewachsen war, sollte sie auch wissen, was es mit diesem ominösen Orden auf sich hatte. Hoffentlich konnte Hernandez die Frau möglichst rasch dazu bewegen, ihm die dringend benötigten Informationen zu geben.
Kapitel 47
Jessica
Merkwürdig, ich hatte Victor noch nicht gesehen. Die Schlaftabletten verhalfen mir zu fünf Stunden Tiefschlaf. Als ich erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Es war Mittagszeit, wie mir auch der Geruch sagte, der durch das ganze Haus zog. Im Speisesaal war wie immer viel los, aber von >meinem Gebieter< keine Spur. Auch der Adler glänzte durch Abwesenheit.
Mir war nicht nach Gesellschaft, ich kämpfte immer noch mit den Nachwirkungen der Droge. Deshalb zog ich mich nach dem Essen wieder auf mein Zimmer zurück. Außerdem schmerzte das Loch an meiner Lippe, obwohl es Gott sei Dank schon am Abheilen war. Es gab soviel über das ich nachdenken musste. Das Chaos in meinem Kopf war übergroß. War ich gestern noch sicher, dass Victor mir helfen würde, so war ich heute mehr als verunsichert. Das wurde mir alles einfach zu viel. Als ich so auf dem Bett saß, fiel mir mein Handy wieder ein. „Bitte lieber Gott, lass es noch einmal funktionieren!“ Betete ich verzweifelt, während ich ins Bad ging und versuchte es zu aktivieren. Aber wie eigentlich schon erwartet, tat es gar nichts mehr.
„So eine Scheiße!“ Fluchte ich. „Warum hilfst du mir denn nicht, ich will hier raus?“ Schrie ich Gott an. Es war mir egal, ob mich jemand hörte. Die letzten Tage gingen mir an die Substanz. Welcher normale Mensch schafft es schon, solche Erlebnisse in eine Schublade zu stecken. Ich kannte keinen, und wenn es einen gab, dann wollte ich ihn besser nicht kennen. In der kurzen Zeit, die ich in diesem Gebäude gefangengehalten wurde, hatte ich die tiefen Abgründe der Hölle kennen gelernt. Ich musste mit ansehen, wie das Mädchen getötet wurde, dass mir in diesem Irrenhaus eine Freundin geworden wäre. Man hatte mich mit Drogen
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